Abgasskandal: Daimler muss 5.000 Mercedes Vito zurückrufen

Wegen des Einbaus unzulässiger Abgaseinrichtungen ordnet das KBA den Rückruf an. Verkehrsminister Scheuer verlangt Aufklärung von Daimler-Chef Zetsche.
Im Visier: Das KBA ordnete den Rückruf von 5.000 Vito-Modellen mit 1,6-Liter-Euro-6-Diesel-Motor wegen Verwendung einer illegalen Abschalteinrichung an. | Foto: Daimler
Im Visier: Das KBA ordnete den Rückruf von 5.000 Vito-Modellen mit 1,6-Liter-Euro-6-Diesel-Motor wegen Verwendung einer illegalen Abschalteinrichung an. | Foto: Daimler
Redaktion (allg.)

In der vergangenen Woche ordnete das Kraftfahrtbundesamt (KBA) den Rückruf von knapp 5.000 Lieferwagen des Typs Vito an. Der Grund: unzulässig verbaute Abschaltvorrichtungen. Die unzulässigen Strategien beziehen sich auf den Einsatz des SCR-Abgasreinigungssystems. Aufgrund der eingebauten Abschalteinrichtungen könne es im Betrieb der Fahrzeuge zu erhöhten NOx-Emissionen kommen, teilt das Kraftfahrtbundesamt mit. Bei den betroffenen Modellen handelt es sich um Mercedes Vito mit 1.6 Liter Diesel Euro 6, dessen Motoren ursprünglich vom französischen Hersteller Renault stammen und auch im Transporter Trafic eingesetzt wird sowie dessen baugleichen Derivaten bei Opel, Nissan und Fiat. Daimler hat sie weiterentwickelt. Die spezifische Programmierung von zwei Funktionen in der Motorsteuerung entspreche nach Rechtsaulegung des KBA nicht den geltenden Vorschriften, kommentiert Daimler den Rückruf.

Der Hersteller selbst beurteilt die Rechtslage naturgemäß anders und hat bereits Wiederspruch gegen den Bescheid angekündigt. Er will die strittige Rechtslage vor Gericht klären lassen. Die Funktionen seien Teil eines komplexen Abgasreinigungssystems, das eine robuste Abgasreinigung bei unterschiedlichen Fahrbedingungen und über die Nutzungsdauer eines Fahrzeugs sicherstellen solle. Für das Bestehen des maßgeblichen Test-Zyklus NEFZ seien die in Frage stehenden spezifischen Programmierungen nicht erforderlich, so der Fahrzeughersteller. Außerdem soll dem KBA bereits ein Software-Update zur Prüfung vorliegen, mit dem Daimler nach der Freigabe die in Frage stehende Programmierung aktualisieren will. Der Vito sei zudem bereits Teil der angekündigten Service-Maßnahme mit Software-Updates für über drei Millionen Mercedes-Benz Fahrzeuge, mit denen das Emissionsverhalten verbessert wird. Die Kunden werden informiert sobald das Update vorliegt. Die Maßnahme wird kostenlos durchgeführt.

In der Zwischenzeit hatte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) den Daimler-Vorstandschef Dieter Zetsche zu einem Gespräch ins Ministerium bestellt. Er verlangt nun Aufklärung des Sachverhalts binnen zwei Wochen und eine Liste mit den betroffenen Fahrzeugen. Im Raum stehen Strafzahlungen von bis zu 5.000 Euro je Fahrzeug. Unter Verdacht geraten waren nebem dem Renault-Aggregat, das bei Daimler unter der Bezeichnung OM 622 läuft, auch die hauseigenen Vier- und Sechszylinder-Diesel-Motoren OM 642 und OM 651. Bis zu 600.000 Fahrzeuge des Konzerns könnten von einem Rückruf betroffen sein. Wie das Nachrichtenmagazin DER SPIEGELin seiner aktuellen Ausgabe berichtet, geht das KBA einem konkreten Verdacht auf die Verwendung einer illegalen Abschalteinrichung in den Baureihen C und G nach.

Von Renault-Seite weist man jede Schuld von sich. Das Problem betreffe allein Daimler, so ein Renault-Sprecher laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung. Die Modelle des Renault Trafic mit dem 1,6-Liter-Motor sollen alle den gesetzlichen Anforderungen der Euro-6-Norm entsprechen. Bei Renault gebe es keine Tricksereien, erklärte Renault-Chef Thierry Bolloré. Allerdings hatten diverse Modelle des Herstellers wie der Mini SUV Captur oder der Clio in unabhängigen Tests im Straßenbetrieb teils erheblich erhöhte Stickoxidwerte aufgewiesen. (ha/jr)