Ein ruhiger Zeitgenosse

Der kleine Transporter „Fiat Scudo“ weist nur wenige Schwächen auf, in der Ausführung mit 120 PS ist er jedoch übermotorisiert.
Redaktion (allg.)
Seine Konkurrenten heißen „T5“, „Transit“, „Vito“ oder „Vivaro“ – es ist die Klasse der kleinen Transporter zwischen fünf und neun Kubikmeter Ladevolumen. Unser Testwagen ist ein Fiat „Scudo“ mit 120 PS. Der Scudo ist Anfang des Jahres 2007 auf den deutschen Markt gekommen. Er ist baugleich mit den Modellen Peugeot „Expert“ und Citroën „Jumpy“. Die drei Modelle unterscheiden sich aber in ihrer Serienausstattung sowie bei den Grundpreisen. Interessant dabei: Der Einstiegspreis fällt bei gleicher Motorisierung bei Fiat am günstigsten aus. Unser Scudo mit verlängertem Radstand von 3.122 Millimeter und dem 120er Multijet kostet mit SX-Ausstattungspaket 21.450,- Euro (ohne Mehrwertsteuer laut Liste). Bei Citroën startet man bei 22.300,- Euro und bei Peugeot bei 23.130,- Euro. Der Serienumfang ist dabei in etwa vergleichbar. Nun aber erstmal zu unserer Testrunde. Beim Beladen machte der italienische Transporter eine solide Figur. Unsere 300 Kilogramm schwere Palette ließ sich problemlos längs im Laderaum unterbringen. Platz bietet der Laderaum für maximal drei Europaletten, die quer eingeladen werden. Allerdings nur auf einem Blechboden, denn ein anderer Bodenbelag ist bei Fiat ab Werk leider nicht vorgesehen. Zur Ladungssicherung werden serienmäßig acht Zurrösen in der Karosserie versenkt, die aber sehr starr sind und eher wie ein Alibi anmuten. Da sie nicht in einen Boden eingelassen sind, können sie mitunter sogar hinderlich sein. Die Heckflügeltüren des Scudo lassen sich standardmäßig im 180-Grad-Winkel öffnen – als Option kann eine Heckklappe bestellt werden (250,- Euro Aufpreis). Von der Seite erhält man serienmäßig über eine Schiebetür (BxH: 92,4 x 120,3 Zentimeter) auf der Beifahrerseite Zugang zum Laderaum, wer eine zweite Schiebetür möchte, kann diese bestellen. Der Laderaum lässt sich über die serienmäßige Fernbedienung im Schlüssel öffnen, aber zum Glück nicht nur darüber. Auch ein kleiner Knopf im Innenraum öffnet und schließt die Zugänge zum Laderaum. Unser Testwagen kommt auf ein Ladevolumen von rund sechs Kubikmetern bei einer Gesamtfahrzeuglänge von 5,14 Metern. Um bei einem T5 von Volkswagen auf ein ähnliches Ladevolumen zu kommen, sind lediglich 4,89 Meter Fahrzeuglänge von Nöten. Ein vergleichbarer T5 ist also 25 Zentimeter kürzer – aber nicht maßgeblich breiter. Gleiches gilt für den Transit von Ford: Auch er ist bedeutend kürzer (28 Zentimeter) als der Scudo bei einem Ladevolumen von stattlichen 6,3 Kubikmetern. Sowohl der Vito von Mercedes-Benz als auch der Vivaro von Opel haben ähnliche Außenabmessungen wie der Scudo bei gleichem Ladevolumen. Der Grund für diese Unterschiede ist in der Bauweise zu suchen. Der Motor sitzt bei den längeren Fahrzeugen weiter vorne, was dazu führt, dass der Einstieg flacher ist. So auch bei unserem Testwagen. Die Sitzposition ist genauso wie in einem Pkw, um in die Fahrerkabine zu gelangen, muss keine Stufe genommen werden. In der Fahrerkabine dominiert ein helles Grau, das mit mittelgrauen Elementen kombiniert ist. Als Kontrast wurde der Mittelteil mit Radiodisplay und der Bedienung für die Lüftungsanlage in glänzendem Schwarz gehalten. Alles wirkt robust und von der Haptik her eher simpel. Aber in einem Nutzfahrzeug soll man ja auch keinen Urlaub machen. Die Verarbeitung ließ keine Schwachstellen erkennen. Besonders positiv fiel die Einpassung der festen Blechtrennwand (150,- Euro Aufpreis) auf, denn es waren so gut wie keine Geräusche während der Fahrt aus dem Laderaum zu vernehmen. Das Ablagensystem ist zwiespältig. So sehr das großzügige Handschuhfach und die große darüberliegende offene Ablage gefallen. Es gibt auch Schatten, denn die drei Ablagefächer über der Windschutzscheibe sind überhaupt nicht praktikabel, da sie erstens schwer zu erreichen und zweitens nicht einsehbar sind. Hier sollten nur Dinge verstaut werden, die man ganz selten benötigt. Ansonsten gibt es weitere Ablagen in den Türen (auch für große Flaschen) sowie Becherhalter. Etwas ungewohnt ist es, für das Lösen und Ziehen der Handbremse nach links zu greifen. Der Vorteil einer dort platzierten Handbremse: Man erreicht als Fahrer die Ablagen in der Tür besser. Allerdings muss man bei voller Besatzung auf der 3er-Sitzbank in Kauf nehmen, dass die Beifahrer einem ungewohnt nahe zur Seite sitzen. Beim Fahren fällt zuerst die ziemlich schwammig geratene Lenkung auf. Sie ist nicht sehr genau. Was als nächstes auffällt bei diesem Klein-Transporter ist die ungemein hohe Motorleistung. Mit 120 PS und einem Drehmoment von 300 Nm geriet der Scudo auf unserer Testrunde an keiner Stelle ins Schwitzen. Das mit zwei Mann und einer 300 Kilogramm schweren Europalette beladene Testfahrzeug meisterte selbst längere steile Autobahn- und Bundesstraßenstücke ohne Leistungsabfall. Die Beschleunigung war in jedem Drehzahlbereich gleichmäßig. Auf der Landstraße rollten wir mit unserem Testwagen ganz unaufgeregt im sechsten Gang dahin. Bei 100 km/h drehte der Motor mit 2.050 Umdrehungen, hatte also das maximale Drehmoment zur Verfügung. Für Ortsdurchfahrten genügte es meist, einen Gang runterzuschalten, da man bei 60 km/h im fünften Gang immer noch ansehnlich beschleunigen konnte. Die Drehzahl betrug dann 1.500 U/min. Mit dem eingebauten 6-Gang-Getriebe kamen wir größtenteils gut zurecht – nur manchmal verwechselte man den ersten mit dem dritten Gang. Das führte dann zu peinlichen Verzögerungen an der Ampel. Die Sicht nach vorne und zur Seite ist beim Scudo ohne Probleme. Lediglich die Spiegel erschienen uns ein wenig zu klein dimensioniert - vor allem der kleine Weitwinkelspiegel. Nach hinten wirkt der Italiener unübersichtlich, was wohl hauptsächlich der niedrigen Sitzposition zu schulden ist. Abhilfe schafft dagegen die akustische Einparkhilfe für einen Aufpreis von 230 Euro. In punkto Nutzlast bewegt sich der Scudo in den oberen Regionen seiner Fahrzeugklasse. Er kommt auf 1.125 Kilogramm laut Werksangaben. Wem das nicht reicht, der kann die Zuladung um 120 Kilogramm auflasten – allerdings kostet das 1.100 Euro extra. Im Bereich der Nutzlast kann nur der Ford Transit mehr bieten. Seine maximale Nutzlast bei gleicher Größe und ähnlicher Motorisierung beträgt 1.301 Kilogramm. Die übrigen Mitbewerber erreichen in dieser Fahrzeugklasse in etwa eine Nutzlast um die 1.000 Kilogramm. (tpi)