Hochschule Fulda erforscht Dekarbonisierung des Schwerverkehrs

Wissenschaftler sehen vor allem im Nahverkehr großes Potenzial. Mit einem Fahrplan für die klimafreundliche Transformation des Schwerlastverkehrs wollen sie Politik und Unternehmen anleiten.

Der E-Lkw während einer Testfahrt durch bergiges Gelände in der Rhön. (Foto: Hochschule Fulda)
Der E-Lkw während einer Testfahrt durch bergiges Gelände in der Rhön. (Foto: Hochschule Fulda)
Johannes Reichel
(erschienen bei Transport von Christine Harttmann)

Bisher noch sind E-Lkw eine Seltenheit auf den Straßen. Ein wissenschaftliches Team um Professor Dr. Boris Zimmermann will das ändern. Der Logistiker von der Hochschule Fulda sieht im Nahverkehr großes Potenzial für die elektrischen Nutzfahrzeuge. Die ersten Ergebnisse seines Forschungsprojekts, das er gemeinsam mit dem Praxispartner Stark Deutschland im Großraum Frankfurt am Main durchführt, sollen dieses Potenzial deutlich machen.

Wie schaffen wir die Energiewende? Ein Hebel sind nach Ansicht der Forschenden schwere Lkw, die im Nahverkehr, also in einem Radius von 50 bis 100 Kilometern unterwegs sind, um Waren von A nach B zu transportieren. Würden wir für diese Transporte Strom statt Diesel einsetzen, wäre es in unseren Städten nicht nur viel leiser, wir könnten auch einen großen Teil CO2 einsparen. Doch wie muss die Infrastruktur dafür aussehen? Wie sollten die Unternehmen ihre Flotten umrüsten? Und wie lässt sich das möglichst effizient realisieren? Bisher gebe es dazu kaum Realdaten, teilt die Hochschule Fulda mit.

Nun sammeln Professor Dr. Boris Zimmermann und sein Team die Daten derzeit im Rahmen eines Forschungsprojekts. Dafür loggen sich die Wissenschaftler:innen in das Telematiksystem eines E-Lkw ein, der im Auslieferverkehr in der Rhein-Main-Region unterwegs ist. Praxispartner ist der Baustoffhändler Stark Deutschland.

Die Einsatzfähigkeit belegen

Weil der Lkw-Markt im Vergleich zum Pkw-Markt deutlich kleiner ist und es für Unternehmen eine große Herausforderung ist, ganze Flotten umzustellen, braucht es die wissenschaftliche Vorarbeit.

„Was kann das Fahrzeug? Was kann es erreichen? Ist das wirtschaftlich? Die Anwender interessiert letzten Endes nur die Einsatzfähigkeit“, sagt Zimmermann.

Die entscheidende Frage laute: Wie viele Diesel-Lkw kann man eins zu eins durch E-Lkw ersetzen? Durch die Arbeit mit dem Test-Lkw sei das Team der Antwort schon ein großes Stück nähergekommen, gibt die Hochschule bekannt.

„Am Ende wissen wir: Dieses Fahrzeug ist im Schnitt so viele Kilometer gefahren. Wir haben so und so viele Touren unter 200 Kilometer Länge. Wir schauen, welche Fahrzeuge das waren. Wenn das immer dieselben Fahrzeuge sind, können wir zeigen, dass wir 70, 80 Prozent der Touren ersetzen können.“

Für das kommende Jahr sieht Zimmermann ein Potenzial von 500 bis 1.000 E-Lkw in Deutschland.

Stabile Förderung notwendig

Damit Unternehmen ihre Flotten umrüsten können, brauche es aber eine stabile staatliche Förderung. Die Lösungen für den Pkw-Verkehr können nicht eins zu eins auf den Schwerlastverkehr übertragen werden, davon ist Zimmermann überzeugt:

„Wir reden hier von anderen Reichweiten, von anderen Leistungsvolumina, wir transportieren viel mehr Gewicht. Der Lkw muss schnell geladen werden, damit er weiterfahren kann.“

Zusätzlich müsse der Markt angeschoben werden, damit in die Entwicklung der Fahrzeuge, der Batterien und weiterer Lösungen investiert würde.

„Deshalb sind solche Projekte so wichtig“, betont der Logistiker.

Fahrplan für Unternehmen und Politik

Mit Abschluss des Projekts will das Team ein Dekarbonisierungskonzept vorlegen, das sowohl den Unternehmen als auch der Politik als Fahrplan für die klimafreundliche Transformation des Schwerlastverkehrs dienen kann.