BMW Group testet HVO100: Mit Pflanzenöl im Werkspendelverkehr

Beim Autohersteller sind Pilotprojekte mit erneuerbarem Dieselkraftstoff HVO100 gestartet. Damit will die Logistiksparte Lagerteile für das Stammwerk im Pendelverkehr nachhaltig transportieren.

Bei den Pilotprojekten nutzt die BMW Group gebrauchtes Speiseöl für die Transportlogistik. Foto: BMW Group
Bei den Pilotprojekten nutzt die BMW Group gebrauchtes Speiseöl für die Transportlogistik. Foto: BMW Group
Johannes Reichel
(erschienen bei Transport von Daniela Sawary-Kohnen)

Auf der Autobahn zwischen Landau an der Isar und dem BMW Werk München fährt die Zukunft: „Ich tanke HVO100, um CO2-Emissionen zu reduzieren“, verkünden die grünen Aufkleber auf vier Lkw des Logistikdienstleisters Guggemos (GV Trucknet), die auf der rund 120 Kilometer langen Strecke mehrmals täglich unterwegs sind. Sie versorgen das Münchner Stammwerk just in time aus Landau. Seit Dezember 2022 läuft der einjährige Pilotbetrieb mit dem erneuerbaren Dieselkraftstoff HVO100. Im März 2023 wurde er nun auf sechs weitere Lkw ausgeweitet. Diese gehören zur Flotte von DB Schenker und transportieren im Pendelverkehr Lagerteile aus dem BMW Group Versorgungszentrum in Eching für die Produktion in München. Gut 40 Kilometer absolvieren die Lkw auf jeder Rundtour.

90 Prozent Einsparung möglich

Das Kürzel HVO steht für ‚Hydrotreated Vegetable Oil‘ („hydriertes Pflanzenöl“) und der Zusatz ‚100‘ zeigt an, dass dieses zu 100 Prozent, also als Reinkraftstoff, in einen konventionellen Diesel-Lkw getankt wird. Der Kraftstoff wird dabei aus verschiedenen Abfällen, Reststoffen und erneuerbaren Rohstoffen, wie gebrauchten Speiseölen, gewonnen. Im Vergleich zu fossilem Diesel lässt sich laut BMW Group mit „Neste MY Renewable Diesel“ (HVO100) des finnischen Herstellers Neste eine CO2-Reduzierung von bis zu 90 Prozent ("Well to Wheel") realisieren. Dem steht ein durchschnittlicher Mehrverbrauch von etwa drei Prozent gegenüber.  Im Vergleich zu konventionellem Dieselkraftstoff summieren sich die CO2-Einsparungen bei den zehn Lkw, die derzeit für die BMW Group mit HVO100 im Tank unterwegs sind, auf voraussichtlich bis zu 800 Tonnen im Jahr, heißt es aus dem Unternehmen.

Mit den zukunftweisenden HVO100-Pilotprojekten will man die konsequente Umsetzung der eigenen ‚Green Transport Logistics‘-Strategie vorantreiben. Diese sei fester Bestandteil der BMW iFACTORY. Michael Nikolaides, Leiter BMW Group Produktionsnetzwerk und Logistik spricht sich für eine Technologieoffenheit aus:

„Jedes eingesparte Gramm CO2 hilft. Wir treiben die Reduktion des CO2-Footprints in unseren Liefer- und Transportketten mit vielen unterschiedlichen Maßnahmen voran.“

Im BMW Group Werk München werden bereits Elektro-Lkw genutzt. Peter Weber, Leiter des BMW Group Werks München:

„Mit dem Einsatz von HVO100 in der Logistik kommt eine weitere nachhaltige Technologie in das BMW Group Werk München. Sie liefert einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele der BMW Group und ist ein weiterer Baustein der Transformation des Werks hin zur BMW iFACTORY mit seinen strategischen Stoßrichtungen LEAN, GREEN und DIGITAL.“

Pflanzenöl mit finnischer NEXBTL-Technologie

Nikolaides wertet den Einsatz von HVO100 als großen Vorteil. Um mit dem umweltfreundlichen Kraftstoff fahren zu können, sind keine Anpassungen an den Fahrzeugen oder Motoren erforderlich. HVO kann in Reinform oder in einem beliebigen Verhältnis mit fossilem Diesel gemischt werden. Auch die vorhandene Infrastruktur der Tankstellen kann für HVO100 genutzt werden.

Partner der BMW Group bei den aktuellen HVO100-Pilotprojekten ist das finnische Unternehmen Neste. Das hydrierte Pflanzenöl basiert auf der von Neste patentierten NEXBTL-Technologie und wird vollständig aus erneuerbaren Rohstoffen hergestellt. Die Pflanzenöle werden durch eine katalytische Reaktion mit Wasserstoff in Kohlenwasserstoffe umgewandelt. HVO-Diesel ist nicht mit Bio-Diesel gleichzusetzen. Sie unterscheiden sich chemisch und im Herstellungsprozess.

Der Praxiseinsatz in der Transportlogistik der BMW Group soll zeigen, wie sich der erneuerbare Dieselkraftstoff im Alltag bewährt – auch unter wirtschaftlichen Aspekten. „Wir wollen ausloten, welche Antriebstechnologien und Kraftstoffe sich für welchen Einsatz optimal eignen“, so Nikolaides. Dafür wollen die Experten unter anderem den Kraftstoffverbrauch bei unterschiedlicher Beladung, bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Witterungsverhältnissen sowie auf kürzeren und längeren Strecken auswerten.