E-Commerce: Weihnachtsstress fordert Lieferdienste

Spediteure und Transportdienstleister kämpfen zum Jahresendgeschäft mit steigenden Paketzahlen und Fahrermangel.

Das Paketaufkommen im Versandhandel wächst offenbar schneller als die Paketbranche Zusteller einstellen kann. | Bild: GettyImagess
Das Paketaufkommen im Versandhandel wächst offenbar schneller als die Paketbranche Zusteller einstellen kann. | Bild: GettyImagess
Tobias Schweikl

Das Weihnachtsgeschäft 2018 hat es erneut deutlich gemacht: beim Transport einer Ware vom Depot zum Endkunden ist die „letzte Meile“ entscheidend. Wenn es hier hakt, bekommt der Händler das in der Regel in Form von Beschwerden und negativen Online-Bewertungen zu spüren. Im schlimmsten Fall entscheidet sich der Kunde, beim nächsten Mal woanders zu bestellen.

Ein Problem hier: Transportdienstleister finden kaum noch genug Personal, um die steigende Paketflut zu bewältigen. Gerade in Spitzenzeiten führt das zu teils erheblichen Verzögerungen in der Zustellung. Neue Konzepte für die Paketdistribution sind also dringend notwendig.

Die wohl wichtigste aktuelle Entwicklung auf Verbraucherseite ist laut BluJay Solutions, einem Spezialisten für Logistik- und Zollsoftware, der Wunsch nach mehr Komfort in der Paketzustellung. Eine schnelle Lieferung in 24 Stunden oder weniger wird insbesondere in Ballungsräumen mittlerweile als nahezu selbstverständlich vorausgesetzt.

Mehr Service ist Pflicht

Zusätzlich wird der Wunsch nach zeitlicher und örtlicher Flexibilität immer wichtiger. Ob Zustellung zum Wunschtermin, Click and Collect, Abgabe beim Nachbarn oder die kurzfristige Änderung des Zustellorts – jede Option bringt für Spediteure und Paketdienste eigene Herausforderungen mit sich.

Größtes Problem der Logistikdienstleister scheint derweil aber der Mangel an Zustellern. Während der Versandhandel dank des Online-Booms rasant wächst, fällt es der Paketbranche zunehmend schwer, ihren Personalbedarf zu decken.

Und dieser Mangel dürfte sich in den kommenden Jahren noch verschärfen. Über 3,35 Milliarden Kurier-, Express- und Paketsendungen zählte der Bundesverband Paket und Expresslogistik für 2017 – Tendenz seit Jahren steigend. Im gleichen Jahr verzeichnete allein der B2C-Versand ein Wachstum von 9,7 Prozent. Die Lieferung von Lebensmitteln nach Hause steckt in Deutschland derzeit noch in den Kinderschuhen, dürfte den Wachstumstrend weiter verstärken.

IT sichert Flexibilität

Wie aber lassen sich die Folgen von steigenden Kundenansprüchen, erhöhtem Paketaufkommen und Personalknappheit abfedern? Zentral seien technische Lösungen, die ein hohes Maß an Flexibilität ermöglichen, so Chris Winstanley, Director Solution Consulting bei BluJay Solutions: „Zum einen sollten Logistikdienstleister insbesondere in Spitzenzeiten die Prinzipien der Gig Economy für sich nutzen. Wichtig ist deshalb eine IT-Infrastruktur, mit der sich Paketaufträge flexibel an fest angestellte und einen Pool freier Fahrer verteilen lassen.“

Sichergestellt werden sollte außerdem die reibungslose Kommunikation zwischen Paketdienst und Endkunde. „Wenn der Kunde auch kurzfristig den Zustellort online oder per App ändern kann, ist bereits viel gewonnen, denn so lassen sich erneute Zustellversuche vermeiden“, erläutert Winstanley. „Umgekehrt kann der Zusteller über Mobility-Lösungen wie MobileSTAR nicht nur auf eine zeitsparende Routenoptimierung zurückgreifen, sondern auch die Adressaten über die voraussichtliche Zustellzeit auf dem Laufenden halten – und ein gut informierter Kunde ist ein zufriedener Kunde.“

„Die Datensilos müssen fallen“

Langfristig müssten die Logistikanbieter aber ihre Geschäftsmodelle ändern, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden. Insbesondere im Omichannel-Handel sei eine Konsolidierung zu erwarten, so Winstanley. „Mittelfristig sind Händler gut beraten, ihre eifersüchtig gehüteten Datensilos aufzugeben und Paketdienste gemeinsam zu beauftragen. Die Aufteilung der Logistikkosten unter mehreren Partnern ermöglicht die größten Einsparungen und Effizienzgewinne und erlaubt den Dienstleistern zudem, ihre Routen- und Ladungsplanung weiter zu konsolidieren. Bis sich solche Aggregator-Modelle durchsetzen, müssen noch einige Hürden in den Köpfen fallen – aber letztlich sind die Vorteile zu verlockend, um sie dauerhaft zu ignorieren.“