Conti-Studie: Spritsparen für Fahrer kein Thema, für Fuhrparkmanager umso mehr

Mobilitätsstudie stellt Verbesserungsbedarf bei Fahrern im Hinblick auf Effizienz fest. Große Chancen sehen Fuhrparkmanager in Spritspartechnologie, im automatisierten Fahren dagegen kaum. Studie: "Fahrer schwerer zu finden als ein Rechtsanwalt".
In die Jahre gekommen: Die Fahrer zeigen sich mit der vorhandenen Infrastruktur alles andere als zufrieden. Stellplätze, Sanitäranlage, Straßenzustand, überall üben die Fahrer Kritik. | Foto: Conti
In die Jahre gekommen: Die Fahrer zeigen sich mit der vorhandenen Infrastruktur alles andere als zufrieden. Stellplätze, Sanitäranlage, Straßenzustand, überall üben die Fahrer Kritik. | Foto: Conti
Johannes Reichel

Laut der aktuellen Mobilitätsstudie des Zulieferunternehmens Continental beurteilen Fahrer und Fuhrparkmanager das Thema "CO2-Effizienz" und "Spritsparen" völlig unterschiedlich. Im Kontext von Kostendruck und den in der Branche erwarteten stärkeren Umweltauflagen, zeigten die Aussagen der Fahrer zu spritsparendem Verhalten noch Optimierungsmöglichkeiten auf, formulierten die Autoren der Studie. Im Nahverkehr bis 150 Kilometer Radius sagen 28 Prozent der Befragten Fahrer in Deutschland, dass spritsparendes Fahren in ihrer Firma kein großes Thema sei. Gleiches sagen immerhin 19 Prozent der im nationalen beziehungsweise internationalen Fernverkehr eingesetzten Fahrer. Auch fast die Hälfte der Fahrer von Kleintransportern und Lastwagen bis 7,5 Tonnen betonen: Spritsparendes Verhalten sei kein großes Thema. Laut der Studie erhalten bislang selbst im internationalen Fernverkehr nur 16 Prozent der Fahrer Anreize, spritsparend unterwegs zu sein. Besonders schwierig ist die Situation nach Angaben der Experten für kleine und mittlere Transportunternehmen.

Bei Flotteninhabern und -managern stehen dagegen Technologien, die Spritsparen unterstützen sowie Reifendruckkontrollsysteme, die über den korrekten Reifendruck maßgeblich den Verbrauch ebenfalls beeinflussen helfen, auf Platz 2 beziehungsweise 3 der Wunschliste der Anschaffungen. Mit den heute eingesetzten Nutzfahrzeugen zeigt sich die Branche überwiegend zufrieden: Dies gilt vor allem in puncto Zuverlässigkeit (67 Prozent) sowie Service und Wartung (64 Prozent).

In dem Kontext CO2-Reduktion und Effizienz sehen 82 Prozent der befragten deutschen Logistiker in den ehrgeizigen Klimazielen der Europäischen Union bis 2030 und den damit verbundenen immer strengeren Umweltauflagen eine große Herausforderung. „Elektromobilität fehlt mir vollkommen. Die gibt es nur als Umrüstfahrzeuge. Im Lkw-Bereich wäre Elektromobilität viel sinnvoller als im Pkw-Bereich“, zitiert die Studie einen Fachmann. „Die Aerodynamik der momentanen Fahrzeuge entspricht der einer Schrankwand. Warum können Lkw nicht auf der Autobahn eine Nase ausfahren oder Spoiler? Der Seitenspiegel gehört weg, anstelle dessen eine Kamera“, sagt ein anderer Experte.

Zufrieden äußerte sich die Mehrheit der Berufskraftfahrer über ihre Pausen- und Ruhezeiten (64 Prozent) sowie ihre Arbeitszeiten (51 Prozent). Gleichzeitig sorgt aber genau dieses Thema für den meisten Ärger: Mehr als drei von vier Fahrern sind mit der Zahl der Lkw-Stellplätze auf Park- und Rastplätzen unzufrieden. Über die Hälfte (56 Prozent) kritisiert den Zustand der Stellplätze. Nur knapp jeder Vierte Trucker ist mit den Dusch- und Sanitär-Einrichtungen auf Rasthöfen einverstanden. Hoch im Kurs stehen bei mehr als der Hälfte der Befragten der Kontakt zu Kollegen (54 Prozent). Nur 10 Prozent sind mit dem Zustand der Straßen zufrieden. 64 Prozent gaben an, dass sie mit ihrem Gehalt unzufrieden oder sogar sehr unzufrieden seien. Gleichzeitig sind gut ausgebildete Fahrer gesucht. 91 Prozent der in der Studie befragten deutschen Logistik-Experten bestätigen einen schärfer werdenden Wettbewerb um Fahrer. „Es ist schwerer, einen Fahrer zu finden als einen Rechtsanwalt“, formuliert es ein Fachmann in der Studie. Daher müsse der Berufsalltag verbessert, das Cockpit als Arbeitsplatz attraktiver gestaltet, die Fahrer fortgebildet werden.

Die Experten sehen zudem eine Zweiteilung des Markts in besser ausgebildete inländische und eher schlechter ausgebildete ausländische Fahrer. Mehr als 90 Prozent der Fahrer erwarten laut Studie künftig große Herausforderungen in Sachen beruflicher Qualifikation. Im Zuge des digitalen Wandels, GPS-unterstütztem Tracking und der Weiterentwicklung von Software bis zum Automatisierten Fahren wird das Steuern des Lkw mehr und mehr zur Nebensache. Der Fahrer übernimmt bei immer besserer Vernetzung und Konnektivität zunehmend Logistikplanung sowie Warenkontroll-, Koordinierungs- und Dispositionsaufgaben.

Trotz allen Medienhypes und der fokussierten Kommunikation der Hersteller:Das Interesse am automatisierten Fahren ist de facto laut Studie noch gering. Selbst angesichts des enormen Kosten- und Wettbewerbsdrucks in der Branche sehen nur 28 Prozent der befragten Logistik-Experten im automatisierten Fahren eine Chance für die Branche. In China sind es dagegen fast die Hälfte (47 Prozent). Hier müsse die Branche noch viel Überzeugungs- und Informationsarbeit bis zum Serieneinsatz leisten, so das Resümee.

Mit der „Mobilitätsstudie 2016 – Der vernetzte Truck“ legte das internationale Technologieunternehmen Continental seine inzwischen vierte, äußerst umfangreiche Mobilitätsstudie vor. Das Markt- und Sozialforschungsinstitut infas befragte Logistikexperten, Spediteure, Flottenbetreiber sowie Fernfahrer in Deutschland und China. Im Fokus stehen die Herausforderungen, die für die Logistikbranche durch Digitalisierung und Vernetzung entstehen.