EU-Parlament beschließt Mobilitätspaket

EU-Abgeordnete segnen die lang debattierte Reform des Lkw-Verkehrs ab, mit der die Arbeitsbedingungen für Lkw-Fahrer verbessert sowie vereinheitlicht und illegale Praktiken unterbunden werden sollen.

Endlich beschlossen: Das Mobilitätspaket regelt EU-weit die Kraftverkehrsvorschriften. | Foto: Pixabay
Endlich beschlossen: Das Mobilitätspaket regelt EU-weit die Kraftverkehrsvorschriften. | Foto: Pixabay
Johannes Reichel
(erschienen bei Transport von Christine Harttmann)

Das Europäische Parlament hat dem Mobilitätspaket zugestimmt und damit die lange diskutierte Reform des Lkw-Verkehrs beschlossen. Mit ihrem Votum für die überarbeiteten Kraftverkehrsvorschriften billigten die EU-Parlamentarier die drei Rechtsakte, die jetzt den Weg frei machen sollen für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Fahrer, klare Regeln für die Entsendung von Fahrern sowie eine bessere Durchsetzung der Vorschriften zur Bekämpfung illegaler Praktiken. Drei Jahre hatten die Verhandlungen über das am 8. Juli 2020 im EU-Parlament verabschiedete Mobilitätspaket angedauert. Ismail Ertug, der für die SPD in Brüssel sitzt, sprach von „langen und schwierigen Verhandlungen“ und einem „guten Kompromiss“.

Bessere Ruhezeitenregelungen

Mit den neuen Vorschriften werden für bessere Ruhezeiten gesorgt, heißt es seitens des Parlaments. Die Fahrer könnten dadurch mehr Zeit zuhause verbringen. Künftig müssen Speditionen bei der Erstellung ihrer Arbeitspläne darauf achten, dass Fahrer, die europaweit Güter transportieren, in regelmäßigen Abständen – je nach Arbeitslage alle drei oder alle vier Wochen – nach Hause zurückkehren können. Die vorgeschriebene regelmäßige Ruhezeit pro Woche kann nicht im Fahrerhaus des Lkw verbracht werden. Wenn die Fahrer diese Ruhezeit nicht zuhause verbringen, müssen die Unternehmen für die Unterbringung zahlen.

„Das neue Gesetzespaket will dem Nomadendasein der Lkw-Fahrerinnen und-Fahrer ein Ende setzen“, fasste Ertug zusammen.

Um Betrug zu verhindern, werden Fahrten über Grenzen hinweg in Zukunft mit Fahrtenschreibern registriert. Indem Kabotagefahrten in demselben Staat mit demselben Fahrzeug erst nach einer Wartezeit von vier Tagen durchgeführt werden dürfen, soll verhindert werden, dass die nur vorübergehend erlaubte Kabotage systematisch angewandt wird. Zudem müssen Güterkraftverkehrsunternehmen nachweisen, dass sie in dem Mitgleisstaat, in dem sie registreirt sind, in erheblichem Umfang tätig sind. Briefkastenfirmen soll damit „der Riegel vorgeschoben werden“. Nach den neuen Vorschriften müssen außerdem Lastwagen alle acht Wochen zum Betriebszentrum des Unternehmens zurückkehren. Unter die EU-Vorschriften für Verkehrsunternehmen fällt künftig auch der Einsatz von leichten Nutzfahrzeugen über 2,5 Tonnen, die dann ebenfalls mit einem Fahrtenschreiber ausgestattet sein müssen.

Rechtsrahmen setzen, der für alle gilt

Mit den jetzt beschlossenen Vorschriften will die EU einen klaren Rechtsrahmen vorgeben, der verhindern soll, dass in Mitgliedstaaten unterschiedliche Regelungen gelten und für eine gerechte Entlohnung der die Fahrer sorgen soll. Die Entsendevorschriften gelten für die Kabotage und den internationalen Gütertransport. Der Transitverkehr, bilaterale Gütertransporte und bilaterale Gütertransporte mit zwei zusätzlichen Be- oder Entladevorgängen sind jedoch davon ausgenommen.

Die Vorschriften sollen in Kraft treten, sobald sie im Amtsblatt der EU veröffentlicht sind. Wenige Wochen wird das noch dauern. 18 Monate nach Inkrafttreten des Rechtsakts gelten dann die neuen Entsendevorschriften und Marktzugangsregeln. An die neuen Ruhezeiten und die Rückkehr der Fahrer müssen sich die Unternehmen bereits 20 Tage nach Inkrafttreten halten.

Hoffnung auf Angleichung der Wettbewerbsbedingungen

Ob der erzielte Kompromiss tatsächlich zu einer Angleichung der Wettbewerbsbedingungen und Sozialvorschriften sowie zu einer Präzisierung der Marktzugangsbedingungen führt, werde, so kommentierte der DSLV Bundesverband Spedition und Logistik, wesentlich von der Umsetzung und der zukünftigen Kontrolldichte in den Mitgliedstaaten abhängen. Der Verband nennt als eine Ursache der aktuellen Misere die Überforderung staatlicher Kontrollen. Daher hielte es Hauptgeschäftsführer Frank Huster auch für wichtig, dass endlich die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass „bereits geltendes Recht durchgesetzt wird“.