Digitaler Lieferschein: BVL und GS1 Germany errichten offene Cloud-Plattform

Offene und standardisierte Schnittstellen sollen es Versendern, Empfängern und Logistikdienstleistern ermöglichen, sich diskriminierungsfrei anzubinden.

Thomas Fell, Lead GS1 Germany, (links) und Thomas Wimmer, Vorsitzender des Vorstand BVL, freuen sich über die Kooperation. | Bild: BVL
Thomas Fell, Lead GS1 Germany, (links) und Thomas Wimmer, Vorsitzender des Vorstand BVL, freuen sich über die Kooperation. | Bild: BVL
Tobias Schweikl

In einem gemeinsamen Service wollen die Bundesvereinigung Logistik e.V. und die Standardisierungsorganisation GS1 Germany eine Cloud-Plattform für den Digitalen Lieferschein aufbauen. Bereits 2020 starteten die beiden Partner das Projekt „Digitaler Lieferschein“, um die meist manuellen und aufwändigen Prozesse digital zu optimieren. Nach einem erfolgreichen „Proof of Concept“ in 2021 mit 20 Unternehmen aus Konsumgüterindustrie, Handel und Logistik geht es nun in die Realisierung.

Alle Teilnehmenden sollen in einer ersten Stufe über eine zentrale Cloudplattform Lieferscheine und später auch weitere Transportdokumente digital austauschen. Ziel ist es, die Plattform in enger Abstimmung mit Industrie, Handel und Logistik bis Ende 2022 aufzubauen und in Betrieb zu nehmen.

„Die Besonderheit der angestrebten Lösung ist ihre Neutralität und der Community Ansatz, der die Interessen aller Prozessbeteiligten berücksichtigt“, so Dr. Martin Schwemmer, Geschäftsführer der BVL.

Offene, standardisierte Schnittstellen ermöglichten Versendern, Empfängern und Logistikdienstleistern die diskriminierungsfreie technische Anbindung, heißt es weiter. Man könne dabei bereits bestehende Applikationsanbieter nutzen, wenn diese die entsprechenden Funktionalitäten in ihren Systemen ergänzen. So ließen sich digitale Transportdokumente über eine zentrale Instanz zwischen unterschiedlichen Supply Chain Partnern austauschen und nach einem standardisierten Verfahren mit Informationen anreichern.

„Dieser kollaborativ entwickelte Ansatz soll die aufwändige Zettelwirtschaft im Logistikalltag abschaffen und birgt so ein hohes Potenzial für schnellere, kostengünstigere Prozesse zu Gunsten aller Beteiligten“, erklärt Thomas Fell, Lead GS1 Germany.

Zusätzlich biete diese Lösung Möglichkeiten für eine Skalierung in weiteren Branchen, Märkten und Ländern sowie für weitere Anwendungen.

Interessierte potenzielle Nutzer des digitalen Lieferscheins sowie IT-Dienstleister, die sich für Services mit dem digitalen Lieferschein interessieren, finden auf der Webseite der BVL weitere Informationen und Kontaktmöglichkeiten.

Proof of Concept

Die Ergebnisse des im dritten Quartal 2021 durchgeführten Proof of Concept stehen ebenfalls auf der Website zur Verfügung. Damals wurde der zuvor mit der Projektgruppe abgestimmte Prozess praktisch erprobt. Dabei kam eine in Kooperation mit T-Systems prototypisch entwickelte Cloud-Plattform zum Einsatz. Den Teilnehmenden gefiel vor allem die kontaktlose Übergabe des Zugriffslinks auf dem digitalen Lieferschein mithilfe eines QR-Codes, die digitale Unterschrift an Lade- und Abladestelle sowie die Einsparung des Lieferscheindrucks.

Zu den Vorteilen zählt ihrer Meinung nach auch die zeitnahe und vollständige Verfügbarkeit von Abliefernachweisen inklusive der gut lesbaren Informationen zu Anlieferdifferenzen. Last but not least: Die Dauer einzelner Lieferprozesse verkürzte sich mitunter um bis zu zehn Tage.

Hintergrund

Immer noch begleiten Lieferscheine in Papierform die Warenlieferungen von Konsumgüterherstellern an den Handel. Aufgrund der vielfältigen Funktionen und Anforderungen können Lieferscheine nicht ohne Weiteres digitalisiert werden. Bei der Anlieferung im Handel fungiert der Lieferschein häufig als Quittung, die dem Verkäufer den ordnungsgemäßen Empfang der Lieferung bestätigt. Die Rückführung der Papierbelege an den Versender erfolgt in der Regel durch das Fahrpersonal des Logistikdienstleisters.