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Eine Weihnachtsgeschichte: Die Logistik hinter "Weihnachten im Schuhkarton"

Hinter der weltweit größten Geschenkaktion „Weihnachten im Schuhkarton“ steckt eine aufwändige Logistik. Vor dem eigentlichen Transport in die Zielländer müssen hunderttausende Geschenkkartons in ganz Deutschland gesammelt, durchgesehen und verpackt werden, ehe sie ihre Reise zu den Kindern in der ganzen Welt antreten können.

Bescherung: Die Freude der Kinder ist grenzenlos. | Bild: Samaritan's Purse
Bescherung: Die Freude der Kinder ist grenzenlos. | Bild: Samaritan's Purse
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Tobias Schweikl

„November und Dezember sind die stärksten Logistikzeiten des Jahres“, sagt Olaf-Ulrich Krause, Gründer und Geschäftsführer des Logistikdienstleisters Logiline aus Langenhagen bei Hannover. Und er muss es wissen: Denn Logiline verantwortet in Deutschland die inländische Logistik der Geschenkaktion „Weihnachten im Schuhkarton“.

Entstanden ist die Aktion vor über dreißig Jahren aus der Idee eines Unternehmers im britischen Wrexham: Er forderte die Einwohner seiner Stadt auf, Weihnachtspäckchen für Kinder in rumänischen Waisenhäusern zu packen. Die Resonanz war überwältigend. Inzwischen ist „Weihnachten im Schuhkarton“ weltweit aktiv und wird von der christlichen Hilfsorganisation Samaritan’s Purse koordiniert. Im vergangenen Jahr wurden durch „Weihnachten im Schuhkarton“, international bekannt als „Operation Christmas Child“, 10,6 Millionen Kinder beschenkt. Die Kartons werden in mehr als 170 Länder und Regionen und mit Ausnahme der Antarktis auf jeden Kontinent der Erde versandt. U.a. in Australien, Belgien, Deutschland, Großbritannien, Finnland, Kanada, Luxemburg, Neuseeland, Österreich, in der Schweiz, in Spanien, Südkorea, Südtirol und den USA befüllen Menschen Schuhkartons mit neuen Geschenken, um bedürftigen Kindern eine Weihnachtsfreude zu machen.

291.554 Päckchen aus dem deutschsprachigen Raum

Im deutschsprachigen Raum wurden im vergangenen Jahr 291.554 Päckchen gepackt: Kirchengemeinden, Familien, Schulklassen, Unternehmen und Sportvereine packen mit. „Wir wollen unsere Weihnachtsfreude in die Welt tragen“, sagt Ursula Simon, Leiterin der Aktion im deutschsprachigen Raum, „Weihnachten feiern wir die Geburt Jesu, der als kleines Kind auf die Welt gekommen ist. Gerade die Kinder sollen Weihnachten als Fest größter Freude erleben.“ Um das zu ermöglichen, ist schon in Deutschland ausgefeilte Logistik nötig. Bereits Anfang November werden die Päckchen zu den mehr als 4.200 Abgabeorten im deutschsprachigen Raum gebracht, von dort dann zu den rund 890 Sammelpunkten. Sowohl Abgabeorte als auch Sammelstellen sind ehrenamtlich organisiert.

Hier nun kommt Logiline ins Spiel. Logiline bringt den größten Teil der Pakete nach Berlin, die übrigen nach Filderstadt. Mindestens 15 Touren am Tag organisiert das Logistik-Unternehmen in der Zeit zwischen Mitte November und Mitte Dezember, 790 Sendungen werden auf den Weg gebracht mit 21.120 Versandkartons und über 200.000 Schuhkartons. Flexibilität sei bei diesem Projekt das allerwichtigste, so Krause: „Schließlich wissen wir ja zu Beginn der Aktion alle nicht genau, wie viele Pakete es am Ende werden, und genauso wenig, wie viele bei welchem Sammelpunkt landen.“ Der Kommunikationsbedarf ist entsprechend hoch; allein vier Leute sind bei Logiline im Einsatz, um die Abholtermine zu koordinieren. Hinzu kommen ökologische und ökonomische Überlegungen – die Tourplanung gleicht dann schnell einem komplizierten Knobelspiel. „Manche Orte fahren wir mehrfach an“, erzählt Krause, „aber selbst bei einmaliger Abholung ist die Terminierung nicht immer ganz einfach. Wir haben es ja überwiegend nicht mit Unternehmen zu tun, die berechenbare Öffnungszeiten haben.“

Mitmachen ist Herzenssache

Für Olaf-Ulrich Krause und seine Mitarbeiter ist das Projekt Herzenssache. „Wir freuen uns, dass wir unsere logistische Expertise in der Vorweihnachtszeit so einbringen können.“, sagt Krause. „Das ist ein Projekt von Menschen für Menschen.“ Hunderttausende Päckchen klinge vielleicht nach Massenware, betont denn auch Ursula Simon, aber davon könne keine Rede sein: „Jedes Päckchen hat jemand liebevoll individuell befüllt, ein solches Geschenk ist ein Zeichen allergrößter Wertschätzung.“

Wie wertvoll und wichtig jedes einzelne Päckchen ist, wird spätestens in der Berliner Weihnachtswerkstatt offensichtlich. Die Weihnachtswerkstatt, eine zur Kommissionierstation umfunktionierte Lagerhalle im Sirius Business Park in Berlin-Mariendorf, ist der letzte Halt der Päckchen vor dem Transport in die Zielländer. Über 100 Arbeitsplätze stehen zur Verfügung, in gut 3800 Schichten übernehmen Freiwillige hier bis Mitte Dezember die Durchsicht und Sortierung der Pakete. Viele Unternehmen kommen mit ihren Teams hierher und nutzen die gemeinsame Zeit als Social- und Teambuilding-Event. Jedes einzelne Paket wird von Hand durchgeschaut, bevor es zugeklebt und nach Alter und Geschlecht sortiert in den Transportkartons verpackt wird. Die sorgfältige Durchsicht soll nicht nur sicherstellen, dass jedes Päckchen den Einfuhrbestimmungen der 14 Zielländer entspricht – wichtig ist auch, dass wirklich jedes Paket hochwertig befüllt ist. Ursula Simon: „Schließlich ist dieses Päckchen für ein Kind möglicherweise das erste Geschenk seines Lebens und soll auf greifbare Weise die Liebe Gottes symbolisieren.“ In seltenen Fällen müssen unpassende Gegenstände aussortiert und durch andere Sachspenden ersetzt werden. Aussortierte, aber gut erhaltene Gegenstände werden von einer anderen Hilfsorganisation weiterverarbeitet.

Die Reise beginnt

Sobald die Pakete in den Transportkartons verstaut sind, übernimmt die Quehenberger Logistics GmbH: Jetzt beginnt die Reise der Kartons in die Zielländer. Schon seit 16 Jahren ist Quehenberger der Logistikpartner von „Weihnachten im Schuhkarton“ und transportiert Pakete aus dem deutschsprachigen Raum zu den Zielorten – aus Deutschland gehen die Pakete nach Osteuropa. „Für uns ist das nicht irgendein Transport“, erzählt Holger Philipowski, Branch Manager bei Quehenberger Logistics, „Das ist gelebte Nächstenliebe.“ Auch beim Beladen der Lkws helfen Ehrenamtliche. Verladen wird ohne Paletten, jeweils durchschnittlich 10,1 Geschenkboxen werden in Umkartons verpackt, so passen 748 Umkartons mit Geschenken für insgesamt rund 7.500 Kinder in einen Lkw. Quehenberger verzichtet bei „Weihnachten im Schuhkarton“ weitgehend auf IT. Das Tracking etwa erfolgt von Hand – per Telefon. „Die Fahrer melden sich einmal am Tag bis zehn Uhr mit Position telefonisch“, so Philipowski.

Quehenberger Logistics ist auf Transporte nach Osteuropa spezialisiert. „Wir kennen die Herausforderungen“, sagt Philipowski, „und können uns flexibel darauf einstellen.“ Schon mehrfach wurde diese Expertise zum Segen für die Geschenkaktion. Denn auch das gab es: Ein Zollbeamter verlangte für jede der mehr als 7000 Geschenkboxen eine eigene Zolldeklaration. Jedes der Zielländer hat seine Besonderheiten und die muss man kennen. Grundsätzlich gilt: Damit die Pakete zollfrei eingeführt werden dürfen, müssen sie als Hilfslieferungen zugelassen und deklariert sein. Es sind die Verteilpartner vor Ort, meist Kirchengemeinden, die notwendige Papiere organisieren – mit Unterstützung von Quehenberger. Bei Frachtbrief, Zollpapieren und Zertifikaten hilft der Logistikdienstleister und obendrein gibt er Tipps für eine möglichst reibungslose Kommunikation mit den Behörden. Eine falsche Bezeichnung könne eine ganze Lieferung aufhalten, erzählt Philipowski.

Die letzte Etappe

Die LKWs fahren in jedem Land festgelegte Empfangspunkte an. Die letzte Etappe der Verteilung übernehmen dann die lokalen Partnerorganisationen. Und deren Einsatz, so erzählt Ursula Simon, kenne keine Grenzen. Sie kommen mit Kleintransportern, deren Benzin die Fahrer mitunter aus eigener Tasche bezahlen, mit Booten, Pferdewagen, Eseln, sogar Kamele und Elefanten haben schon Päckchen für „Operation Christmas Child“ getragen. „Wir verteilen Pakete an unglaublichen Orten“, erzählt Ursula Simon, „und keiner gleicht dem anderen.“ Entsprechend vielfältig müssen Transportmittel und -wege sein.

Am Ende aber zahlt sich jede Mühe aus, dann nämlich, wenn die Kinder beschert werden. Für Holger Philipowski ist das der Antrieb, jedes Jahr wieder dabei zu sein. Er meint: „Logistik kann die Welt besser machen.“ Auch Olaf-Ulrich Krause sagt: „Man bekommt so viel zurück!“ Die ersten LKWs haben Berlin schon verlassen. Mit jeweils rund 7.500 Geschenkkartons sind sie jetzt unterwegs nach Bulgarien, Litauen, Polen und in die Republik Moldau – um Weihnachtsfreude zu verteilen!

Weihnachten im Schuhkarton

  • Über 10.000 Ehrenamtliche
  • Rund 300.000 Schuhkartons im deutschsprachigen Raum
  • Rund 11 Millionen Schuhkartons weltweit
  • Über 3000 Freiwillige in der Weihnachtswerkstatt
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