CO2-neutrale Mobilität: Energy4Mobility Talk diskutiert die Rolle des Wasserstoffs

Beim Energy4Mobility Talk der Messe Frankfurt diskutierten am 15. Juni Experten aus Wirtschaft und Verbänden in München die Rolle des Wasserstoff auf eine CO2-freie Mobilität.

Welche alternativen Kraftstoffe sind ausreichend verfügbar und schnell und effizient einsetzbar? Darüber diskutierten Experten aus Wirtschaft und Verbänden beim Energy4Mobility Talk am 15. Juni in München.
Welche alternativen Kraftstoffe sind ausreichend verfügbar und schnell und effizient einsetzbar? Darüber diskutierten Experten aus Wirtschaft und Verbänden beim Energy4Mobility Talk am 15. Juni in München.
Tobias Schweikl
(erschienen bei PROFI-Werkstatt von Tobias Schweikl)

Der Verkehrssektor ist für 20 Prozent der gesamten CO2-Emissionen in Deutschland verantwortlich. Im Gegensatz zu vielen anderen Bereichen sind die Treibhausgase beim Verkehr in den letzten Jahren noch angestiegen und zwar um 7 Prozent seit 1990. Laut Klimaschutzgesetz soll der CO2-Ausstoß bis 2030 halbiert, bis 2045 auf Null reduziert werden.

Doch welche alternativen Kraftstoffe sind ausreichend verfügbar und schnell und effizient einsetzbar? Darüber diskutierten Experten aus Wirtschaft und Verbänden beim Energy4Mobility Talk am 15. Juni in München. Diesmal griff die Talkreihe der Messe Frankfurt das Thema Wasserstoff auf. Experten von Arthur Bus, Cryomotive, Gumpert Automobile, Hydrogen Europe, Linde, Mobil in Deutschland und UnternehmerTUM diskutierten über die Frage: Welche Rolle spielt Wasserstoff für eine CO2-neutrale Mobilität?

Michael Johannes, Vice President Mobility & Logistics Messe Frankfurt, erklärte: “Wir haben die Expertentalk-Reihe ins Leben gerufen, weil es ohne alternative Antriebsenergien keine Mobilitätswende geben wird. Deshalb will die Messe Frankfurt diesem Thema eine Plattform bieten und wichtigen Playern die Gelegenheit geben, ihre innovativen Projekte und Ideen vorzustellen, sich auszutauschen und zu vernetzen.”

Matthias Braun, Advisor Aramco Research Center (Paris), ergänzte: „Ich begrüße sehr, dass die Messe Frankfurt diesen Energy4Mobility-Talk organisiert, den ich gerne unterstütze. Antriebsarten gibt es mehrere, die auch alle im Wettbewerb stehen müssen. Wasserstoff ist eine sehr wichtige zukünftige Antriebsart. Es ist sehr gut, dass Speaker aus verschiedenen Verkehrsarten, auch Lkw und Sportwagen, und auch aus dem Bereich Energie, Service usw. hier zusammenkommen und sich vernetzen.“

Das Aramco Research Center Paris arbeitet gerade mit Hyundai und Bosch in Wien an einer neuen Wasserstoff-Verbrenner-Generation. Außerdem verfolge Aramco das Ziel, Deutschland in Zukunft mit grünem Wasserstoff zu versorgen.

In seinem Vortrag zum Thema „Sinnvoller Einsatz von Wasserstoff im Verkehr“ veranschaulichte Dr. Ing. Simon Herzog, Senior Project Lead UnternehmerTUM GmbH, am Beispiel eines Langstreckenflugs, dass es nicht gelingen werde, alle Verkehrsträger vollständig zu elektrifizieren. Wasserstoff werde in Zukunft eine wichtige Rolle spielen, zumal davon auszugehen sei, dass die Kosten für Wasserstoff sinken werden.

Deutschland werde kein großer Wasserstoffproduzent werden, resümierte Dr. Ing. Simon Herzog. Beim Thema Wasserstoff sähe man, dass speziell in Regionen weltweit, wo man günstige Elektrizität hat, in großem Umfang stark auf Wasserstoff gesetzt wird, allen voran in Norwegen und in einigen Regionen in den USA. Deutschland sei insbesondere als Technologielieferant vergleichsweise gut aufgestellt, werde aber höchstwahrscheinlich nicht das Land sein, das Wasserstoff in großem Stil produzieren wird, weil es ein sehr energieintensives Unterfangen ist.

Wasserstoff ist Stand der Technik

Dass Wasserstofftanken schon seit vielen Jahren möglich ist und die Technologie dem neuesten Stand der Technik entspricht, betonte Thomas Schaefer, Business Development Manager Linde GmbH, in seinem Vortrag zur effizienten Betankungstechnologie für H2-Fahrzeuge. Linde hat inzwischen unterschiedliche Wasserstofftankstellen weltweit gebaut, die alle Arten von Betankung für Pkw, Lkw, Busse, Züge und andere Nutzfahrzeuge bieten. Momentan beschäftige man sich auch mit dem Thema grüner Wasserstoff, was nicht einfach umzusetzen sei, da dies nicht nur die Produktion selbst betreffe, sondern auch den Transport. Doch dies sei nur eine Frage der Zeit. Global betrachtet gäbe es kein Energieproblem, in Afrika beispielsweise sei 200 Mal mehr Energie vorhanden als vor Ort verbraucht werde. Es gäbe kein Energieproblem, sondern ein Verteilungsproblem.

Zum Thema Kryodruck Wasserstoff für den Schwerlastverkehr referierte Daniel Duschek, Leiter für Anforderungsmanagement und RCS Cryomotive GmbH. Dabei sprach er sich für ein Regelwerk und die Etablierung eines internationalen Standards beim Thema Wasserstoff aus. Für Zulieferer brauche man einen einheitlichen Standard. Es könne nicht sein, dass ich das Produkt in eine Anwendung einbauen darf und in eine andere nicht, weil dort höhere Sicherheitsauflagen erfüllt werden müssen. Es gäbe hier unterschiedliche Richtlinien, die harmonisiert werden müssten.

Was die Arbeit an entsprechenden Regularien angeht, sei Deutschland hier recht aktiv: „Wir haben das Know-how, dass wir neue Technologien beschreiben können, dass wir sie abgrenzen können zu bestehenden Technologien, und die Synergien nutzen können. Wir haben in Deutschland in dem Segment eine sehr starke Community, die das Ganze unterstützt und im internationalen Segment auch weiter aufbaut.“

Auch bei der Infrastruktur müssten noch Standards entwickelt werden, so gibt es beispielsweise beim Tanken von Wasserstoff viele unterschiedliche Systeme.

Das Start-up Arthur Bus GmbH hat sich zum Ziel gesetzt, die Zukunft der emissionsfreien Mobilität zu gestalten. Dazu erklärte Philipp Glonner, CEO und Co-Founder: „Wir wollen die Herausforderungen der modernen Mobilität lösen - und zwar jetzt. Dies erfordert zugängliche und bezahlbare Lösungen.“

Den Teilnehmer*innen stellte Glonner das innovative Energiekonzept des „ARTHUR“-Brennstoffzellenbusses vor, der einen Wasserstoff-Verbrauch von unter sechs Kilogramm pro 100 Kilometer aufweist. Das Unternehmen bietet nicht nur emissionsfreie Busse an, sondern ist auch Systemhersteller.

Technologieoffen bleiben

Einen Ausblick auf E-Fuels und die Zukunft des Verbrenners in Deutschland gab Dr. Michael Haberland, Präsident Mobil in Deutschland e.V. Er führte aus, dass es bei 48 Mio. Verbrenner-Fahrzeugen in Deutschland nicht möglich sei, diese alle in Zukunft elektrisch zu betreiben, da die Kapazitäten zum Laden der Batterie zu Spitzenzeiten nicht ausreiche.

Klimaschutz und klimaneutrale Mobilität sei auch für Verbrenner möglich. So könnten Fahrzeuge mit E-Fuels betrieben werden – oder auch zukünftig mit anderen Kraftstoffen wie Wasserstoff.

Für den Einsatz von grünem Methanol als Kraftstoff der Zukunft sprach sich Roland Gumpert, CEO Gumpert Automobile GmbH, aus. Das Unternehmen entwickelte die „Gumpert Power Cell“ mit einer Methanol-Brennstoffzelle. Diese ist für alle Verkehrsträger nutzbar, der Fokus des Unternehmens liege aber auf Lkw, da die Transport- und Logistikbranche hier dringend eine Lösung brauche.

Dazu erklärte Roland Gumpert: „Das nächste Projekt ist ein 40 Tonnen-Lkw, der von München aus nach Spanien fahren soll, in einem Stück ohne Anzuhalten, und nicht wie ein Batterie-Lkw, der in Spanien dann drei Tage zum Aufladen bräuchte.“

Die Gumpert Automobile GmbH hat das Ziel, Lieferant von den OEMs zu werden und arbeitet auch an einer Produktdiversifizierung. So ließe sich damit auch das Energieproblem lösen, indem man die Abwärme der „Gumpert Power Cell“ zum Beheizen eines Haus nutzen könne.

Roland Gumpert ist überzeugt, „dass unsere Technologie in Zukunft eine Haupttechnologie werden wird und einen Großteil der anderen veralteten Technologien ersetzt, die die Umwelt belasten und Emissionen freisetzen.“

Wasserstoff wird benötigt

In der Diskussionsrunde waren sich die Experten einig, dass Wasserstoff für eine emissionsfreie Mobilität benötigt werde. Nur mit Elektromobilität werde die Mobilitätswende nicht gelingen. Technologieoffenheit sei das Gebot der Stunde.

Es würden vermutlich parallel unterschiedliche Technologien zum Einsatz kommen, je nach Einsatzzweck, Verkehrsträger und Distanz, die es zu bewältigen gelte. Einigkeit herrschte auch unter den Teilnehmer*innen, dass die Vernetzung der Akteure wichtig sei und die Diskussion weitergeführt werden müsse. Denn nur gemeinsam könne die Mobilitätswende gelingen.