ADAC-Test: Notbremsassistent rettet Leben und sollte Standard sein

Zu wenig Abstand ist bei jedem fünften Transporterunfall ursächlich. Die Hälfte der Unfälle ließe sich per Notbremse vermeiden oder abmildern, wie ein Test ergab. Der ADAC fordert Einbau noch vor dem Gesetz.

Notbremssystem im Test: Simulation eines Auffahrunfalls | Foto: ADAC/Ralph Wagner
Notbremssystem im Test: Simulation eines Auffahrunfalls | Foto: ADAC/Ralph Wagner
Johannes Reichel
(erschienen bei Transport von Torsten Buchholz)

Laut ADAC ist jeder fünfte Unfall, den der Fahrer eines Transporters 2018 verursacht hat, auf zu geringen Abstand zurückzuführen. Dabei könnte über die Hälfte der Transporterunfälle mit einem Notbremsassistenten oder Spurhalteassistenten vermieden oder zumindest in ihrer Auswirkung abgemildert werden, meint der Automobilclub. Der ADAC hat exemplarisch das Bremsverhalten eines Transporters (Lkw bis 3,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht) mit automatisierten Notbremsassistenten in verschiedenen Szenarien und in beladenem und unbeladenem Zustand untersucht.

Transporter werden überwiegend von Paketzulieferern und Handwerkern genutzt, sind oft voll beladen, deren Fahrer stehen häufig unter Zeitdruck, so die Ausgangssituation. Umso wichtiger wäre nach Auffassung des Clubs ein zuverlässiger Notbremsassistent, um Insassen und andere Verkehrsteilnehmer zu schützen. Die EU hat daher die Ausstattung mit AEB-Systemen für neue Modelle ab Mitte 2022 zur Pflicht gemacht. Der ADAC hat folgende Testszenarien mit und ohne Ladung entworfen und untersucht anhand eines aktuellen Ford Transit Kastenwagen in Langversion, der immerhin über all diese Ausstattungsfeatures einschließlich Radfahrer- und Fußgängererkennung optional verfügt:

  • Auffahren auf ein stehendes Fahrzeug
  • Auffahren auf ein vorausfahrendes Fahrzeug
  • Auffahren auf ein vorausfahrendes und verzögerndes Fahrzeug
  • Auffahren auf einen vorausfahrenden Radfahrer
  • Überqueren der Fahrbahn durch einen Fußgänger

Schwach beim Fußgänger, stark beim Radfahrer

Bei allen Szenarien war zu beobachten, dass das Fahrzeug auf die Gefahr hin reagiert, aber die Ergebnisse weit unter denen von vergleichbaren Pkw liegen. Konnte beim Auffahren auf ein vorausfahrendes Fahrzeug das System noch überzeugen, zeigten sich beim stehenden Fahrzeug erste Schwächen und beim verzögernden Fahrzeug gar keine Reaktion mehr. Beim Auffahren auf den Radfahrer konnte das Fahrzeug wieder überzeugen, der kreuzende Fußgänger bereitete dem Notbremsassistenten wiederum große Probleme. Hier scheine in Bezug auf die verbaute Technologie noch Nachholbedarf zu bestehen, urteilt der ADAC. Bedenklich sei allerdings, dass sich unter Ausnutzung der maximalen Beladung die Ergebnisse in allen Tests deutlich verschlechtern. Der ADAC fordert:

„Notbremsassistenten in Transportern sind für Fahrer und Verkehrsteilnehmer überlebensnotwendig, hier muss dringend nachgebessert werden, um auch bei unterschiedlichen Beladungszuständen dieselbe Sicherheit zu gewährleisten, aber auch an der grundsätzlichen Leistungsfähigkeit besteht noch Nachholbedarf.“

Der Appell des ADAC an die Transporter-Hersteller geht dahin, die Notbremsassistenten auch vor der gesetzlichen Verpflichtung für Transporter zu verbessern und als Serienausstattung anzubieten. "Zudem sollte der Beladungszustand keinen Einfluss auf die Leistung von Assistenzsystemen haben“, fordert der Club zur Weiterentwicklung auf.

Von aktuell elf Transporter-Modellen auf dem Markt werde laut ADAC-Analyse nur einer serienmäßig mit einem automatisierten Notbremsassistenten ausgerüstet, der mit dem VW Crafter baugleiche MAN TGE. Bei acht Modellen habe sich das Produktmanagement der Hersteller dazu entschieden, diese Lebensretter nur gegen Aufpreis anzubieten, für zwei Transporter sei ein solcher Assistent aktuell sogar gar nicht erhältlich (Nissan NV 400 und Opel Movano).