Kohlendioxid-Management: Neue Maßnahmen für Logistik-Flottenbetreiber in 2012-GHG-Protokoll wird eingesetzt: Weniger ist mehr
Was in Sachen Kohlendioxidausstoß und Nachhaltigkeit in diesem Jahr auf Flottenbetreiber in der Logistik zukommen wird.
Das Jahr 2012 hat kaum begonnen und schon werden die ersten konkreten Weichenstellungen in puncto Nachhaltigkeit sichtbar. Gerade Lkw-Flottenbetreiber im Gütertransport erwarten in den nächsten Monaten eine deutliche Zunahme von Maßnahmen rund um Treibhausgasemissionen und im Speziellen zum Kohlendioxidmanagement. Das international anerkannte Green-House-Gas-Protokoll, das von immer mehr Unternehmen zur Emissionsbestimmung eingesetzt wird, sieht beispielswiese vor, dass neben den so genannten Scope 1- und 2-Emissionen auch Scope 3 - Werte ausgewiesen werden.
Unter Scope 1 und 2 fallen alle klimaschädlichen Ausstöße aufgrund von Energieverbräuchen im Unternehmen selbst, Scope 3 bezeichnet alle indirekten, vom Unternehmen nicht direkt verursachten Emissionen in vor- und nachgelagerten Prozessstufen. Und dabei werden explizit transportbedingte Emissionen bei Anlieferung von Material und Rohstoffen sowie Auslieferung der Produkte genannt. Mehr und mehr große Unternehmen und OEMs (Original Equipment Manufacturer) aus Industrie und Handel fordern von ihren Spediteuren die Ermittlung der verursachten CO2-Emissionen. Besonders die großen Handelsunternehmen wie Metro, IKEA oder Walmart sowie internationale Konzerne wie British Telekom, IBM oder Puma kontrollieren ihre Zulieferer immer stärker und verpflichten diese bereits heute zur Ausweisung der Kohlendioxidemissionen. Da die Transporte oft einen hohen Anteil am Wertschöpfungs-Prozess haben, liegt hier ein klarer Fokus.
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Europäische Regeln
Auch von regulatorischer Seite gibt es klare Vorgaben – und das international. In Europa treibt die EU-Kommission in Person der Klimakommissarin Connie Hedegaard die Gremien dazu, die Anforderungen deutlich zu steigern. Neben ihrem Vorstoß, bis zum Jahr 2013 Kohlendioxidgrenzwerte für schwere Lkw einzuführen, macht sich die Kommissarin für eine Ausweitung von Klimaschutzmaßnahmen auf die Industrie stark. So setzt auch das EU-Weißbuch „Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum“ klare Ziele für die Einsparung verkehrsbedingter Emissionen bis 2050 um 60 Prozent. Es ist also zu erwarten, dass verstärkt Anfragen von Unternehmen auf die Transporteure und Logistiker zukommen werden, um valide und normkonforme Werte zu liefern.
Berechungsgrundlagen
Die Berechnung von Emissionen ist im Kern sehr einfach. Dabei wird ein Verbrauch mit einem Emissionsfaktor multipliziert; also der Dieselverbrauch über eine bestimmte Strecke in Liter Diesel mit dem Emissionsfaktor für Diesel in g/l. Hier ist es wichtig und internationaler Standard, nicht nur die direkten Kohlendioxidemissionen, sondern auch die so genannten Kohlendioxid-Äquivalente, kurz CO2ä, auszuweisen. Darin sind neben dem Kohlendioxid auch weitere klimaschädliche Gase, wie Methan oder FCKW, berücksichtigt. Gleiches gilt für alle in einem Modalsplit eingesetzten Transportmittel, also auch für Transporte per Bahn, Schiff und Flugzeug.
Dabei treten nun allerdings eine Vielzahl von Schwierigkeiten auf: Die korrekte Erfassung des Verbrauchs, speziell auf Sendungsebene, mag sich für den eigenen Fuhrpark noch darstellen lassen. Bei Subunternehmern gestaltet sich das schon schwieriger, weil hier häufig keine spezifischen Werte vorliegen. Und berücksichtigt man unterschiedliche Verkehrsmittel im Modalsplit, wird es noch problematischer, denn es kommt der so genannte „valide Emissionsfaktor“ zur Berechnung hinzu. Dieser kann abhängig vom betrachteten Verkehrsmittel, dem Prozess, dem Einsatzland und anderen Rahmenbedingungen unterschiedlich ausfallen. Betrachtet man außerdem die Vielzahl der zu verarbeitenden Daten, erkennt man schnell, dass es sich um ein mehrdimensionales Problem handelt.
In den Griff bekommt man das nur, wenn man die Emissionsberechnung automatisiert und idealerweise in die bestehenden Managementsysteme integriert. So lässt sich auch eine Massendatenverarbeitung der einzelnen Transportaufträge durchführen. Nebenbei können so einem Kunden wie Metro und IKEA auf Wunsch auch Gesamtemissionen über einen Zeitraum, für eine Transportroute oder eine Warengruppe berechnet werden. Nur eine EDV-gestützte Berechnung erlaubt auch bereits in der Angebotsphase, die zu erwartenden Kohlendioxidemissionen auf Basis des eigenen Fuhrparks abzuschätzen und sich bei Ausschreibungen vom Wettbewerb abzugrenzen.
Andere Länder
In Frankreich und Großbritannien gibt es bereits seit Längerem verbindliche nationale Regeln für die Berechnung und die Berichterstattung von Kohlendioxidemissionen für ausgewählte Branchen und Unternehmen. Frankreich startete noch im letzten Jahr mit einem Paukenschlag und hat angekündigt, im zweiten Halbjahr 2013 ein Gesetz zu verabschieden, das Transporteure verpflichtet, die Emissionen auf der Rechnung auszuweisen. Dieser Vorstoß ist Teil der „Grenelle“-Gesetze und wird auch weitere Branchen treffen. Die Umsetzung wird in Frankreich gerade mit Stakeholdern abgestimmt. Auch weitere Vorstöße in England und Skandinavien werden den Ruf nach weiterer Vereinheitlichung auf EU-Ebene energischer werden lassen.
Die ersten nationalen und internationalen Anforderungen sind für 2012 auf den Weg gebracht worden und man wird im Laufe des Jahres sicherlich noch mehr sehen. Auch wenn die ersten Normen und Richtlinien noch nicht alle Logistikprozesse wirklich sauber abdecken können, so sind doch eindeutige Grundlagen für die Berechnung geschaffen worden, auf die sich auch mehr und mehr Unternehmen beziehen werden.
Um auf die deutlich sichtbaren Anforderungen vorbereitet zu sein und das Thema proaktiv und vor allem kosteneffizient anzugehen, sollten sich Spediteure bereits heute Gedanken zur Steigerung der Umweltverträglichkeit der angebotenen Dienstleistungen machen. Oft gibt es bereits einzelne Kunden, die nach einem so genannten Carbon Footprint fragen. Diese Piloten sollte man nutzen, um Erfahrungen aufzubauen und die Mitarbeiter in der Kommunikation und der Umsetzung zu stärken.
Eigene Kompetenz präsentieren
Oft mangelt es an einer unternehmensweit einheitlichen Kommunikation, gepaart mit fehlenden oder fehlerhaften Werkzeugen zur Bestimmung der Emissionen. Ziel sollte es sein, den Kunden von der Ökokompetenz des Unternehmens zu überzeugen und auch im Thema Nachhaltigkeit sicher und transparent zu agieren.
Neben der Fähigkeit der konkreten Berechnung für einzelne Transporte oder Kunden sollte auch das Unternehmen als solches transparent und valide dargestellt werden. So bietet es sich an, eine professionell aufbereitete Darstellung der Umweltaktivitäten und der Strategie des Unternehmens zu veröffentlichen. Dazu gehört heute in jedem Fall auch eine Kohlendioxidbilanz.
Diese sollte nach einem anerkannten Standard wie dem Green-House-Gas Protokoll berechnet werden und transparent die Umweltauswirkungen des Unternehmens darstellen.
Neue Norm: DIN EN 16258
Der Vorstoß mit der Europanorm „DIN EN 16258 - Methode zur Berechnung und Deklaration des Energieverbrauchs und der Treibhausgasemissionen bei Transportdienstleistungen (Güter- und Personenverkehr); Deutsche Fassung prEN 16258:2011“ gibt eine klare Richtung vor. Nun liegt erstmals eine eindeutige Grundlage vor, den Kohlendioxidausstoß transparent zu bestimmen. Ein großes Manko dieser Norm ist jedoch, dass mit sehr vagen Durchschnittswerten gerechnet werden kann. Diese spiegeln oft nicht die tatsächlichen komplexen Prozesse des jeweiligen Unternehmens wider und greifen beispielsweise im Vergleich von Tanklogistik- und Kurierdienstunternehmen zu kurz.
Aus der DIN EN Norm geht aber auch die eindeutige Empfehlung hervor, mit eigenen spezifischen Werten zu rechnen – beispielsweise dem realen auslastungsabhängigen Verbrauch der Fahrzeuge. Nur so können Unternehmen in die Lage gebracht werden, ihre Emissionen wirklich zu reduzieren und sich durch die Umweltorientierung einen Wettbewerbsvorteil im Markt zu verschaffen. Die Umsetzung der Kohlendioxidermittlung in den einzelnen Unternehmen beginnt meist mit der Berechnung einzelner Sendungsläufe. Mittelfristig sollte die Berechnung aber an die bestehenden Transportmanagement- oder ERP-Systeme angebunden werden, um eine automatische Berechnung quasi „auf Knopfdruck“ zu ermöglichen.
Der Autor
Dr.-Ing. Thomas Fleissner ist Vorstand der DFGE AG – Institut für Energie, Ökologie und Ökonomie. Er promovierte an der TU München im Bereich erneuerbare Energien und begleitet Forschungsaufträge für die EU und in der Automobilbranche.
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