Bundesnetzagentur: Regelung zur Integration von E-Mobilität und Wärmepumpen
Die Bundesnetzagentur hat die Regelungen festgelegt, wie steuerbare Verbrauchseinrichtungen wie etwa Wärmepumpen und Ladeeinrichtungen für E-Autos sicher und zügig in das Stromnetz integriert werden können.
"Wir treffen Vorsorge, dass Wärmepumpen und Ladeeinrichtungen für E-Autos zügig angeschlossen und sicher betrieben werden können. Wir wollen, dass jeder angeschlossen wird und gleichzeitig alle ein sicheres Netz haben", erklärte Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur.
Ein Netzbetreiber dürfe nun den Anschluss von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen nicht mehr mit Verweis auf mögliche Engpässe verweigern. Müller rechnet damit, dass Eingriffe des Netzbetreibers die zwingende Ausnahme bleiben. Er sieht mit der finalen Regelung die Möglichkeiten der Verbraucher gestärkt, Reduzierungen eigenständig zu koordinieren und dabei selbst erzeugten Strom anzurechnen.
"Verbraucher werden Eingriffe meist kaum bemerken, da ein Basisbezug an Strom gesichert wird. Wenn Engpässe auftreten, muss das Netz ausgebaut werden. Darauf werden wir achten", verspricht Müller und lobte die offene und konstruktive Diskussion der Regelungen in den vergangenen Monaten mit allen Akteuren.
Elektrifizierung von Verkehr und Wärme essentiell
Die Elektrifizierung des Verkehrs- und Wärmesektors reduziere die CO2-Emissionen erheblich, so die Überzeugung der Bundesnetzagentur. Deshalb begrüße man einen umfassenden Ausbau von E-Mobilität und Wärmepumpen. Steuerbare Verbrauchseinrichtungen wie Wärmepumpen und private Ladeeinrichtungen für E-Autos haben höhere Leistungen als die meisten Haushaltsgeräte. Auch beziehen steuerbare Verbrauchseinrichtungen häufiger gleichzeitig Strom. Das Niederspannungsnetz ist in der Lage, einzelne neue Anwendungen aufzunehmen. Auf einen schnellen Hochlauf ist der größte Teil der Niederspannungsnetze aktuell allerdings noch nicht ausgelegt, so die Feststellung. Die Netze müssten daher in einem hohen Tempo optimiert, digitalisiert und ausgebaut werden.
Das Netz im aktuellen Stand stabilisieren
Wo diese Netzoptimierung noch nicht stattgefunden habe, treffe die Bundesnetzagentur mit ihren Regelungen Vorsorge, um die Verkehrs- und Wärmewende zu beschleunigen und die Versorgungssicherheit auch in der Niederspannung zu gewährleisten. Im finalen Entwurf wurden leichte Anpassungen vorgenommen.
- Der Netzbetreiber darf den Anschluss von neuen Wärmepumpen oder privaten Ladeeinrichtungen für E-Autos zukünftig nicht mehr mit Verweis auf mögliche lokale Überlastung seines Netzes ablehnen oder verzögern.
- Im Gegenzug darf der Netzbetreiber, wenn eine akute Beschädigung oder Überlastung des Netzes droht, die Belastung des Netzes reduzieren, indem er den Strombezug steuerbarer Verbrauchseinrichtungen temporär „dimmt“.
- Diese Maßnahme muss sich aus objektiven Kriterien der Netzzustandsermittlung ableiten.
- Die Netzzustandsermittlung stellt die aktuelle Netzauslastung anhand von Echtzeit-Messwerten dar. Zu diesem Zweck ist eine zügige Digitalisierung der Niederspannungsnetze inklusive Erhebung von Echtzeit-Messwerten notwendig.
- Dabei muss eine Mindestleistung immer zur Verfügung stehen, so dass Wärmepumpen betrieben und Elektroautos weiter geladen werden können. Die Netzbetreiber dürfen dabei den Bezug für die Dauer der konkreten Überlastung auf bis zu 4,2 kW senken.
- Damit können Wärmepumpen weiter betrieben und E-Autos in aller Regel in zwei Stunden für 50 Kilometer Strecke nachgeladen werden. Der reguläre Haushaltsstrom ist davon nicht betroffen. Die besonderen Anforderungen von Großwärmepumpen werden berücksichtigt.
Die Bundesnetzagentur geht davon aus, dass Eingriffe nur in Ausnahmefällen erfolgen müssen und ohne wesentliche Komforteinbußen verbunden sein werden. Vollständige Abschaltungen der steuerbaren Verbrauchseinrichtungen sind nicht mehr zulässig.
Verbraucher haben künftig die Wahl
Die Agentur erhöht in der Festlegung die Handlungsmöglichkeiten der Verbraucherinnen und Verbraucher. Sie können einzelne Anlagen direkt vom Netzbetreiber ansteuern lassen. Alternativ können sie wählen, von ihrem Netzbetreiber den Wert für einen zulässigen Strombezug zu erhalten, der insgesamt nicht überschritten werden darf. In diesem Fall koordinieren sie die Reduzierung durch ein Energiemanagementsystem für mehrere steuerbare Verbrauchseinrichtungen eigenständig.
"Selbst erzeugte Energiemengen können eingerechnet werden. Eine Wallbox darf also zum Beispiel mehr Strom beziehen, wenn dieser aus der eigenen Solaranlage stammt. Das Ziel ist es, regelmäßige netzorientierte Steuerungsmaßnahmen zu vermeiden. Der Netzbetreiber ist dafür verpflichtet, das Netz vorausschauend und bedarfsgerecht auszubauen", skizziert die Bundesnetzagentur.
Die Regelungen gelten ab 1. Januar 2024. Für Bestandsanlagen, für die eine Vereinbarung zur Steuerung durch den Netzbetreiber besteht, sieht die Bundesnetzagentur Übergangsregelungen vor. Bestandsanlagen ohne eine solche Vereinbarung bleiben dauerhaft ausgenommen. Nachtspeicherheizungen sollen dauerhaft nicht unter die neuen Regelungen fallen.
Reduzierung des Entgelts
Im Gegenzug für die netzorientierte Steuerung sollen die Betreiber der steuerbaren Verbrauchseinrichtungen ein reduziertes Netzentgelt zahlen. Die Agentur legt außerdem erstmals Rahmenbedingungen für ein variables Netzentgelt fest, die sicherstellen sollen, dass zeitliche Verbrauchsverschiebungen belohnt werden können. Angesichts der großen Unterschiede der Anschluss- und Verbrauchssituationen etabliert man verschiedene Module zur Entgeltreduzierung.
Die Reduzierung besteht entweder aus einem netzbetreiberindividuellen pauschalen Betrag (Modul 1) oder einer prozentualen Reduzierung des Arbeitspreises (Modul 2). Der Betreiber der steuerbaren Verbrauchseinrichtung kann zwischen Modul 1 und 2 auswählen. Für die Variante eines pauschalen Rabatts auf das Netzentgelt (Modul 1) gilt eine bundeseinheitliche Regelung zur Bestimmung des Rabatts je Netzbetreiber. Er kann je nach Netzgebiet zwischen 110 und 190 Euro (brutto) im Jahr betragen. Das entspricht einer Reduzierung um 50 bis 95 Prozent des für den jährlichen Verbrauch eines E-Autos (ca. 2.500 kWh) zu zahlenden Netzentgelts.
"Ein pauschaler Rabatt auf das Netzentgelt dürfte zukünftig in Verbindung mit einem variablen Netzentgelt sehr attraktiv für die E-Mobilität sein", so die Verantwortlichen.
Das Modul 2 beinhaltet eine prozentuale Reduzierung des Arbeitspreises um 60 Prozent. Technische Voraussetzung hierfür ist ein separater Zählpunkt für die steuerbare Verbrauchseinrichtung. Dieses Modell lässt sich mit der Umlagebefreiung für Wärmestrom kombinieren (KWK- und Offshore-Umlage, Umlagebefreiung nach EnFG) und dürfte sich daher in vielen Fällen besonders für Wärmepumpen eignen.
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