Hansetrans-Geschäftsführer Christian Adolff: Umweltfreundliche City-Logistik am Hamburger Ikea-Markt: Hybrid-Lkw: Auf der grünen Welle
Die Krux ist, dass es einem niemand bezahlt, der Kunde nicht und der Verlader auch nicht.“ Christian Adolff, Geschäftsführer der Spedition Hansetrans in Hamburg, lässt keinen Zweifel daran, dass es ein schwieriges Unterfangen ist, mit der umweltfreundlichen City-Logistik. Aber das ist kein Grund für den umtriebigen Unternehmer, es nicht zu versuchen. Im Umfeld des ersten innerstädtischen Ikea-Marktes weltweit, der in Hamburg-Altona vor zwei Jahren entstand, ergab sich die Chance. Die zugleich Pflicht war: Denn dieses Pilotprojekt war mit hohen Ansprüchen an eine gesamtheitlich nachhaltige Umsetzung angetreten. Ein Möbelmarkt in der Stadt, in der Fußgängerzone? Für den Möbelgiganten aus Schweden ist der City-Store ein Experimentierfeld.
Das sich ganz anders entwickelte als erwartet. Weniger große Möbel werden verkauft, dafür viel Kleinkram und Utensilien. Das Restaurant ist ob seiner günstigen Preise stets gut besucht. Zu diesem neuartigen Projekt gehörte eine innovative Logistik. Schwere, laute Lkw aufgereiht mitten im Wohngebiet, das war ein No-Go, die Restriktionen immens. Etwa in Form von engen Beschickungszeiten von fünf bis sieben Uhr früh und ab 18 Uhr. Ikea schrieb den Auftrag für die Logistik des Möbelmarktes öffentlich aus – und nach gründlichem Abwägen machte Hansetrans mit seiner Offerte den Stich gegen namhafte andere Vertreter. „Es mag eine Rolle gespielt haben, dass wir auch schon die Logistik im Ikea-Markt Schnellsen leisten.“
Die Basis bildet eine unterirdische, 10.000 Quadratmeter große Ladezone mit mehreren Rampen für Züge und Klein-Lkw. Zudem war eine Art „Just in Time“-Belieferung aus einem Umschlaglager außerhalb Altonas Teil des Konzepts, um Suchfahrten und Wartezeiten zu minimieren.
Eine Art Just-in-Time
Geliefert wird so erst, wenn ein Rampenplatz frei ist. Anfangs hatte Hansetrans das mit Wechselbrückenzügen erledigt, mittlerweile hat Ikea die Belieferung des Hauses umstrukturiert. Die Zufahrtssteuerung in die Garage haben ebenfalls die Hansetrans-Leute beigetragen und eigens programmiert. Was die Lieferung an den Endkunden aus dem Möbelhaus betrifft, war Hansetrans fahrzeugseitig mit dem Konzept Hybrid-Lkw vom Typ Fuso Canter ins Feld gezogen. Das hat die Ikea-Verantwortlichen offenbar überzeugt.
Von Haus aus verlangt der schwedische Konzern seinen Lieferanten strenge Sozial- und Umweltstandards ab, die jährlich überprüft werden, bis hin zum Reifentyp, wie Hansetrans-Fuhrparkmann und Co-Geschäftsführer Hans-Joachim Schmidt beschreibt. Ein interessierter Subunternehmer für das Projekt fand sich in Mirko Kumm, der die drei Fuso-Hybrid-Lkw mit von Hansetrans-Hausaufbauer Junge konfiguriertem Leichtbaukoffer in seiner 15 Fahrzeuge starken Flotte einsetzt.
Er erzielt mit den Diesel-Elektro-Trucks Verbräuche auf dem Niveau seiner 3,5-Tonnen-Transporter von zwölf bis 14 l/100 km im urbanen Umfeld und damit deutlich weniger als die Kollegen mit den Atego, die auf 18 bis 20 l/100 km bei gleicher Anwendung kommen. Nach zwei Jahren Einsatz seien keinerlei Ausfälle zu verzeichnen, die Technik auch bei Kälte zuverlässig, erklärt Kumm. Das einzige, was ihn im Betrieb stört, ist die langsame Start-Stopp-Automatik: „Da wird’s schon wieder grün, bis die abschaltet“, lacht der seit zehn Jahren für Ikea nicht nur für Hansetrans fahrende Transporteur. Klar, ein Atego sei hochwertiger und komfortabler, aber Kumm hat trotzdem kein wirkliches Problem mit dem Canter. „Wir fahren ja keine Langstrecken“, meint er.
Bei Kumms Canter Eco Hybrid wird der 3,0-Liter-Dieselmotor von Iveco mit 150 PS (370 Nm) kombiniert mit einem 40-kW-Elektromotor (200 Nm) und Duonic-Doppelkupplungsgetriebe, was dem Fahrer im verwinkelten Stadtverkehr rund um den Ikea-Markt viel Schaltarbeit abnimmt. Bei einer Ausliefertour über die Reeperbahn erweist sich zudem die kompakte Fahrzeugbreite, der niedrige Einstieg und die gute Übersicht als vorteilhaft.
Eine kleinformatige 2,0-kWh-Lithium-Ionen-Batterie, die am Rahmen aufbauneutral angebracht ist, erhält beim Bremsen vom Elektromotor Energie zurückgespeist (Rekuperation), sodass in der Praxis stets zusätzliche Kraft aus dem Akku zur Verfügung steht. Der Hersteller gibt übrigens mittlerweile vertrauensbildende zehn Jahre Garantie auf die Batterie. Mit 8.000 Euro Aufpreis zum Standardfahrzeug sei der Fuso Eco Hybrid laut Händler Andre Meinzen von der Hansetrans seit Jahren verbundenen Mercedes-Benz-Nfz-Niederlassung in Bremen der „erste Hybrid, der sich rechnet“. Trotzdem halten sich die Orders bei ihm in engen Grenzen. „Die Branche rechnet einfach mit zu spitzem Stift“, deutet er an.
Für Mirko Kumm ist die Amortisationsrechnung des Herstellers aber durchaus nachvollziehbar: Er kann die höheren Leasingraten, die er seinem Spediteur bezahlt, mit niedrigeren Betriebskosten allmählich kompensieren. Knapp 48.000 Kilometer hat er in zwei Jahren heruntergespult, einmal jährlich steht ein Servicetermin auf dem Programm, das war’s dann auch. „Den kann ich allerdings wegen der Hochvolttechnik nur in einem einzigen Daimler-Betrieb in Hamburg absolvieren“, erzählt der Transportunternehmer. Nur dort sei man für die Hybridtechnik speziell geschult.
Bis 10 km/h rein elektrisch
Ein Vorteil des Hybrid-Trucks zeigt sich, als Kumm nach unserer kurzen Lieferrunde wieder in die unterirdische Ladezone einfährt: Bis zehn Stundenkilometer rollt das Fahrzeug rein elektrisch, nur im Standgas brabbelt der Dieselmotor mit. „Das ist vor allem hier unten ein echtes Plus“, erklärt Kumm. Denn in der Ladezone herrscht ein striktes Abgaslimit wie in Tiefgaragen üblich, bei Ikea darf gleichzeitig immer nur ein Motor laufen. Aber auch oberirdisch ist der Canter im Vorteil: Das Gezuckel durchs Wohngebiet absolviert er meist im reinen Elektromodus und damit deutlich leiser als konventionell angetriebene Fahrzeuge.
Was natürlich wiederum die Anwohner freuen dürfte. Denn es kann durchaus sein, dass Kumm mehrmals am Tag passiert: „Wir haben drei Lieferfenster, früher Vormittag, Mittag, Nachmittag-abends“, erklärt er. Wer bis 18 Uhr bei Ikea in Altona bestellt, bekommt seine Ware am selben Tag, berichtet Kumm nicht ohne Stolz auf die Same-Day-Lieferleistung seiner Truppe. Freitag und Samstag sind die „Hauptkampftage“: Dann geht es in dem strikt und konsequent als Kreislauf mit zwei Lastenaufzügen vorne und hinten organisierten Lager im wahrsten Sinne des Wortes rund.
Neben den Hansetrans-Leuten im Ikea-Markt gibt es übrigens noch drei weitere Lieferoptionen: Per „Sofa-Taxi“, eine Firma, die nur Einzelaufträge abwickelt. Per selbstgemietetem Lastenrad. Oder per Profi-Lastenrad-Kurier samt 2,5 Meter langer Anhänger der Hamburger Kurier AG, die eine Dependance im Markt hat. Als Konkurrenz sieht Kumm die pedalierenden Kollegen aber nicht: „Die 3,5 Tonnen Nutzlast und das Volumen von 25 Kubik nutzen wir schon öfter aus“, lacht er andeutungsreich. So ergänzen sich die verschiedenen urbanen Zustellformen beim City-Möbelmarkt in Altona fast schon zukunftsweisend. Wenn das jetzt noch der Kunde honoriert … Johannes Reichel
Zahlen + Fakten
Technik
Fuso Canter Eco Hybrid 7,5-Tonnen-Fahrgestell, paralleler Diesel-Elektroantrieb, Diesel: 3,0-Liter-Iveco-Dieselmotor mit 150 PS Leistung, max. Drehmoment 370 Nm; Drehstrom-Synchron-Motor mit 40 kW, max. Drehmoment 200 Nm; 2-kWh-Lithium-Ionen-Akku; Duonic-Doppelkupplungsgetriebe, Start-Stopp-System; Abgasnorm Euro VI
Maße + Gewichte
Leergewicht mit Junge-Leichtbaukoffer (ohne LBW): ca. 3.000 kg, Nutzlast 3.500 kg; zul. GG: 7.500 kg; Volumen: 25 m³
Einsatz
Tägliche Haustürbelieferung mit Möbeln im innerstädtischen Bereich
Bilder: J. Reichel
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