E-Commerce: Online-Händler kritisieren Amazon

Nicht authentisch genug, zu wenig Beratung, schlechte Warenpräsentation – Amazon wird auf der Branchenmesse Neocom von anderen Online-Händlern kritisch beurteilt.
Ernst Trapp (2.v.l.), Hartmut Deiwick (3.v.l.) und Jan-Dieter Schaap (4.v.l.) auf der Neocom | Foto: Management Forum der Verlagsgruppe Handelsblatt GmbH
Ernst Trapp (2.v.l.), Hartmut Deiwick (3.v.l.) und Jan-Dieter Schaap (4.v.l.) auf der Neocom | Foto: Management Forum der Verlagsgruppe Handelsblatt GmbH
Tobias Schweikl

Auf der Neocom, den Branchentreffen des E-Commerce in Düsseldorf, haben führende Online-Handelsunternehmen teil harsche Kritik am Branchenprimus Amazon geübt. Die Online-Plattform Amazon ist für viele Händler Konkurrenz und Vetriebskanal in einem.
Einerseits nehme man die enormen Frequenzen bei Amazon gerne mit, andererseits seien aber die damit verbundenen Kosten zu hoch. Zudem sei Amazon für bestimmte Kundengruppen nicht authentisch genug. „Amazon ist Generalist und muss entsprechend Kompromisse machen. Die Ware wird nicht so inszeniert, wie sich das viele Kunden wünschen. Amazon kann nicht die Sprache jeder einzelnen Zielgruppe sprechen“, so Ernst Trapp, Geschäftsführer des auf Rock- und Metal-Artikel spezialisierten Online-Shops EMP. Jan-Dieter Schaap, Geschäftsleiter für den Bereich E-Commerce bei Douglas, spricht gar von mangelnder Inspiration für den Kunden. Zudem komme die Beratung bei Amazon zu kurz. Douglas nutze den Amazon-Marktplatz daher bewusst nicht. Ein weiterer Punkt sei, dass die Kundennähe verloren ginge. „Bei Amazon haben wir nicht die Nähe zu unseren Kunden, die Nähe hat dann Amazon.“ Gemeint sind Daten über das Käuferverhalten und die Sortimentsattraktivität auf dem Marktplatz. „Wir wollen Amazon nicht noch schlauer machen“, so Schaap.
„Amazon wird die Daten sowieso bekommen“, sagt wiederum Hartmut Deiwick. Er ist kaufmännischer Leiter der Online-Apotheke Aponeo und sieht den Marktplatz als sinnvolle Ergänzung zum eigenen Shop. Zwar gebe es mit Amazon keine Partnerschaft auf Augenhöhe, dessen müsse man sich bewusst sein. Aber die großen Marktplätze würden generell weiter an Bedeutung gewinnen. Mit Alibaba komme aus China ein neuer, sehr gewichtiger Player hinzu. „Jede Erfahrung mit dem Amazon-Marktplatz ist eine Übung für Alibaba“, so Deiwick. Für Aponeo sei Alibaba höchst interessant. „Viele Asiaten lieben deutsche Medikamente oder auch Nahrungsergänzungsmittel.“ Es gebe ein großes Vertrauen in Qualität „Made in Germany“.
Hintergrund der Diskussion ist, dass Kunde im Einzelhandel immer weniger in Kanälen denken. Für viele sei es egal, ob sie ihr Produkt stationär oder online bei einem bestimmten Händler oder Hersteller kaufen. Bei Ernsting’s Family beispielsweise bekämen die Verkaufsleiter Vorgaben für Gesamtziele aus Online- und stationärem Umsatz. Bei Media Markt, Saturn und bei Ikea seien Online-Umsätze je nach Postleitzahl auf die entsprechenden stationären Filialen umgebucht worden, um einem Silo- beziehungsweise Abteilungsdenken im Unternehmen entgegenzuwirken. Und die Parfümeriekette Douglas unterscheide nicht mehr, wie viel IT-Budget in die stationären Geschäfte fließe und wie viel in den Online-Store.