VW Caddy: Neuer Look, altbekannte Abmessungen - Nutzfahrzeug-Entwicklung mit mehr als 50% Fortschritt: VW Caddy 4: Auf Nummer sicher
Man sieht es neuen Autos mittlerweile nicht mehr unbedingt an, dass sie neu sind: Speziell bei Volkswagen pflegt man ohnehin einen evolutionären Designstil - und so kommt einem der neue „Caddy“ vor wie ein alter Bekannter, der frisch erholt und mit neuer Frisur aus dem Urlaub zurückkehrt. Der er in großen Teilen ja auch ist. Die rundlichen Seitenpaneele, glatt wie ein Baby-Popo, die Schiebetüren, der Laderaum, überhaupt die ganzen Abmessungen, hier hat sich nicht viel getan. „In Teilen weniger als 50 Prozent, in Euro weit mehr als 50 Prozent“, bringt denn auch der neue VW-Nutzfahrzeug-Entwicklungschef Joachim Rothenpieler den Neuheitenwert beim Caddy auf den Punkt. Die Frontoptik wurde gestrafft mit in Laserlöttechnik scharf gezogenen Kanten im Golf-Stil nebst Leuchten in 3D-Optik, Chefdesigner Albert Kirzinger spricht von markentypischer „Betonung geschlossener horizontaler Linien“. Außerdem haben die VW-Gestalter auch am Heckabschluss gefeilt: Am Dach bildet eine scharfe, fast spoiler-ähnliche Kante samt dritter Bremsleuchte den Abschluss. Neben gestalterischen waren vor allem aerodynamische Aspekte hier ausschlaggebend. Der Cw-Wert soll sich um „einen Punkt der zweiten Nachkommastelle“ verbessert haben, so Joachim Rothenpieler. Die bessere Windschlüpfrigkeit leistet ihren Teil zum geringeren Verbrauch, den die VW-Mannen glatt um 15 Prozent über alle Varianten gedrückt haben wollen. Denn die „Euro“ flossen vor allem in die Entwicklung der Euro-6-Motoren (vier Diesel 55-110 kW, drei Benziner 62-92 kW, ein CNG 81 kW), respektive deren Anpassung aus dem Pkw-Baukasten an Nutzfahrzeugzwecke. Wobei das Motorenprogramm ein etwas bunter Mix ist. Basis bildet der modernisierte 2,0-Liter-TDI-Diesel, von dem VW simplerweise vier Leistungsstufen ableitet. Einstweilen stellt der „2,0 TDI BlueMotion“ mit 109 g/CO2/km den sparsamsten Caddy dar, unterboten nur noch von einem „City-Caddy“ mit Leistungsreduzierung. Auch beim kleinsten Van setzt VWN konsequent auf SCR-Kat und Adblue zur Abgasreinigung, nachzufüllen aber auch außerhalb der Serviceintervalle. Denkbar ist, dass mittelfristig ein noch sparsamerer 1,4-Liter-Dreizylinder-Diesel, im Polo bereits im Einsatz, folgt.
Beim Thema „Downsizing“ bildet erstmal der Benziner die Vorhut. Denn als emissionstechnisches „Highlight“ nach Vorbild des Ford Ecoboost fungiert jetzt der aus dem Polo bekannte, neue 1,0-Liter-Dreizylinder-TSI (75 kW) mit unter 120 g CO2/km bei praxistauglichen 175 Nm Drehmoment. Neben den bekannten 1,2-Liter-TSI rückt noch ein 1,4-Liter-TSI als Topbenziner ins Programm. Öko-King ist aber ein anderer: Im CO2-Ausstoß dem Benziner und bei Rußpartikeln wie Stickoxiden dem Diesel klar überlegen bildet der neue TGI den Ecofuel-Ersatz. Hier macht VW Nutzfahrzeuge den 1,4-Liter-Erdgas-Turbomotor für den Caddy „urbar“. Der 81-kW-TGI soll nur 4,1 kg CNG verbrauchen und wie im Passat buchstäblich „gut am Gas hängen“, umso mehr als es sich mit dem 7-Gang-DSG-Getriebe koppeln lässt. „Eine feine und umweltfreundliche Kombination“, verspricht Rothenpieler. Der auch andeutet, dass das noch nicht das Ende der Fahnenstange bei „Alternativen Antrieben“ ist: Ein Elektro-Caddy analog zum E-Golf wird folgen (siehe letzter Abschnitt - Was sonst noch kommt) und läuft bereits im Feldversuch. Das ist aber noch Zukunftsmusik, gegenwärtig hilft in der Stadt schon mal das jetzt serienmäßig verbaute Start-Stop-System beim Sparen.
Im urbanen Verkehr macht sich auch die sogenannte „City Emergency Braking“-Funktion des jetzt erhältlichen Notbremsassistenten „Front Assist“ nützlich. Der greift auch unter 30 km/h erst akustisch und dann handfest per Notbremsung ein, sobald ein Auffahrunfall droht. Natürlich wird der Front Assist auch auf der Autobahn bei Gefahr aktiv, warnt erst, bremst dann kurz an und verstärkt eine eventuell zu schwache Bremsung ebenfalls bis zum Stillstand. Eine weitere Funktion stellt die im VW-Sprech „Multikollisionsbremse“ dar, die nach erfolgten Crash und möglicher Reaktionsunfähigkeit des Fahrers Folgeunfälle per Notbremsung unterbindet, was bei knapp einem Viertel der Unfälle vorkommt. Überhaupt rüstet VW den Caddy bei den Fahrassistenzsystemen auf: Ein Abstandstempomat ist in dieser Klasse so einmalig wie ein Müdigkeitswarner. Beim Rangieren hilft eine Rückfahrkamera sowie eine 360-Grad- „Vogelperspektive“ namens Optical Parking System (OPS), ein Einparkassistent zirkelt jetzt auch in 90-Grad-Parklücken, ein Fernlichtassistent blendet bei Gegenverkehr automatisch ab, wahlweise gibt es Bixenon-Leuchten. Den Komfort im kantiger gezeichneten Innenraum verbessern sollen der klarer gegliederte Armaturenträger mit besser zugänglichen Fächern (etwa auch für ein I-Pad), die neuen Seitenverkleidungen, ein neues Lenkrad sowie stärker konturierte, sehr bequeme Sitze. Hier hat der Kunde seit dem letzten Facelift auch die Option eines schmaleren, klappbaren Beifahrersitzes mit Drehgitter, wie es die Konkurrenz schon länger anbietet. Diese Expansionsmöglichkeit kann man umso besser brauchen, als ob des unveränderten Rohbaus nach wie vor keine Palette quer zwischen die Radkästen passt. Aerodynamisch geschliffene, wahlweise größere Spiegel runden die Erneuerung ab. Drei maßgebliche Kundengruppen, die für 62 Prozent der Verkäufe stehen, haben die VW-Marktforscher beim Caddy
ausgemacht: Logistik, Handwerk, Service. Die meisten davon dürften auch weiterhin mit dem City-Van aus dem polnischen Werk Poznan zufrieden sein - auch wenn die Neuauflage nicht zur Gänze neu ist.
Crafter &Co. - was sonst noch bei VW kommt
Zwei Milliarden Euro investiert VW in die Entwicklung und Fertigung des komplett neuen VW Crafter: Eine gewaltige Summe, die klar macht, wohin bei VW Nutzfahrzeuge derzeit die meiste Energie fließt - „T5“ und „Caddy“ müssen sich trotz fortgeschrittener Reife mit zwar gründlicher, aber doch „nur“ Modellpflege begnügen. Das Mammutprojekt „Crafter“, der ab dem 3. Quartal 2016 vom Stapel laufen soll, hat Priorität: Angespornt von über Jahrzehnte gewachsener Unzufriedenheit als Juniorpartner in einem „Kooperationsprodukt“ wollen die niedersächsischen Werker jetzt oberhalb von 3,5 Tonnen zeigen, was man in Hannover unter einem geschmeidigen „großen VW Transporter“ versteht. Hört man Albert Kirzingers Ausführungen zum Design zu, dürfte der Crafter von der Gesamtwirkung mit starker Betonung der Querlinien anmuten wie ein Bulli in XXL - und ebenso satt auf der Straße stehen. Dass das eine hohe Kunst ist, wird klar, wenn man davon ausgeht, dass VWN sich zahlreiche Derivate gönnen wird: Mit drei Längen und drei Höhen ist zu rechnen, daneben sollten Doppelkabiner und Fahrgestellversionen gesetzt sein. Gerüchteweise greift man tonnagemäßig sogar aus in Richtung Siebentonner.
Vor dem Crafter bekommen aber noch „T6“ sowie der „Pickup Amarok“ eine intensive optische und antriebstechische Überarbeitung. Mehr dazu lesen Sie exklusiv in der nächsten Ausgabe der LOGISTRA. jr
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