Elektromobilität: Ökonom hält Förderung derzeit für zu teuer

Experten der Universität Hohenheim raten zu Geduld und halten das Ziel von einer Million E-Fahrzeuge bis 2020 auch ohne Subventionen für erreichbar. Niedriger Ölpreis hinderlich. Hitzige politische Debatte.

Johannes Reichel

Zu Geduld bei der Förderung von Elektro-Autos raten Wissenschaftler von der Universität Hohenheim. Innovationsökonom Prof. Dr. Andreas Pyka hält eine Subventionierung derzeit für ungünstig: Der niedrige Ölpreis würde höhere Fördermittel erforderlich machen. Hinzu kämen unsichere Rahmenbedingungen, etwa bei der Versorgung mit grünem Strom. Unter Umständen, so der Experte, sei das Ziel ohnehin auch ohne Förderinstrumente erreichbar – wenn auch nicht ganz so schnell. Das Ziel der Bundesregierung von einer Million Elektro-Autos auf Deutschlands Straßen sei nicht unrealistisch – auch ohne spezielle Förderinstrumente. Dann sei allerdings der Zeitpunkt 2020 eher unsicher, meint Prof. Dr. Pyka vom Fachgebiet Innovationsökonomik an der Universität Hohenheim.

Doch eine Subventionierung der Nachfrage, um den Prozess zu beschleunigen, hält er zum jetzigen Zeitpunkt für vergleichsweise teuer. „Solange der Ölpreis so niedrig ist, wird es schwierig Kostenvorteile gegenüber den herkömmlichen Antriebsarten zu generieren“, mahnt Prof. Dr. Pyka. „Eine Subventionierung müsste daher höher sein und würde relativ kostspielig werden.“ Er rät deshalb zu Geduld in dieser Frage. Grund für seine Gelassenheit ist der Verlauf mit dem innovative Technologien üblicherweise den Markt erobern. „Diese Prozesse verlaufen fast immer gleich: In der ersten Zeit wächst die Zahl der Neuanwender nur gering“, erklärt der Experte. „Doch nach diesem Anlaufprozess darf man mit beschleunigt ansteigender Zahl rechnen. Wenn es also heute erst nur mehrere zehntausend E-Autos in Deutschland gibt, kann die Zahl von einer Millionen in wenigen Jahren trotzdem erreicht werden.“

Um diesen Prozess zu beschleunigen, kann die Politik selbstverständlich Förderinstrumente einsetzen. „Diese sollte sie jedoch sorgfältig auswählen“, rät Prof. Dr. Pyka. Die derzeit diskutierten Optionen wie Kaufprämien oder Steuervergünstigungen fördern die Nachfrage und damit die neue Technologie an sich. Alternativ sei eine verstärkte angebotsorientierte Förderung denkbar – etwa eine angebotsseitige Unterstützung bei der Forschung und Entwicklung. Insgesamt sei jedoch der Prozess von wichtigen Unsicherheitsfaktoren geprägt. „Wenn die Autofahrer sinnvollerweise auf Strom umstellen sollen, muss dieser aus regenerativen Quellen bereitstehen. Fragen der Energiewende und des Ausbaus der Stromnetze sind also eng mit einer Förderung der Elektromobilität verbunden und müssen folglich mitgelöst werden“, so der Ökonom.

Hinzu käme, dass zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht ganz klar ist, welches Antriebskonzept sich langfristig tatsächlich durchsetzen wird. „Elektro – Hybrid – Brennstoffzelle – all diese Antriebstechnologien leisten momentan noch nicht, was sie leisten sollen. Hier ist noch vieles offen, wenn auch einiges bereits heute für die Elektromobilität spricht.“

Wenn es primär darum geht, den Verbrauch fossiler Brennstoffe zu senken, könnte man außerdem den gleichen Einspareffekt mit weniger Elektro-Autos erreichen – wenn man speziell die Carsharing-Konzepte subventioniert. „Diese Autos sind erheblich häufiger im Einsatz als Privatwagen, so dass bereits weniger Fahrzeuge zum gleichen Einsparziel führen“, regt der Forscher an und relativiert damit das eine Million-Ziel der Bundesregierung zum Jahr 2020, das einen stark politisch motivierten Charakter habe.

Derzeit tobt in Berlin eine Grundsatzdebatte über das Für und Wider einer Förderung. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt fürchtet, Fördermittel könnten nur verpuffen und bevorzug andere Maßnahmen wie den Ausbau der Infrastruktur. Ressortkollege und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel fordert dagegen ein milliardenschweres Förderprogramm, um die Elektromobilität anzuschieben und wird dabei mittlerweile auch vom Verband der Automobilindustrie (VDA) unterstützt. Skeptisch äußerten sich dagegen Umweltverbände. Der ökologische Mobilitätsverband VCD fürchtet, Kaufprämien könnten den Herstellern stärkere Anstrengungen beim Ausbau umweltfreundlicher Antriebstechnologien abnehmen. Für die Partei Die Linke gab Verkehrsexperte Herbert Behrens zu Protokoll: "Solange die Automobilkonzerne Elektroautos dazu nutzen können, die CO2-Durchschnittswerte ihrer Benziner- und Dieselflotte schön zu rechnen, darf kein Euro fließen".