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Shuttle-Lösungen für leichte Stückgüter: Hersteller setzen auf mehr Flexibilität: Shuttle gegen AKL: Konkurrenten und Weggefährten

Ein Vergleich von Shuttle-Systemen mit Automatischen Kleinteilelägern (AKL) deckt angesichts sich ändernder Anforderungen an die Intralogistik Stärken und Schwächen auf.

Symbolbild LOGISTRA (Foto: T. Schweikl)
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Redaktion (allg.)

Dem aufmerksamen Besucher von Logistik-Fachmessen und Tagungen ist es nicht verborgen geblieben. Viele Hersteller im Bereich der Behälter-Lagertechnik, also dem Bereich der leichten Stückgüter, setzen sich in den vergangenen Jahren immer intensiver mit Lösungen auseinander, die auf eine hohe Anzahl einfacher, parallel betriebener Regalförderzeuge setzen – gemeinhin als Shuttles bezeichnet. Dabei ist das Grundprinzip eines flexiblen Fahrzeugs zum Transport einer einzelnen Einheit, das sich weitgehend unabhängig im Regalbau bewegt und unwesentlich größer als das Transportgut ist, nicht neu. Obwohl es im Palettenbereich bereits seit über 20 Jahren bekannt ist, hat es erst im leichten Stückgutbereich eine nennenswerte Bedeutung erfahren.

 

Forderung nach Flexibilität

Um ein alte Weisheit zu strapazieren: die Logistik unterliegt ständigen Veränderungen. Nach Anfangsschwierigkeiten hat der durch das Internet geschaffene Vertriebsweg „e-Commerce“ zwar nicht mehr den Zauber der frühen Jahre, ist aber dafür im Markt fest etabliert. Spätestens 2009 wurde deutlich, dass die Vernachlässigung dieses Vertriebsweges inzwischen zur bestandsgefährdenden Bedrohung werden kann – zumindest im Versandhandel. Diese Entwicklung hat mit ihrem munter wachsenden Artikelstamm Auswirkungen auf die gesamte Lagerlogistik, da auf immer mehr Artikel immer weniger stark wachsende Zugriffsmengen entfallen. Mit markanten Auswüchsen: Einer Studie zufolge entfällt bei einem reinen Internethändler inzwischen mehr Umsatz auf die C-Artikel als auf A- und B-Artikel.

Bei aller Liebe zur Qualität darf auch nicht übersehen werden: Nahezu alle relevanten Produkte weisen stark abnehmende Lebenszyklen auf – die Kurzlebigkeit ist zweifelsohne auf dem Vormarsch. Die Marktteilnehmer reagieren unterschiedlich darauf, ein gemeinsames Resultat der meisten Branchen dürfte aber die abnehmende Fertigungstiefe sein. Bauteile, die als austauschbar eingestuft werden, finden ihren Bezug fast distanzunabhängig auf dem Weltmarkt. Mit entsprechendem Wachstum der dahinter liegenden Logistik.

Der stationäre Handel wiederum ist hart umkämpft und fordert die Hebung jedweder Rationalsierungspotentiale. Konsequente Bestandssenkung verspricht seit Jahren erfolgreich das Cross-Docking (CD), das in der praktischen Anwendung jegliche Bestandsposition auf die CD-Eignung prüft – mit dem oft unbeachteten Nebeneffekt, dass die CD-untauglichen, weil im Bedarfsverhalten stark schwankenden C-Artikel in der Kommissionierung noch unattraktiver werden.

Für optimierte Verfüllprozesse, also die effiziente Verräumung in der Verkaufsfiliale sucht der Handel wiederum nach sequenzierten Anliefer-Einheiten, die Sortierprozesse in der Filiale ausschließen. Diese bei weitem nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erhebende Sammlung von Effekten wirkt sich auf die Logistik in den verschiedenen Branchen höchst unterschiedlich aus, gemeinhin lässt sich aber festhalten, dass die Anforderungen an die Kommissionierung dynamischer (hinsichtlich Höhe und Frequenz von Lastspitzen), volatiler (hinsichtlich Änderungen von Artikelspektrum und Bestellverhalten) und schwerer planbar (hinsichtlich Verfügbarkeit und Belastbarkeit von Prognosen) werden. Gefordert sind daher Lösungen, die flexible und skalierbare Systeme ermöglichen.

Im Bereich der manuellen Kommissioniersystem erlangen so genannte Hochleistungskommissioniersysteme nach dem Ware-zum-Mensch zunehmende Bedeutung. Dazu zählen Maßnahmen, die manuelle Tätigkeiten auf den reinen Pickvorgang konzentrieren, im Wesentlichen durch beleglose Systeme mit konsequenter Wegminimierung des Pickers, Erreichung hoher Dauerleistungen bei der Entnahme durch ergonomisch gestaltete Kommissionierstationen und schließlich einer schnellen Behälterandienung in Entnahmesequenz, um den Abgleich zwischen variierendem Zugriffsverhalten und wachsenden Artikelspektren zu ermöglichen.

 

Technologietreiber und -getriebene

In diesem Umfeld spielt das Automatische Kleinteilelager (AKL) bereits seit vielen Jahren eine wesentliche Rolle. Es hat zahlreiche neue Systemkonzepte in der Distribution erst ermöglicht. Neben vielen anderen Vorteilen einer Lagerautomation bietet es den Kernvorteil der Eliminierung von Wegzeiten der manuellen Kommissionierung, insbesondere bei stetig wachsenden Artikelspektren und dadurch prinzipiell wachsendem Wegzeitanteil. Eine Schlüsselrolle in Zeiten des e-Commerce. Ein wesentliches Merkmal bleibt bei allen AKL, dass das Regalbediengerät gassengebunden ist. Damit geht bei aller Flexibilität eine nicht unwesentliche Einschränkung hinsichtlich der Leistung einher, die in hohem Maße von der Gassenanzahl abhängig ist. Hier setzt die Idee eines vielerorts einsetzbaren Einzelfahrzeuges an, das in großer Menge parallel eingesetzt werden kann. Und es scheint, als könnten diese Shuttle-Systeme vieles noch ein wenig besser als AKL:

• Bei Konzentration des Zugriffsverhaltens auf einzelne Gassen können Fahrzeuge aus anderen Bereichen dorthin verlagert werden.

• Die Leistung ist insgesamt durch die Anzahl der vergleichsweise simplen und somit kostengünstigen Fahrzeuge skalierbar.

• Im Störfall eines einzelnen Fahrzeuges ist das System mit nur geringen Einschränkungen nutzbar, es resultiert eine hohe Redundanz.

• Die Ansteuerung der Fahrzeuge erlaubt eine sequenzgenaue Auslagerung.

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• Die relativ kleinen bewegten Massen reduzieren den Energiebedarf.

• Unterschiedliche Baukörper sowie der Transport aus dem Lager heraus sind prinzipiell möglich.

Generell kann dadurch eine höhere Durchsatzleistung erreicht werden. Ebenso resultiert daraus mehr Flexibilität, wenngleich die Lösungen einzelner Hersteller durchaus unterschiedlich sind. Wie eingangs angesprochen, ist die Grundidee nicht neu, aber neben den richtigen Ideen bedurfte es auch einiger Fortschritte in der Steuerungstechnik und -sensorik um wirtschaftliche Lösungen anbieten zu können.

Neben diesen Vorteilen haben Shuttle-Systeme aber auch Nachteile. Wo viel Licht ist, ist eben auch Schatten:

• Der Regalbau ist aufwändiger. Das Tragen und Führen des Shuttles erfordert eine Fahrschiene, Absicherung und gegebenenfalls eine Energieversorgung. Auf jeder Ebene.

• Die Vielzahl von Shuttles und Elementen erfordern eine komplexere Steuerung, mehr Sensorik und Überwachung.

• Die Leistung ist abhängig nicht nur von Anzahl und physischer Leistung der Shuttles, sondern auch von der Effizienz der Systemsteuerung und der eingesetzten Algorithmen.

• Die Leistung ist auch nicht beliebig steigerbar, sondern abhängig von Anzahl und Leistung der Heber oder Senkrechtförderer.

Mit anderen Worten, die Shuttle-Systeme haben eine höhere Komplexität und erfordern mehr Engineering. In der Forschung spielt daher die Entwicklung der Selbststeuerung sowie dezentraler Steuerungskonzepte eine besondere Rolle. Und tatsächlich entwickeln sich die Shuttles hin zu immer größerer Flexibilität. Die so genannten „AIV-Shuttle“ der YLOG GmbH, Dobl/Österreich, beispielsweise verfügen über vier drehbare Reifen, die ein Fahren sowohl längs als auch quer auf entsprechenden Führungsschienen ermöglichen. Und mit dem „Multishuttle Move“ des Herstellers Dematic, Offenbach, wurde jüngst ein System angekündigt, dass das Lagersystem mit einem Transportsystem für die Fläche vereint. Shuttlesysteme besitzen also ein großes Potential für die Gestaltung flexibler, weil anpassungsfähiger Systeme. Insbesondere bei unsicheren Nutzungsperspektiven bieten sie entscheidende Vorteile. AKL bleiben ungeachtet dessen leistungsfähige Lösungen, insbesondere wenn große Sortimente zu beherrschen sind. Den Rest entscheidet – wie immer – der Wettbewerb.

 

Der Autor

Professor Thorsten Schmidt (43), ist Inhaber des Lehrstuhls für Technische Logistik an der Technischen Universität Dresden. Zuvor war er Abteilungsleiter Maschinen und Anlagen am Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik in Dortmund.

• Tätigkeitsschwerpunkte in der Entwicklung und Gestaltung innerbetrieblicher Produktions- und Logistiksysteme.

• Mitglied der Bundesvereinigung Logistik (BVL), dem Verein Deutscher Ingenieure (VDI) und der Wissenschaftlichen Gesellschaft Technische Logistik (WGTL)

• Gründungsmitglied und Sprecher des Dresdner Logistik-Innovationsverbunds (DLIV)

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