CES Las Vegas: Mercedes-Benz Elektro-Transporter kommt 2018

Hersteller kündigt bis 2025 zehn vollelektrisch angetriebene Modelle an. Eines der ersten soll ein Elektro-Transporter sein. Einsatz von Lieferrobotern mit Starship geht 2017 in die offizielle Kundenerprobung.

Selbst ist der Robo: Das mit der Start-Up-Firma Starship pilotierte Roboter-Belieferungs-Konzept hat sich auf knapp drei Millionen Test-Kilometern bewährt. | Foto: J. Reichel
Selbst ist der Robo: Das mit der Start-Up-Firma Starship pilotierte Roboter-Belieferungs-Konzept hat sich auf knapp drei Millionen Test-Kilometern bewährt. | Foto: J. Reichel
Johannes Reichel

Mercedes-Benz will bis 2025 zehn vollelektrisch angetriebene Fahrzeuge auf den Markt bringen. Das kündigte der neue MB-Entwicklungschef Ola Källenius auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas an. Eines davon soll ein vollelektrischer Transporter sein. Wie MB-Vans-Chef Volker Mornhinweg in einem exklusiven Gespräch mit LOGISTRA.de bestätigte, soll es sich dabei nicht um ein originär eigenes Konzept wie die in Las Vegas ausgestellte E-Van-Studie Vision Van handeln, sondern um ein Fahrzeug auf gleicher Plattform eines konventionellen Mercedes-Transporters. Da der Hersteller für 2018 auch die neue Generation des Sprinter avisiert hat, dürfte sich die Aussage auf eine Elektro-Version des Daimler-Bestsellers beziehen, auch wenn der Hersteller sich dabei noch nicht festlegen wollte. Auch die Bemerkung, dass die laderaumerhaltende Unterbringung der Akkus im Unterboden kein Problem sei, deutet in diese Richtung. Hier setzt der Transporterhersteller auf eine "skalierbare" Akkutechnik, die in der eigenen Fabrik des Daimler-Tochterunternehmens Accumotive in Kamenz entwickelt und gebaut werden soll. Die Batterietechnologie bezeichnete der neue Entwicklungsvorstand Källenius als den Schlüsselfaktor für das elektrifizierte Fahren. Diese Technologie soll über alle Produkte des Daimler-Konzerns ausgerollt werden.

 

Elektro-Van:Die Reichweite ist nicht das Problem

 

Laut Volker Mornhinweg hätten die Erfahrungen aus der Kleinserie mit dem Vito E-Cell gezeigt, dass die Reichweite für die meisten Kunden nicht die entscheidende Größe sei und im gewerblichen Bereich und insbesondere bei der stark redundanten City-Belieferung nur wenige Anwender mehr als 100 Kilometer als Tagesfahrleistung erreichten. Daher wolle man eine Bandbreite von etwa 70 bis 270 km anbieten, wie sie etwa auch die Studie "Vision Van" andeute. Die laut Mornhinweg große Resonanz der Kunden auf das bereits zur IAA 2016 präsentierte Konzept bestärke den Hersteller in diesen Plänen. Anders als bei der Reichweite, hält man die Nutzlast für eine wichtigere Größe. Man wolle daher auch europaweit auf eine Sonderregelung wie in Deutschland mit 4,25 Tonnen für Elektrofahrzeuge hinwirken. Dabei werden die Akkus nicht zum Fahrzeuggesamtgewicht gezählt, sodass der Nutzlastnachteil eines Elektrofahrzeugs nicht wirksam wird. Eine Absage erteilte Mornhinweg der Hybridtechnologie im Transporter. "Aus unserer Sicht macht es keinen Sinn, einen teuren Elektroantrieb mit einem teuren Dieselantrieb zu kombinieren. Wir setzen auf den Verbrenner einserseits und vollelektrischen Antrieb andererseits, je nach Anwendungsfall", erklärte Mornhinweg. Zugleich kündigte Kallänius den Start eines "Mild-Hybrid"-Systems mit 48-Volt und integriertem Starter-Generator für dieses Jahr in einem der Mercedes-Pkw an, der die Grenze zwischen konventionellen und Hybrid-Antriebe ohnehin verschwimmen lassen soll. Den Wasserstoffantrieb, wie ihn etwa der koreanische Hersteller Hyundai forciert und auch als Konzept in einem 3,5-Tonnen-Transporter vorgestellt hat, hält Mornhinweg noch auf absehbare Zeit für deutlich zu kostenintensiv.

 

Drohnen und Roboter:Nicht mehr nur Hersteller, sondern Anbieter von "Lösungen"

 

Über das eigentliche Fahrzeug hinaus arbeitet Mercedes-Benz Vans darüber hinaus gemeinsam mit externen Partnern an "Mobilitätslösungen", wie etwa den Einsatz von Drohnen oder Lieferrobotern. Letztere könnten gemeinsam mit dem Start-Up Starship auf absehbare Zeit vor allem in den sogenannte "Residential Areas" sinnvoll zum Einsatz kommen, urbanen Vorstädten wie in den USA typisch. In denen könnten ab 2017 bei ersten Pilotkunden Roboter Pakete im Echteinsatz zustellen. In der bisherigen Versuchsphase hätten die Starship-Roboter bereits 650.000 Kilometer und 2,8 Millionen Kundenaufträge absolviert und auf den letzten ein bis zwei Meilen Zustellunterstützung geleistet. In einem Sprinter sind dabei acht Roboter unter einem Regalsystem aus 54 Boxen untergebracht, die über ein Pick-by-Light-System vom Fahrer bestückt werden. Der Transporter dient dabei also als "mobiler Hub". Die Roboter befördern bei 18 Kilo Eigengewicht bis zu zehn Kilo Nutzlast. Wie Stefan Maurer, Leiter der eigens gegründeten Abteilung "Future Transportation Systems" gegenüber LOGISTRA.de anmerkte, sei der durch die Roboter bedingte Nutzlastverlust dabei nicht kritisch, allenfalls bei Frischdienstwaren stoße man an Grenzen. Die Erfahrungen der ersten technischen Versuche und Praxiseinsätze (etwa bei Hermes oder Media-Saturn, Anm. d. Red.) hätten gezeigt, dass die Roboterbelieferung viel schneller als erwartet von den Kunden und Passanten angenommen würde. "75 Prozent der Leute haben den Starship-Roboter nicht einmal wahr genommen", skizzierte Maurer. Henry Harris-Burland von der Firma Starship ergänzte, die Roboter, die zu 99 Prozent autonom agieren und bei denen der Fahrer immer eingreifen könne, lieferten mit 9 Kameras, Mikrophon, exaktem Tracking und einer Alarmfunktion eine praxistaugliche Ausrüstung. Es habe keinen einzigen Fall von Diebstahl der Systeme gegeben.

 

Für die Anwendung von Drohnen, die Mercedes-Benz-Vans gemeinsam mit dem kalifornischen Anbieter Matternet erprobt und in Las Vegas ein weiteres Mal auf dem Stand präsentierte, sieht Volker Mornhinweg kein Massengeschäft, aber eine Ergänzung für dringend benötigte, eilige und leichte Güter, nicht nur in Vorstädten, sondern auch in der Stadt. "Wir werden keinen Himmel voller Drohnen in den Städten erleben", versicherte auch Matternet-Gründer Andreas Raptopoulos bei einem Gespräch am Stand. Die jüngst präsentierte zweite Generation der voll autonom agierenden Matternet-Technologie M2 befördert Lasten bis zu zwei Kilogramm Gewicht, erzielt mit einer Batterieladung bis zu 20 Kilometer Reichweite und nutzt in dem Konzept das Dach des Transporters als Start- und Landeplatz.

 

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