City-Logistik: Neue Technologie für den Stadtverkehr

Die Forschungsinitiative UR:BAN will den Stadtverkehr der Zukunft sicherer gestalten. Entwickelt werden sollen neue Fahrerassistenz- und Verkehrsmanagementsysteme speziell für die Stadt.
Beim Szenen-Labeling klassifiziert ein kamerabasiertes System Verkehrssituationen und detektiert alle für die Fahrerassistenz wichtigen Objekte – vom Radler über den Fußgänger bis zum Rollstuhlfahrer. | Foto: Daimler
Beim Szenen-Labeling klassifiziert ein kamerabasiertes System Verkehrssituationen und detektiert alle für die Fahrerassistenz wichtigen Objekte – vom Radler über den Fußgänger bis zum Rollstuhlfahrer. | Foto: Daimler
Tobias Schweikl

Den Verkehr der Zukunft sicherer und effizienter zu gestalten – dies hatten sich die Partner der Forschungsinitiative UR:BAN zum Ziel gesetzt. UR:BAN steht für „Urbaner Raum: Benutzergerechte Assistenzsysteme und Netzmanagement“. 31 Partner aus Automobil- und Zulieferindustrie (darunter der Nutzfahrzeughersteller MAN und die Pkw-Sparte von Daimler), Elektronik- und Softwarefirmen, Universitäten sowie Forschungsinstitute und Städte entwickelten gemeinsam neue Fahrerassistenz- und Verkehrsmanagementsysteme für die Stadt. Zum Ende der vierjährigen Forschungsaktivitäten wurden nun die Ergebnisse vorgestellt.
Für MAN war die Interaktion von Fahrer und Fahrzeug übergreifendes Thema in den drei Teilprojekten Mensch im Verkehr, Vernetztes Verkehrssystem und Kognitive Assistenz. Im Teilprojekt „Mensch im Verkehr“ etwa hat MAN ein Anzeige- und Bedienkonzept für einen sogenannten intelligenten Temporegler entwickelt. Ein solches System kann mittels digitaler Karten und Kommunikation mit der Infrastruktur die für das Fahrzeug auf der Fahrstrecke relevanten Daten und Ereignisse erfassen, beispielsweise Tempolimits und Ampelphasen, Kurven und Abbiegungen. Abhängig davon kann ein solcher Assistent die kraftstoffsparendste Fahrstrategie auf der Route berechnen und die Geschwindigkeit geeignet regeln. Beispielsweise kennt das System bereits ein Stoppschild hinter der Kurve, bevor es der Fahrer sehen kann, und lässt den Lkw entsprechend früh ausrollen. Oder das Fahrzeug fährt auf eine rote Ampel zu, ohne die Geschwindigkeit zurückzunehmen, weil es weiß, dass die Ampel in den nächsten Sekunden auf grün schalten wird.
Im Teilprojekt „Vernetztes Verkehrssystem“ hat MAN einen Grüne-Welle-Assistenten entwickelt. Dieser kann die Grünphasen von Ampeln optimal nutzen und damit Kraftstoff sparen sowie Verschleiß und Geräuschemissionen reduzieren. [pagebreak]
Die Daimler AG legte den Schwerpunkt ihrer Aktivitäten auf die Unfallvermeidung. Mit dem so genannten „Szenen-Labeling“ klassifiziert ein kamerabasiertes System Verkehrssituationen und detektiert alle für die Fahrerassistenz wichtigen Objekte – vom Radler über den Fußgänger bis zum Rollstuhlfahrer. Forscher der Abteilung „Umgebungserfassung“ haben ihrem System gezielt tausende Bilder verschiedener deutscher Städte gezeigt, in denen sie manuell 25 verschiedene Objektklassen wie Fahrzeuge, Radfahrer, Fußgänger, Straße, Gehsteig, Gebäude, Pfosten oder Bäume gekennzeichnet hatten. Anhand dieser Beispiele hat das System gelernt, auch unbekannte Objekte automatisch zu klassifizieren und so alle für die Fahrerassistenz wichtigen Objekte auch bei starker Verdeckung und in großen Entfernungen zu detektieren.
Auf der Abschlussveranstaltung demonstrierten die Daimler-Forscher die Ergebnisse in insgesamt fünf verschiedenen Versuchsträgern. Neben der Echtzeitpräsentation des Szenen-Labelings zeigte ein weiteres Testfahrzeug bildgebende Radarsysteme, die mittlerweile nicht nur bewegliche Objekte sondern auch eine statische Umgebung umfassend auflösen und sichtbar machen können. Und das auch bei Nebel und schlechter Witterung. Zudem kann durch den sogenannten Mikrodoppler die Signatur von sich bewegenden Fußgängern und Radfahrern eindeutig klassifiziert werden.
Zusätzlich wurde in der Messehalle vorgestellt, wie durch die Sensorfusion Umfelddaten von Radar- und Kamerasensoren zu einem Umfeldmodell zusammengeführt werden. Das Modell berücksichtigt nicht nur Orte und Geschwindigkeiten der verschiedenen Verkehrsteilnehmer, sondern zusätzlich auch Attribute wie Art und Ausdehnung der Objekte. Auch im Realverkehr vorkommende unvollständige Sensordaten und fehlende Informationen fließen in das Umfeldmodell ein.
Die Forschungsinitiative ist mit einem Budget von 80 Millionen Euro ausgestattet. 40 Millionen Euro davon trägt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie.