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CONFERENCE DAYS 2024: Digitale Tools und Prozesse in der Nfz-Werkstatt

Welchen Nutzen hat die digitale Vernetzung von Werkstattgeräten für den Betrieb? Und sind Kfz-Schulungen per VR-Brille nicht realitätsfremd? Einblick in den Themenkomplex gaben die Referenten Frank Beaujean, Geschäftsführer von Asanetwork, sowie Stephan Weinrich von der TÜV SÜD-Akademie.

Chefredakteur Tobias Schweikl, ASA-Präsident und Geschäftsführer von Asanetwork Frank Beaujean und Stephan Weinrich von der TÜV SÜD Akademie sprechen über die beiden Themen digitale Einbindung von Werkstattgeräten in das Managementsystem sowie die Schulung von Mitarbeitern mittels Virtual Reality (VR). | Screenshot: Claudia Leistritz.
Chefredakteur Tobias Schweikl, ASA-Präsident und Geschäftsführer von Asanetwork Frank Beaujean und Stephan Weinrich von der TÜV SÜD Akademie sprechen über die beiden Themen digitale Einbindung von Werkstattgeräten in das Managementsystem sowie die Schulung von Mitarbeitern mittels Virtual Reality (VR). | Screenshot: Claudia Leistritz.
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Tobias Schweikl
(erschienen bei PROFI-Werkstatt von Claudia Leistritz)

Eine Session der Truck & Bus-Bühne bei den diesjährigen digitalen CONFERENCE DAYS des HUSS-VERLAGs gab unter dem Titel "Von der Diagnose bis zur Reparatur: Digitale Tools in der Nutzfahrzeugwerkstatt" Einblick in Themen, die in ganz unterschiedlicher Weise den Werkstattservice tangieren. So ging es zunächst darum, wie stark die Einbindung von Werkstattgeräten in die Managementsoftware die Betriebsabläufe erleichtern kann. Der zweite Vortrag zeigte den Nutzen für Unternehmen, wenn Schulungsinhalte mit modernsten Technologien vermittelt werden.

Unter der Moderation von PROFI Werkstatt-Chefredakteur Tobias Schweikl referierte Frank Beaujean, Geschäftsführer des allgäuer Softwareunternehmens Asanetwork, über den konkreten Nutzen der mittlerweile weit verbreiteten „Network“-Werkstattsoftware zur Vernetzung verschiedener Anlagen in Kfz- und Nfz-Werkstätten. Der Vortrag von Stephan Weinrich, Spezialist für per Virtual Reality (VR) vermittelte Schulungsinhalte bei der TÜV SÜD Akademie, drehte sich um die Möglichkeiten und Grenzen der simulierten Trainingswelt.

Schnittstellenstandard vereinfacht Service in Werkstätten

Frank Beaujean informierte über den Nutzen und die Voraussetzungen für Werkstattbetriebe, wenn sie die Vernetzungslösung für Werkstattgeräte „Workshop Net“ in die eigene Managementsoftware einbinden wollen. Der 58-jährige weiß als Geschäftsführer von Asanetwork aus der jahrzehntelangen Entwicklungsgeschichte der Anwendung bis zur heutigen Perfektionierung zu berichten und verfügt als ehrenamtlicher Präsident im Bad Reichenhaller ASA-Verband (Bundesverband der Hersteller und Importeure von Automobil-Sevice-Ausrüstungen e.V.) sowie auf europäischer Ebene im EGEA-Verband (European Garage Equipment Association) über umfassenden Einblick in die Erfordernisse der Branche.

Die Basis zu Workshop-Net wurde 1998 mit der Gründung von Asanetwork gelegt. Das Unternehmen versuchte einen Schnittstellenstandard zu etablieren, der eine erleichterte, herstellerunabhängige Kommunikation zwischen Automobilservice-Ausrüstungen und Warenwirtschaftssystemen beziehungsweise der Managementsoftware erlaubt. Nach anfänglichen Schwierigkeiten, die auf die geringe Verbreitung und Kenntnis, aber auch mangelnde technische Ausstattung zurückzuführen waren, läuft die Anwendung heute recht simpel per FritzBox oder ähnlicher Geräte. Und auch der jeweilige Anschluss verläuft reibungslos, da heutzutage fast alle Werkstattgeräte bereits über eine Schnittstelle für die Kommunikation mit der Software verfügen.

Netman verbindet Geräte mit Managementsoftware

Voraussetzung zur Nutzung ist lediglich ein ständig angeschalteter Server oder „Meister-PC“, auf den der „Netman“ als Software installiert wird. Dann braucht es nur noch ein Warenwirtschaftssystem oder DMS (Datenmanagementsystem) mit Workshop-Net Schnittstelle, das die hierüber gesammelten Gerätedaten beispielsweise für die Dokumentation einzelner Arbeitsschritte in das System einfließen lässt.

Sind alle nötigen Tools installiert, baut sich die Sitzung nach jedem Einschalten von selbst auf. Der Ablauf: ein Auftrag wird digital erteilt, zum Beispiel eine AU-Testung. Der Mechaniker sieht den Auftrag auf seinem Bildschirm, aktiviert den Vorgang und blockiert damit automatisch den Zugriff für andere Nutzer. Nach Fertigstellung der Maßnahme kommt der Auftrag über die Anwendung inklusive aller separat mitgeschickter Messdaten wieder zurück. Im System können dann alle Daten immer wieder leicht eingesehen werden. „Das Workshop-Net schließt die digitale Lücke in die Werkstatt“, sagt Beaujean.

„Alles ist vernetzbar“

Ein umständliches Arbeiten mit Klemmbrett entfällt also. Über diesen Weg kommunizieren können praktisch alle Geräte, die in Werkstätten üblicherweise gebraucht werden: vom Achsmess- oder Klimaservicegerät über Reifenmontier- und Scheinwerfereinstellprüfgeräte bis zur Diagnoseanwendung. Besonders auch SP-Betriebe könnten ihre Sicherheitsprüfungen mit der Anwendung effizienter gestalten. Wichtig in diesem Fall: auch für diese Nutzung ist die Netman-Software von Workshop-Net erforderlich, die sich mit der AÜK-Plus-Software für akkreditierte Überprüfungen im Kraftfahrzeuggewerbe verbindet. So lassen sich dann auch beispielsweise Abgasuntersuchungen (AU) durchführen. Händische Dateneingaben entfallen, da alle Informationen inklusive Fahrzeugdaten im System übernommen werden.

In der Regel gratis

Wer sich für die Lösung interessiert, kann Workshop-Net kostenlos über die Website herunterladen und 15 Werktage lang risiko- und kostenfrei testen. Beaujean: „Das ist simpel wie eine App aus dem Google-Playstore“. Wer sich dann dafür entscheidet, müsste eigentlich eine einmalige Lizenz von 829 Euro hinlegen – das macht aber kaum einer, der über die übliche Werkstattausrüstung verfügt: denn hat der Betrieb ein Gerät aus einer der über 15 akzeptierten Marken (Bosch, Beissbarth, Josam, Maha, Hofmann …) in der Werkstatt, erkennt das der Netman und aktiviert automatisch eine kostenlose Lizenz.

Zur Akzeptanz berichtet Beaujean, dass nicht nur größere, sondern auch 4 bis 6-Mann-Betriebe die Lösung nutzten. Nebenbei könne die Anwendung aber auch den Fachkräftemangel abmildern, weiß der Branchenexperte zu berichten: Da derzeit viele Mitarbeiter an die Industrie verloren gingen, sei Workshop-Net in diesem Fall auch als „produktivitätssteigerndes Tool“ von Interesse. Europaweit sei die Anwendung derzeit bei einigen tausend Nutzern in Gebrauch, wobei die Akzeptanz mit der Größe der Werkstätten zunehme.

Virtual Reality bei TÜV SÜD-Kursen

Im zweiten Vortrag ging es um neueste Methoden der Weiterbildung im Kfz-Gewerbe durch die TÜV SÜD Akademie. Das Ausbildungsinstitut für die Kfz-Branche mit Sitz in München wurde 1986 gegründet und beschäftigt deutschlandweit an 16 Standorten rund 2.300 freiberufliche Trainer. Das Angebot scheint weit über die bundesdeutschen Grenzen hinaus in Ansehen zu stehen. Jährlich durchlaufen um die 200.000 Teilnehmer die in rund 600 Seminarthemen angebotenen Kurse, und laut Referent Stephan Weinrich kämen immer mehr Anfragen aus dem weltweiten Ausland herein.

Kein Wunder, da die Akademie auch online zahlreiche Kurse anhand der drei Vermittlungsmethoden E-Learning, XR Trainings sowie Virtuelles Klassenzimmer listet. Im Vergleich zu den anderen beiden fallen die unter der Marke „Ivee“ angebotenen XR Trainings (für "Extended Reality", erweiterte Realität) zahlenmäßig noch bescheiden aus. Doch das könnte sich schnell ändern. Auf der Website heißt es:

„Extended Reality (XR) entwickelt sich rasant und wird in Zukunft eine bedeutende Rolle in der Schulung und Fortbildung von Mitarbeitenden einnehmen. Schon heute können gefährliche Situationen mittels Virtual Reality für Training und Fortbildung simuliert werden. Eine 3D-Brille oder ein Computer sind in sehr vielen Fällen vollkommen ausreichend.“

Mit dem Tool sollen Mitarbeiter schneller fit gemacht werden für die Praxis, was in erster Linie heißt, dass sie auf schnelle und unkomplizierte Weise ohne zusätzlichem Aufwand mit neuen Sachverhalten vertraut gemacht werden können. Ivee beschäftigt sich als Innovationsabteilung der TÜV SÜD Akademie mit digitalen Prozessen in Betrieben und bringt dazu „die Virtual Reality in die Unternehmen“, wie der VR-Experte der Abteilung Stephan Weinrich erklärt.

Praxis ersetzen

In dieser Funktion bietet Ivee „immersive“ Medien an, was bedeutet „weg von der eigentlichen Realität“. Der Fokus liegt hier auf allen Szenarien, die über die VR-Brille vermittelt werden können, aber auch zum Beispiel virtuelle 360°-Touren oder explorative „Serious Games“ werden angeboten.

Zu den Vorteilen der Lösung zählt vor allem die Möglichkeit, gefährliche Situationen auf sichere Weise beliebig oft durchspielen zu können, so dass der Lernerfolg mit der Möglichkeit des kontinuierlichen Übens steigt. Auch ist kein aufwendiges oder teures Equipment erforderlich. Bisher hat das Unternehmen mehr als 4.000 Leute vor allem im TÜV SÜD-internen Bereich mit dieser Methode geschult, die „die Praxis unter der Brille komplett ersetzen“ könne, also die konkrete Auseinandersetzung am Objekt für die Schulungszeit hinfällig mache.

Ivee bietet hierfür verschiedene VR-Tools, für die zum Kennenlernen ein freier Testzugang  erfragt werden kann. Die Lerninhalte reichen von der chemischen Sicherheit über die E-Mobilität und Logistik bis zur Arbeitssicherheit. Auch Freischaltsimulationen von HV-(Hochvolt-)-Systemen an beispielsweise Elektrofahrzeugen lassen sich über diesen Weg einüben. Laut Weinrich wird die Methode im Pkw-Bereich schon vielfach genutzt und steht voraussichtlich bald auch für die Anwendung im Bereich Nfz zur Verfügung.

Funktioniert reibungslos

Besonders beliebt ist das Werkstatt-Tool Workshop-Net laut Beaujean vor allem wegen des ressourcensparenden Nutzens. Die Abläufe würden wesentlich vereinfacht und als Erleichterung wahrgenommen, da viel Administration wegfalle. Das sei heute ganz anders als noch vor zehn oder zwanzig Jahren, als die Anwender mit Problemen oft alleine gelassen wurden und kaum Ansprechpersonen zur Verfügung standen. Workshop-Net begleite die Kunden und sei seit 2018 auch über eine Hotline stets erreichbar „wir lassen niemanden allein zurück“, so Beaujean. Seitdem nehme die Verbreitung der Lösung „exponential zu, da haben wir viel getan in den letzten Jahren“. Und zum fehlerfreien Anschluss: heute seien praktisch alle neuen Geräte mit ihrer Schnittstelle entsprechend zertifiziert, so dass die Kommunikation mit dem System reibungslos funktioniert.

Angebot an VR-Anwendungen steigt

Unternehmen überzeuge bei der VR-Anwendung vor allem der kostensparende Nutzen, die effiziente Wirkung, der Arbeitsschutz, da mit VR-Methoden sehr wirksam auch auf die Realität vorbereitet werden könne. Auch seien für den konkreten Praxisbereich in der Werkstatt bereits Anwendungen in Arbeit, die bei konkreten Anwendungsfällen am Fahrzeug helfen könnten. Allerdings sei ein virtuelles Szenario nicht in jedem Fall konkret in der Praxis einsetzbar. Entsprechende Ideen für diesen Einsatzbereich würden jedoch gegenwärtig bereits geprüft.

Insgesamt von Nutzen

Allgemein sei die Anwendungsbandbreite für die Digitalisierung praktisch unbegrenzt. Wo „Zeit viel Geld ist“, so Beaujean, lohne sich die Digitalisierung wegen der beschleunigten Abläufe ganz besonders. Digitale Lösungen könnten vor allem auch im kostenintensiven Nutzfahrzeugbereich zum Sparen beitragen.

Fachkräftemangel managen

Wie Beaujean bestätigt, verlieren die Werkstätten trotz ausgezeichneter Auftragslage – derzeit tendieren viele Fahrzeughalter eher zur Fahrzeugreparatur als zum Neukauf – ihre Leute an die Industrie. Ein gewisser Teil der Arbeit lässt sich durch online-Portale zur Weitervermittlung von Aufträgen abfangen. Gerade Aufgaben, die keinen Mehrwert versprechen, sollten an digitale Anwendungen abgegeben werden, meint Beaujean. Wo jedoch wirklich „der Mensch“ gebraucht wird für die Arbeit am Fahrzeug, müsse dieser gerade unter den gegenwärtigen Bedingungen so weit wie möglich entlastet werden – hierzu könne die Digitalisierung beitragen.

Auch Stephan Weinrich bestätigt, digitale Tools könnten die Menschen wie beispielsweise Kfz-Meister in der Vermittlung von Fachkenntnissen nicht ersetzen, seien jedoch äußerst hilfreich zur Unterstützung von Betrieben und Unternehmen, die auf diesem Weg in der Lage seien, ihre Mitarbeiter ohne großen Zeitverlust schulen zu lassen. Die große Bedeutung der Weiterbildung beziehungsweise Mitarbeiterbindung innerhalb der Betriebe werde stark unterschätzt. Weinrich: „Man sollte weniger Bewerbungs- sondern mehr Bleibegespräche führen.“

Kundennähe und Digitalisierung sind die Zukunft

Beide sind überzeugt, dass in der heutigen Zeit vor allem die Kundennähe und begleitend dazu die  Digitalisierung der Werkstattbetriebe entscheidende Erfolgsfaktoren darstellten. Davon tangiert ist auch die für Werkstätten wichtige, gegenwärtig in Brüssel verhandelte sektorspezifische Regelung für den Fahrzeugdatenzugang. Verbände wie der ASA kämpfen um den Zugang zu den Hersteller-Fahrzeugdaten für freie Werkstätten, so dass Fahrzeughalter einerseits selbst ihre Werkstatt auswählen können und andererseits die Betriebe ihren Serviceleistungen ungehindert nachkommen und Wartezeiten minimieren können.

 

Hintergrund: Conference Days

Die CONFERENCE DAYS 2024 des HUSS-VERLAGS, in dem auch LOGISTRA erscheint, sind eine fünftägige digitale B2B-Veranstaltung für die Branchen Logistik & Intralogistik, Truck & Bus sowie Automotive & Taxi. Im Mittelpunkt stehen vom 10. bis 14. Juni die Wissensvermittlung zu aktuellen Themen sowie das Networking. Weitere Informationen zur kostenlosen Teilnahme und zum Programm der CONFERENCE DAYS 2024 sind zu finden unter https://conference-days.de. Bis auf Weiteres ist jede Session als Aufzeichnung im Programm auf der Plattform abrufbar.

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