Cellcentric plant Gigafactory für Fuel-Cell-Lkw und fordert CO2-Steuer

Ihre Kooperation bei der Brennstoffzellen-Entwicklung kündigten Daimler Truck und Volvo schon 2020 an, Anfang März folgte die Gründung des Joint Venture Cellcentric. Jetzt präsentierten die Konzerne ihre Strategie und fordern von der Politik eine faire CO2-Besteuerung für schnellere Kostenparität zum Diesel.   

In einer digitalen Pressekonferenz stellen Daimler Truck und Volvo ihre gemeinsame Brennstoffzellen-Strategie vor. (Bild: HUSS-VERLAG)
In einer digitalen Pressekonferenz stellen Daimler Truck und Volvo ihre gemeinsame Brennstoffzellen-Strategie vor. (Bild: HUSS-VERLAG)
Johannes Reichel
(erschienen bei Transport von Christine Harttmann)

Daimler Truck AG und Volvo Group haben sich bei einer gemeinsamen Pressekonferenz und klar zur wasserstoffbasierten Brennstoffzelle bekannt. Die technischen Grundlagen dafür soll das Brennstoffzellen-Joint Venture Cellcentric schaffen. Ihre Strategie dazu präsentierten Martin Daum, CEO der Daimler Truck AG und Martin Lundstedt, CEO der Volvo Group, in einer gemeinsamen digitalen Veranstaltung. In ungewohnter Einigkeit formulierten sie ihr klares Bekenntnis zum Einsatz von wasserstoffbasierten Brennstoffzellen in Fernverkehrs-Lkw.

Ambitioniertes Ziel: Größter Hersteller von Fuel-Cell-Systemen

Ziel sei, das mit Cellcentric verbundene Vorhaben gemeinsam zu beschleunigen. Sie hätten die Ambition, so sagten sie, mit ihre Joint Venture einer der weltweit führenden Hersteller von Brennstoffzellensystem zu werden. Dazu gehört unter anderem der Aufbau der weltweit größten Serienproduktionen von Brennstoffzellensystemen in Europa. Der Produktionsstart sei, so Daum und Lundstedt einhellig, für 2025 vorgesehen. Beide Cellcentric-Anteilseigner fordern einen einheitlichen regulatorischen Rahmen in der EU, um die Einführung von wasserstoffbasierten Brennstoffzellen schneller voranzutreiben. Dieser soll der Technologie zudem Kostenparität gegenüber konventionellen Antrieben ermöglichen und sie dadurch für Lkw-Kunden zu einer wirtschaftlichen Alternative machen.

Cellcentric wird die Brennstoffzellensysteme entwickeln, produzieren und vermarkten. Der Fokus liegt auf dem Einsatz im Fernverkehrs-Lkw. Damit zahlt das Joint Venture auf einen CO2-neutralen und nachhaltigen Transport in Europa bis zum Jahr 2050 als Teil des European Green Deal ein. Profitieren soll es dabei vom Know-how und der Entwicklungsarbeit sowohl der Daimler Truck AG als auch der Volvo Group.

Aus Sicht der der beiden Nutzfahrzeughersteller ergänzen sich rein batterieelektrisch angetriebene und wasserstoffbasierte Brennstoffzellen-Lkw je nach individuellem Kundeneinsatz: Je leichter die Ladung und je kürzer die Distanz, desto eher wird die Batterie zum Einsatz kommen. Je schwerer die Ladung und je länger die Distanz, desto eher wird die Brennstoffzelle das Mittel der Wahl sein.

„Elektrische Lkw mit wasserstoffbasiertem Brennstoffzellenantrieb werden eine Schlüsseltechnologie für den CO2-neutralen Transport der Zukunft sein“, sagte Martin Daum, Vorsitzender des Vorstands der Daimler Truck AG und Mitglied des Vorstands der Daimler AG.

In Kombination mit rein batterieelektrischen Antrieben könnten die Kunden so – je nach Anwendungsfall – die besten lokal CO2-neutralen Alternativen anbieten. Allein mit batterieelektrischen Lkw werde dies nicht möglich sein.

„Gemeinsam mit unserem Partner stehen wir voll und ganz hinter unserem Brennstoffzellen-Joint Venture Cellcentric und treiben die Entwicklung der Technologie sowie die Vorbereitung der Serienproduktion mit Hochdruck voran. In Bezug auf die notwendige Wasserstoffinfrastruktur ist grüner Wasserstoff langfristig der einzig sinnvolle Weg“, betonte Daum.

Martin Lundstedt, CEO der Volvo Group, ergänzte:

„Es ist unser aller Priorität, die Ziele des Pariser Abkommens spätestens bis 2050 zu erreichen und somit CO2-neutral zu werden. Wir sind davon überzeugt, dass die wasserstoffbasierte Brennstoffzellentechnologie eine wichtige Rolle bei der Erreichung dieses Meilensteins spielen wird.“

Klar sei jedoch auch, dass es dabei um mehr als nur die Elektrifizierung von Maschinen und Fahrzeugen gehe, so Lundstedt weriter.

„Es bedarf einer breiteren Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und privaten Akteuren, um die notwendige Technologie und Infrastruktur zu entwickeln. Deshalb fordern wir ein gemeinsames Vorgehen von politischen Entscheidungsträgern und Regierungen auf der ganzen Welt, um die wasserstoffbasierte Brennstoffzellentechnologie zum Erfolg zu führen.“

Die großen Lkw-Hersteller Europas – auch unterstützt durch die Daimler Truck AG und die Volvo Group – fordern den Aufbau von rund 300 Hochleistungs-Wasserstofftankstellen für schwere Nutzfahrzeuge bis 2025 und von rund 1.000 Wasserstoff-Tankstellen bis spätestens 2030 in Europa. Die gemeinsame Initiative zielt darauf ab, Wasserstoff als Träger von Ökostrom für den Betrieb elektrischer Fernverkehrs-Lkw zu nutzen – ein zentraler Bestandteil der Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs.

Besteuerung von CO2 soll schneller zu Kostenparität führen

CO2-neutrale Lkw seien derzeit erheblich teurer als konventionelle Fahrzeuge. Daher sei ein politischer Rahmen nötig, der sowohl Nachfrage als auch Wirtschaftlichkeit sicherstellt. Die beiden Unternehmen sprachen sich aus diesem Grund für Anreize für CO2-neutrale Technologien sowie ein Besteuerungssystem auf Basis von CO2- und Energiegehalt aus. Ein Emissionshandelssystem könnte nach dem Dafürhalten der Akteure eine weitere Option sein.

Cellcentric arbeitet derzeit die Pläne für seine Großserienproduktion aus und plant eine Standortentscheidung 2022 bekanntzugeben. Als wichtiger Schritt auf dem Weg zur Serienproduktion ist derzeit an einem neuen Standort in Esslingen bei Stuttgart die Vorserienproduktion in Vorbereitung. Parallel dazu erhöht das Joint Venture die laufende Prototypenfertigung. Die Unternehmen wollen in etwa drei Jahren mit der Kundenerprobung von Brennstoffzellen-Lkw beginnen und in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts die Serienproduktion aufnehmen. Alle fahrzeugbezogenen Aktivitäten der Unternehmen finden unabhängig voneinander statt. Beide Hersteller bleiben hier Wettbewerber. Dies gilt für das gesamte Fahrzeug- und Produktportfolio, insbesondere für die Brennstoffzellenintegration in die Fahrzeuge.