Cargobikes erleben anhaltenden Boom - trotz Teileunsicherheit

Bei einer Umfrage gaben die 38 Hersteller an, dass sie 66 Prozent mehr Umsatz erwarten, trotz Unsicherheiten in der Teileversorgung. Die allermeisten Lastenräder sind elektrifiziert.

Schwer im Kommen: Auf der jüngsten Nationalen Radlogistik-Konferenz in Frankfurt und beim Award "Cargobike of the Year" präsentierten zahlreiche Hersteller professioneller Bikes ihre Neuheiten. | Foto: RLVD/Andreas Lörcher
Schwer im Kommen: Auf der jüngsten Nationalen Radlogistik-Konferenz in Frankfurt und beim Award "Cargobike of the Year" präsentierten zahlreiche Hersteller professioneller Bikes ihre Neuheiten. | Foto: RLVD/Andreas Lörcher
Johannes Reichel

In einer nichtrepräsentativen Umfrage unter 38 Herstellern von Cargobikes in Europa und Asien haben diese angegeben, dass sie mit 66 Prozent mehr Lastenrad-Verkäufen in Europa 2021 rechnen. Die zweite "European Cargo Bike Industry Survey" des europäischen CityChangerCargoBike-Projekts (CCCB) unter Federführung der Plattform cargobike.jetzt erstellte die Onlinebefragung mit Cycling Industries Europe und anderen Partnern. Demnach hätten sich die Verkäufe bei den Herstellern von 2020 auf 2021 um (erwartete) 66 Prozent gesteigert, nach 38 Prozent im Vorjahr. Allein in Deutschland wurden 2020 103.000 Lastenräder abgesetzt. Insgesamt sind 92 Prozent elektrisch unterstützt, die 25-km/h-Bikes (Pedelec25) dominieren hier bei weitem. Allerdings hatte die Statistik des Zweirad Industrie Verbandes hier für Deutschland und 2020 einen Anteil von 24,4 Prozent nichtmotorisierter Lastenräder ergeben, also deutlich höher.

Nach Belgien ist Deutschland mit einigem Abstand, aber dennoch der für die Hersteller klar zweitwichtigste Markt für Cargobikes in Europa, gefolgt von Frankreich. 14 der befragten Anbieter sind aus Deutschland. Die Dynamik des belgischen Marktes erkläre sich auch aus effektiven Förderprogrammen, so die Interpretation.   

Forderung der Grünen nach Lastenradförderung umsetzen

Aus aktuellem Anlass verwies man auf beginnenden Koalitionsverhandlungen und die von den Grünen im Wahlkampf erhobene Forderung nach einer bundesweiten Kaufprämie auch für private Lastenräder. Diese wird von der FDP bisher abgelehnt aber inzwischen von der SPD geteilt, wie die sogenannten Wahlprüfsteine ergaben, die der Radlogistikverband Deutschland (RLVD) vor der Wahl abgefragt hatte und die teilweise sehr ausführlich beantwortet wurden.

"Das starke Marktwachstum und teilweise bestehende Lieferschwierigkeiten sind kein Argument gegen eine bundesweite Kaufprämie. Angesichts der Erfordernisse von Klimaschutz und Verkehrswende ist der Markt für Lastenräder noch sehr klein. Die meist kleineren Hersteller haben wenig Kapital für große Investitionen. Und die aktuelle Förderlandschaft aus oft kurzfristigen Kaufprämien von Kommunen und Ländern ist wenig effektiv und gerecht", merkte Arne Behrensen, Geschäftsführer von cargobike.jetzt an. 

Die Ampelkoalitionäre sollten sich auf eine bundesweite Kaufprämie auch für private Lastenräder einigen, von der alle Bevölkerungsschichten profitierten und, die die junge Cargobike-Branche beim schnellen Ausbau von Kapazitäten unterstütze, forderte der Lastenradexperte.

"Zusätzlich muss eine effektive und gerechte Förderung auf Cargobike Sharing setzen. Bundesweit 20.000 Cargobikes in Sharing-Angeboten bis 2025 wären ein ambitioniertes aber angemessenes Ziel!"

In dem Zusammenhang verwies Behrensen auf die am 20. Mai 2022 in Deutschland stattfindene erste europäische Fachkonferenz und Ausstellung zum Cargo Bike Sharing Europe. Partner der von cargobike.jetzt organisierten Konferenz sind u.a. die Cargobike Sharing-Beratungsagentur TINK und der Bundesverband Zukunft Fahrrad. Der Ort der Konferenz werde in Kürze bekanntgegeben. Auf der jüngst zu Ende gegangenen 2. Nationalen Radlogistik-Konferenz in Frankfurt hatten zahlreiche Hersteller ihre Neuheiten präsentiert und teilweise auch an der zweiten Auflage des "Cargobike of the Year"-Award des HUSS-VERLAG teilgenommen.