Drosselung der Ladeleistung: Elexon fordert praktikable Regelung des EnWG für Speditionen
Der Aachener Ladeinfrastrukturspezialist Elexon hat anlässlich eines parlamentarischen Frühstücks unter Beteiligung der KEP-Logistikunternehmen DPD und GLS in Berlin die Beschlüsse zum Energiewirtschaftsgesetz Paragraf 14a grundsätzlich begrüßt, aber eine praxisnahe Ausgestaltung angemahnt, die speziell Transporteure und Flottenbetreiber in Sachen Ladeinfrastruktur und Ladeleistung nicht benachteiligt. Angesichts der stetig wachsenden Herausforderungen der Klimakrise müssten Wirtschaft, Gesellschaft und Politik die begonnenen Anstrengungen für eine nachhaltige Gestaltung der Energie- und Mobilitätssysteme weiter intensivieren, erklärte das Unternehmen bei der Veranstaltung.
Am 27.11.2023 wurden die Beschlüsse zum Paragraf 14a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) vorgestellt, die darauf abzielen, steuerbare Verbrauchseinrichtungen sicher und zügig in das Stromnetz zu integrieren. Die Regelung soll helfen, den Hochlauf von Elektromobilität und Wärmepumpen sicherzustellen, während gleichzeitig die Netzsicherheit gewährleistet werden kann.
"Wir begrüßen diese Gesetzesnovelle, die am 01.01.2024 in Kraft getreten ist, grundsätzlich, weil damit die für das Erreichen der Klimaziele notwendige Elektrifizierung weiter fortschreiten kann", erklärt das Unternehmen.
Aus dieser Regelung ergeben sich aus Firmensicht aber vor allem für entscheidende Akteure in der Mobilitätswende große Probleme. So bräuchten speziell Spediteure und Flottenbetreiber gerade vor dem Hintergrund ihrer wichtigen Rolle bei der Erreichung der Klimaziele praktikable Regelungen. Die Regelungen des §14a EnWG beeinflussten nicht nur ihre Betriebsabläufe entscheidend, sondern auch ihre Fähigkeit, effizient und nachhaltig zu wirtschaften.
"Es ist daher unerlässlich, zeitnah Anpassungen vorzunehmen, um die positiven Absichten des Gesetzes in vollem Umfang zu realisieren. Klimaschutz braucht praxistaugliche Regelungen. Nur so kann sichergestellt werden, dass §14a EnWG seine Rolle als Katalysator für eine nachhaltige Energiezukunft erfüllt und einen effektiven Beitrag zum Klimaschutz leistet", forderte das Unternehmen.
Man sieht den Güterverkehr und die Logistik in einer entscheidenden Rolle in Sachen Klimaschutz. Laut Umweltbundesamt stammen rund 20 Prozent der klimaschädlichen Emissionen in Deutschland aus dem Güterverkehr. Der Verkehrssektor ist gleichzeitig einer der größten Verursacher von Treibhausgasen in Deutschland, wobei der Güterverkehr für einen signifikanten Anteil an den Treibhausgasemissionen verantwortlich ist.
Elektro-Lkw spielen eine entscheidende Rolle
Bereits die Vorgänger-Bundesregierung hat das Ziel festgelegt, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 % gegenüber 1990 zu reduzieren. Elektro- und Hybrid-LKW spielen eine zunehmend wichtige Rolle im Gütertransport, da sie dazu beitragen, die klimaschädlichen Emissionen zu reduzieren. Laut einer Studie des Umweltbundesamtes könnte die Elektrifizierung des LKWVerkehrs in der EU die CO2-Emissionen um 16 bis 43 Millionen Tonnen bis 2030 verringern. Dazu brauche es eine funktionierende Ladeinfrastruktur, appelliert das Unternehmen.
Im einzelnen kritisieren die Aachener an der Regelung:
- Dimmung der Bezugsleistung: Die Möglichkeit, dass der Verteilnetzbetreiber die Leistung von Ladestationen auf 4,2 kW drosseln kann, ist für den Betrieb von Speditions- und Logistikunternehmen problematisch. Sie laden ihre Fahrzeuge in der Regel in den heimischen Depots und zählen somit zur privaten Ladeinfrastruktur. Diese Unternehmen sind auf eine schnelle und effiziente Aufladung ihrer Fahrzeugflotten angewiesen, um ihre logistischen Abläufe und Lieferverpflichtungen einzuhalten.
- Gleichzeitigkeitsfaktor: Ein weiteres kritisches Element ist der Gleichzeitigkeitsfaktor von 0,45, der angewendet wird, wenn mehrere steuerbare Verbrauchseinrichtungen an einem Anschluss vorhanden sind. Für größere Betriebe, die über zahlreiche Ladestationen verfügen, bedeutet dies, dass jede Ladestation erheblich weniger Leistung liefern kann als erwartet. Die Folge sind unverhältnismäßig lange Ladezeiten, die Betriebsabläufe erheblich stören können.
- Auswirkungen auf Betriebsabläufe: Die Reduzierung der Ladeleistung hat direkte Auswirkungen auf die Betriebsabläufe. Bei reduzierter Ladeleistung können Fahrzeuge nicht mehr innerhalb der erforderlichen Zeitspannen aufgeladen werden, was zu Verzögerungen in den Lieferketten und potenziellen Lieferausfällen führt.
- Investitionsunsicherheit: Die Unklarheit und potenziellen Einschränkungen, die durch die Regelungen entstehen, führen zu einer Investitionsunsicherheit bei den Unternehmen. Dies betrifft insbesondere die Anschaffung und Installation leistungsstarker und investitionsintensiver DC-Ladestationen.
Vorschlag der Leitstelle abgelehnt
Ein Vorschlag der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur zur Ausnahme von der Regelung für einige spezifische nicht öffentliche Ladepunkte wurde von der Beschlusskammer abgelehnt, legt der Anbieter weiter dar. Es wurde von der Beschlusskammer argumentiert, die für Gewerbetreibende notwendige Ladeinfrastruktur sei ohnehin mit den dort nötigen hohen Leistungen in der Regel ans Mittelspannungsnetz anzuschließen.
"Dem können wir nur widersprechen. Unsere Erfahrung aus mehr als 30.000 aufgebauten Ladepunkten im AC- und DC-Bereich zeigt, mehr als 90 % der Ladeparks der Logistiker sind ans Niederspannungsnetz angeschlossen", argumentiert Elexon.
Insbesondere kleinere und mittelständische Unternehmen würden die Elektrifizierung nur schrittweise vollziehen können. Beginnt man mit einem e-Lkw oder einigen wenigen e-Transportern, brauche es dafür keine Hochleistungsladeinfrastruktur mit Mittelspannungsanschluss. Vielmehr sei zuverlässige AC-Ladeinfrastruktur mit 22 oder 43 kW und kleine DC-Anlagen bis 80 kW nötig. Diese Anlagen würden in den meisten Fällen aus der Niederspannung versorgt.
"Diese Ladestationen und Anschlüsse ans Niederspannungsnetz sind für die betroffenen Spediteure und Logistiker finanziell stemmbar, während DC-Stationen mit Ladeleistungen jenseits 200 kW und dazugehörige Mittelspannungsanschlüsse finanziell nicht attraktiv und für die ersten Elektrifizierungsschritte auch schlicht unnötig sind", plädieren die Aachener.
Des Weiteren könnte die Pflicht zur Dimmbarkeit auch dort, wo es rein versorgungstechnisch gar nicht notwendig ist, dazu führen, dass mehr leistungsstarke Lader an ein Mittelspannungsnetz angeschlossen werden – quasi als einziger Ausweg, um der Gefahr der Leistungsbegrenzung im Niederspannungsnetz und dem damit einhergehenden Risiko für den eigenen Betriebsablauf zu entgehen, legen die Aachener weiter dar. Wenn dies im großen Maße geschieht, solle dann als nächstes das Mittelspannungsnetz mit in diese Regelung einbezogen werden und Leistungen von 1 MW oder noch mehr künftig auf einen Bruchteil der bezahlten Anschlussleistung reduziert werden, fragen die Verantwortlichen rhetorisch.
Auswirkungen in der Praxis: Laden ohne Leistung
Wie sich die aktuellen Bestimmungen von §14a EnWG in der Praxis auswirken, legte der Anbieter exemplarisch das Beispiel eines Logistikunternehmens mit einer Flotte von Elektrotransportern dar, die über Nacht aufgeladen werden müssen, um den nächsten Tag operativ zu sein. Ein marktüblicher Transporter mit einer Batteriekapazität von rund 60 kWh legt täglich je nach Radius und Region zwischen 150 und 200 km zurück. Hierfür würden bei einer gedimmten Ladeleistung von 4,2 kW nach wie vor rund 10 Stunden Ladezeit benötigt.
Unrealistisch: nur 45 Prozent der Leistung nutzbar
Da bei größeren Betrieben mehrere steuerbare Verbrauchseinrichtungen an einem Anschluss vorhanden sind, wird neben der Dimmung auf 4,2 kW aber auch der Gleichzeitigkeitsfaktor von 0,45 herangezogen. Es dürfen also nur 45 % der Leistung genutzt werden. Daher würden einem Anschlussteilnehmer mit 30 Ladepunkten á 4,2 kW wegen des Gleichzeitigkeitsfaktors anstelle von den eigentlichen 126 kW nur mehr 45 % davon, also 56,7 kW zur Verfügung stehen. Verteilt auf 30 Ladepunkte würde jede Ladestation somit nur noch 1,89 kW liefern.
"Bei dieser Leistung laden viele Fahrzeuge schon gar nicht mehr, da die Stromstärke zu gering ist. Oder der Ladevorgang würde für eine Strecke von 200 km über 20 Stunden dauern", skizziert der Anbieter.
Das bedeutet: Unter der aktuellen Regelung könnte die notwendige Ladeleistung nicht zur Verfügung stehen, was zu unzureichend aufgeladenen Fahrzeugen und damit zu Betriebsunterbrechungen führen würde. Ein weiteres Szenario betrifft Lkws mit großen Batteriekapazitäten, die mit Hochleistungsladern aufgeladen werden. Ein e-Lkw hat eine durchschnittliche Batteriekapazität von rund 400 kWh. Die Reduzierung der Ladeleistung auf 4,2 kW würde den Ladevorgang von wenigen Stunden auf mehrere Tage verlängern. Für den Betrieb von Speditionen ist dies völlig unpraktikabel, so der Anbieter.
Ausnahmeregelungen für Transportsektor erforderlich
Angesichts der dargelegten Herausforderungen ist es unerlässlich, pragmatische und zukunftsorientierte Anpassungen in §14a EnWG vorzunehmen. Diese Anpassungen sollten darauf abzielen, die Interessen und Bedürfnisse aller beteiligten Stakeholder ausgewogen zu berücksichtigen und gleichzeitig den Weg für eine nachhaltige, effiziente und technologisch fortschrittliche Energiezukunft zu ebnen.
- Ausnahmeregelungen: Es ist entscheidend, spezifische Ausnahmeregelungen für Unternehmen im Transportsektor zu schaffen, um deren Bedarf an einer zuverlässigen und leistungsstarken Ladeinfrastruktur zu decken. Diese Ausnahmen sind notwendig, um die Elektromobilität im Güterverkehr zu fördern, den Unternehmen die notwendige Planungssicherheit zu bieten und die Einhaltung von Lieferketten zu gewährleisten.
- Förderung des Mittelspannungsnetzanschlusses: Der erleichterte Zugang zum Mittelspannungsnetz würde es Unternehmen ermöglichen, höhere Leistungsentnahmen zu realisieren, ohne dabei der Steuerung durch den Netzbetreiber unterworfen zu sein. Diese Maßnahme würde, bei entsprechender Förderung, insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen helfen, die erforderliche Infrastruktur für eine effiziente Elektromobilität aufzubauen.
- Einheitliche technische Standards: Ein deutschlandweit einheitlicher Standard für die Einbindung steuerbarer Verbrauchseinrichtungen würde die Komplexität reduzieren und die Implementierung vereinfachen. Ein solcher Standard würde zudem die Planungssicherheit für Hersteller und Betreiber erhöhen und damit einen reibungslosen Übergang zu modernen Energienetzen unterstützen.
Aufgrund der beschriebenen Herausforderungen und der Dringlichkeit, die Energiewende voranzutreiben, ergibt sich die Notwendigkeit §14a EnWG zeitnah zu überarbeiten.
"Wir appellieren an die politischen Entscheidungsträger, die vorgeschlagenen Anpassungen ernsthaft zu erwägen und umzusetzen. Nur so kann eine nachhaltige, effiziente und zukunftsfähige Energiewirtschaft erreicht werden, die den Anforderungen des Klimaschutzes und der modernen Gesellschaft gerecht wird", erklärte das Unternehmen.
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