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Expertenrat "Digitale Transformation in Transport & Logistik": Digitalisierung gelingt nur gemeinsam

Der Expertenrat „Digitale Transformation in Transport & Logistik“ (ETL) veröffentlicht einen Katalog mit Hindernissen, die eine umfassende digitale Transformation der Transportlogistik bremsen.

Die Mitglieder des Expertenrats (v.l.n.r.) Matthias Kliché, Bernhard Schmaldienst, Prof. Dr.-Ing. Heinz-Leo Dudek, Dr. Petra Seebauer, Frauke Heistermann, Prof. Dr. Thomas Krupp, Dr. Ismail Dagli und Mario Wolter mit Gast Timo Ketterer. | Bild: VDO
Die Mitglieder des Expertenrats (v.l.n.r.) Matthias Kliché, Bernhard Schmaldienst, Prof. Dr.-Ing. Heinz-Leo Dudek, Dr. Petra Seebauer, Frauke Heistermann, Prof. Dr. Thomas Krupp, Dr. Ismail Dagli und Mario Wolter mit Gast Timo Ketterer. | Bild: VDO
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Tobias Schweikl

Das Mobilitätspaket I der Europäischen Kommission stellt eine der größten Änderungen des EU-Transportwesens der letzten 40 Jahren dar und beschleunigt damit verbundene Digitalisierungsprojekte. Gleichzeitig bestehen noch immer große Potenziale in der Digitalisierung der gesamten Lieferkette. Dies verlangt eine interne wie externe Vernetzung der verschiedenen Stakeholder und Prozesse. Vor diesem Hintergrund hat der Expertenrat „Digitale Transformation in Transport & Logistik“ neun Hindernisse – „Roadblocks“ – für die noch immer zögerliche digitale Transformation der Branche herausgearbeitet.

„Viele der wesentlichen Herausforderungen, die wir identifiziert haben, besitzen einen großen gemeinsamen Nenner“, unterstrich Frauke Heistermann, eine der beiden Vorsitzenden des Expertenrats. „Die Unternehmen müssen die Digitalisierung gemeinsam angehen – mit Kunden, Lieferanten und ihren Partnern. Alleingänge werden nur einen Bruchteil des Potenzials realisieren.“

Hindernisse einer digitalen Transformation

  • Roadblock 1: Es gibt zu viele isolierte Systeme. Ohne übergreifende und miteinander verzahnte digitale Prozesse bleibt alles Stückwerk.
  • Roadblock 2: Es fehlen Standards oder Standards setzen sich nicht durch. Deshalb sind die einflussreichsten Kräfte der Transportlogistik aufgefordert, gemeinsam notwendige Standards für die Branche zu erzeugen.
  • Roadblock 3: Es herrscht ein Mangel an gegenseitigem Vertrauen. Erst wenn alle Teilnehmenden eines digitalen, automatisierten Prozesses sicher sein können, dass ihre Daten nicht von anderen Prozessteilnehmenden missbräuchlich genutzt werden, wird die durchgehende Digitalisierung möglich sein.
  • Roadblock 4: Die Unternehmenskultur ist häufig nach innen orientiert. Silos müssen abgebaut und die Türen für digitale Kooperationsprojekte mit anderen Unternehmen, Partnern, Dienstleistern und Zulieferern geöffnet werden.
  • Roadblock 5: Die Komplexität ist oft unnötig hoch. Die Digitalisierung sollte der Vereinfachung dienen, eine exzellente Usability erzeugen und einen hohen Nutzen bieten.
  • Roadblock 6: Es fehlen Innovationsbudgets, daher sollte frühzeitig geregelt werden, wer welche Ausgaben tätigt.
  • Roadblock 7: Der Zeithorizont vieler Projekte ist zu kurz, die Erwartungen zu hoch.
  • Roadblock 8: Das Sprachrohr in die Politik ist nicht laut genug, denn dort müssen die notwendigen verbindlichen Standards für Deutschland oder die EU festgelegt werden.
  • Roadblock 9: Es fehlen Leuchtturmprojekte und damit starke Vorbilder für fortschrittliche Projektinitiativen in Deutschland und der EU.

Allerdings gebe es auch Beispiele, die den Nutzen einer funktionierenden übergreifenden Digitalisierung verdeutlichen:

Mobilitäts Daten Marktplatz (MDM)

Als zentrales Online-Portal zur Bereitstellung von Verkehrsdaten funktioniert er nur dann reibungslos, wenn alle wesentlichen Infrastrukturdaten, beispielsweise die Höhe der Brücken, erfasst sind. Mit dem Datenformat DATEX II wurde bereits eine elektronische Sprache für den Austausch dynamischer Straßenstatus- und Verkehrsdaten entwickelt.

Damit daraus aber für das Transportwesen ein Nutzen entsteht, gilt es, flächendeckend in Ländern und Kommunen Daten sowohl über die Infrastruktur mit Restriktionen als auch über dynamische Ereignisse wie Baustellen zu erheben und entsprechende Plattformen wie SEVAS in Nordrhein-Westfalen (sevas.nrw.de) zu etablieren.

Fahrermangel

An allen Ecken und Enden fehlen Fahrerinnen und Fahrer, viele sind schon im fortgeschrittenen Alter, und der Nachwuchs fehlt. Dabei könnte die Digitalisierung zur Verbesserung der Situation beitragen, indem sie dafür genutzt wird, intelligenter zu planen und so den Alltag der Fahrerinnen und Fahrer zu vereinfachen und zu verbessern. Dafür müssten allerdings die Kräfte der involvierten Parteien gebündelt und operative und strategische Allianzen gebildet werden.

Neben multilingualen Tools, Systemen und Formularen, die der Zuwanderung Rechnung tragen, sollte es eine verpflichtende Transport-Ethik zum Schutz der Fahrerinnen und Fahrer geben. Der Expertenrat empfiehlt zusätzlich, Zukunftsmodelle zu entwickeln, in denen Lkw täglich länger im Mehrschichtbetrieb oder sogar rund um die Uhr im Einsatz sind.

Eine Voraussetzung hierzu sind flexiblere Be- und Entladefristen sowie Arbeitszeiten. Dadurch verringern sich zum Beispiel die Parkplatzprobleme und Staus in den Peak-Zeiten, die Fahrer werden entlastet und die Arbeitsbedingungen deutlich verbessert.

eCMR – der elektronische Frachtbrief

Auch wenn viele EU-Länder, darunter Deutschland, bereits zugestimmt haben, einen elektronischen Frachtbrief nutzen zu wollen, ist die Branche von einer Standardisierung noch weit entfernt. Daher wird immer noch mit Papierdokumenten gearbeitet, die Fahrerinnen und Fahrer oftmals wegen ihrer Komplexität überfordern. Deswegen sollte eine Standardisierung und inhaltliche Vereinfachung des eCMR durch eine Kooperation großer Unternehmen der Transportlogistikbranche, Verladern und Dienstleistern angestoßen werden. Damit würde vermieden, dass die Fahrer künftig mit unterschiedlichen eCMR konfrontiert wären. Auch könnte der digitale Tachograph als sicherer Speicherort und somit Transsportmittel eines standardisierten eCMR dienen.

Die zehn Ratsmitglieder sind sich einig: Isolierte Systeme und Projekte in den Unternehmen und Organisationen müssen miteinander und untereinander vernetzt werden. Abgeschottete Digitalisierung führt nur zu kleinteiligen Verbesserungen.

Dazu Frauke Heistermann: „Es hat sich wieder einmal gezeigt, dass digitale Lösungen und Vernetzung eine enge Zusammenarbeit, ein besseres Verständnis des Gesamtprozesses und einen ehrlichen Abgleich der Erwartungshaltungen erfordern. Geschieht das erfolgreich, entstehen enorme Wettbewerbsvorteile, zum Beispiel mehr Resilienz, Zuverlässigkeit, Schnelligkeit, operative Exzellenz und neue Umsatzpotenziale.“

Die nächste Sitzung des Expertenrats findet im Frühjahr 2024 statt.

Der Expertenrat „Digitale Transformation in Transport & Logistik“:

Der Expertenrat „Digitale Transformation in Transport & Logistik“ soll als Meinungsführer und Wegweiser in eine digitale Zukunft sowie als Vordenker und Vorreiter in Sachen Compliance für Transport und Logistik agieren und dabei helfen, Handlungen und Entscheidungen auf Basis von Empfehlungen abzuleiten.

Zu den ständigen Mitgliedern des Expertenrats, der zweimal jährlich tagt, gehören aktuell:

  • Frauke Heistermann, Unternehmerin, Aufsichtsrätin mit Fokus auf Logistik, Supply Chain, Digitalisierung
  • Prof. Dr. Thomas Krupp, Professor für Transport- und Verkehrslogistik, Technische Hochschule Köln
  • Stefan Brunner, Vice President Auto-Mobility, DHL Freight
  • Dr. Ismail Dagli, Leiter des Geschäftsfelds „Smart Mobility“, VDO/Continental
  • Prof. Dr.-Ing. Heinz-Leo Dudek, Prorektor und Dekan der Fakultät Technik, DHBW Ravensburg
  • Matthias Kliché, Head of Legal Requirements im Geschäftssegment Connected Commercial Vehicle Solutions, VDO/Continental
  • Diego Santos-Burgoa, Executive Managing Director und Head of Sales & Services Program, VDO/Continental
  • Bernhard Schmaldienst, Director Operations - Freight Procurement & Audit, Transporeon
  • Dr. Petra Seebauer, Geschäftsführerin Logistik-Kompetenz-Zentrum (LKZ) Prien
  • Mario Wolter, Chief Operating Officer Spedition, Seifert Logistics Group
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