Hyundai startet mit Fuel Cell-Truck von der Schweiz aus in den Markt

Zusammen mit Partnern will der koreanische Hersteller die Schweiz zur Speerspitze auf dem Weg zur H2-Gesellschaft machen. Zum Start beginnt man 2020 mit 50 FC-Trucks, die an Logistiker im Leasing vergeben werden und will ein spezielle H2-Ökosystem schaffen.

Symbolischer Akt: In Ermangelung des FC-Trucks beim Startschuss schlossen die Verantwortlichen im Alpiq-Wasserkraftwerk in Niedergösgen einen Nexo an eine H2-Pistole an. | Foto: J. Reichel
Symbolischer Akt: In Ermangelung des FC-Trucks beim Startschuss schlossen die Verantwortlichen im Alpiq-Wasserkraftwerk in Niedergösgen einen Nexo an eine H2-Pistole an. | Foto: J. Reichel
Redaktion (allg.)
(erschienen bei VISION mobility von Johannes Reichel)

Der koreanische Automobilhersteller Hyundai hat jetzt in Niedergösgen/Schweiz den Startschuss für ein ambitioniertes Fuel-Cell-Truck-Projekt in der Schweiz gegeben. Dabei sollen bis zum Jahr 2025 1.600 Fahrzeuge des Modell Xcient Fuel Cell sowie die Infrastruktur und Service im Leasing-Modell für Logistiker und Transporteure zur Verfügung gestellt werden. Damit steigt der Hersteller zugleich in den europäischen Markt für schwere Nutzfahrzeuge ein.

"Das ist ein historischer Meilenstein für Hyundai und eine Gelegenheit, die man nur einmal im Leben bekommt. Wir werden den Truck unseren Schweizer Kunden in einem speziell zugeschnittenen Ökosystem anbieten", erklärte Edward Lee, Executive Vice President Commercial Vehicles bei Hyundai.

Lee sieht damit zugleich den Abschied des Verbrennungsmotors auch bei den Lkw eingeläutet und betonte, ohne die Unterstützung der Partner wäre die Umsetzung des vor etwa anderthalb Jahren gestarteten Projekts nicht möglich gewesen. Die Leasinggesellschaft ist ein Gemeinschaftsunternehmen von Hyundai und H2 Energy. Ende 2019 soll der erste Elektrolyseur in Betrieb gehen, der mit Megawatt Leistung zu 100 Prozent grünen Wasserstoff produzieren soll. Die 300 Tonnen H2 soll für die Testflotte, die Anfangs 4x2-Solo-Motorwagen besteht, genügen, die ab 2020 an den Start geht, etwa bei Logistikern wie Galliker, Coop, Migros, Transgourmet oder Indermühle Transport. Bis 2025 will man die Kapazität auf 70 Megawatt aufstocken.

Für die Bereitstellung des Kraftstoffs und der Infrastruktur wurde eigens ein Tochterunternehmen Hydrospider gegründet, dem neben Linde, H2 Energy sowie der Energieversorger Alpiq angehören. Vom Pioniermarkt Schweiz aus plant der Lkw-Hersteller eine weitere Expansion auf andere europäische Märkte mit der Technologie. Speziell Partnernetzwerke in Deutschland, den Niederlanden, Österreich und Norwegen sollen dafür genutzt werden.

"Wir tauschen hier nicht nur einen Antrieb aus, es ist ein kompletter Paradigmenwechsel", erklärte Mark Freymüller, Chef des eigens gegründeten Gemeinschaftsunternehmens zwischen Hyundai und H2 Energy, Hyundai Hydrogen Mobility (HHM).

Die Absicht sei, den Kunden einen einfachen Einstieg in die H2-Mobilität zu ermöglichen, bei denen die Unternehmen nur eine feste monatliche Rate bezahlen, Fahrzeug, Kraftstoff, die Tankinfrastruktur und der Service werden von HHM organisiert. Man wolle damit das "Henne-Ei-Problem" für den Kunden lösen.

"Es geht hier nicht um ein weiteres schönes Demo-Projekt, wir gehen mit diesen Trucks in die Praxis und den Transportalltag. Wir haben einen langfristigen Plan zur Einführung der Technologie, damit beginnen wir jetzt in der Schweiz", betont Freymüller.

Er sieht in dem Land eine größere Bereitschaft und Offenheit auch für die Technologie bei den Transport- und Logistikpartnern, aber auch die Rahmenbedingungen wie etwa beim Thema CO2-Preis spielten der Einführung nachhaltiger Antriebstechnologien in die Karten. Von Kundenseite sei die Nachfrage hoch und es gebe kein Problem, die 1.600 Fahrzeuge abzusetzen, auch aus anderen Ländern sei das Interesse hoch. Man wolle die Produktion und die Kapazitäten für die Fertigung in Korea jetzt langsam hochfahren.

Ökonomische und ökologische Rentabilität beweisen

Auch wenn die Kosten am Anfang deutlich über konventionellen Antrieben lägen, wie Freymüller zugestand, sollen über eine gewisse Spanne Zeit auch gegenüber einem Diesel-Lkw rentabel sein. Er führte die niedrigeren Wartungs- und Servicekosten an, verwies zudem auf zunehmend strikte Einfahrregulierungen in Europa. Das Servicenetz soll außerhalb des für die Zwecke nicht geeigneten Hyundai-Pkw-Netzes aufgebaut und mit nutzfahrzeugerfahrenen Partnern umgesetzt werden. Man sei hier in Gesprächen. Unter dem Strich wolle einen "starken Business Case" abliefern, der die ökonomische und ökologische Rentabilität der Fuel-Cell-Technologie unter Beweis stelle, unterstrich auch Lee. Mit der Skalierung der Technologie soll sich diese Lücke zudem weiter schließen.

Bis 2040 will der Hersteller weltweit bis zu 700.000 FC-Trucks im Markt haben. Die Tankstellenbetreiber sollen eine garantierte Auslastung von zehn Fahrzeugen pro Stunde erhalten, sodass sich die hohen Anfangsinvestitionen - die Rede ist von ca. 700.000 bis eine Million Euro für eine Tankanlage - über die Zeit amortisieren könnten. wie Rolf Huber, Chairman der H2 Energy AG sowie von Hydrospider, erklärte. Es solle für alle Beteiligten der neu zu knüpfenden Wertschöpfungskette ein profitables Geschäft sein, versprach der Chairman. Vor allem solle dabei der Preis für das Kilo Wasserstoff eine zentrale Rolle spielen, der energieäquivalent zu 7,7 Liter fossilen Kraftstoffs angesetzt werden müsse.

400 Kilometer Reichweite dürften genügen

Der Xcient Fuel Cell ist als 34-Tonnen-Fahrzeug im Einklang mit europäischen Normen konfiguriert. Er verfügt über einen 190 kW starken Brennstoffzellenantrieb aus zwei 95 kW-Stacks, ingesamt 35 kg fassende H2-Tanks hinter der Fahrerkabine, die mit 350 bar in zehn bis zwölf Minuten betankt wird und eine Reichweite von 400 Kilometer ermöglichen soll. Den Anfang machen gemeinsam mit den Schweizer Logistikern konfigurierte 4x2-Motorwagen, denen 6x2-Varianten mit Lebensmittel-Koffer- und auch Frigoaufbauten. Später soll auch eine Sattelzugmaschine folgen. Hyundai setzt für Überland- und Reisebusse und das mittlere und schwere Lkw-Segment auf den Brennstoffzellenantrieb, während man für leichte Nutzfahrzeuge und Stadtbusse eher den batterieelektrischen Antrieb favorisiert.

Es braucht einen Mentalitätswechsel

Die Herausforderung bei dem Projekt sieht man auch weniger in der Technologie. "Die ist vorhanden, auch finanzielle Unterstützung und die Partner", meint Rolf Huber von der H2 Energy AG.

"Das Problem ist die Mentalität. Wir müssen hier komplett umdenken und sektorübergreifend agieren. Wir müssen zu einer Kreislaufökonomie kommen und von der Natur lernen", appellierte er.

Es mache keinen Sinn, wenn etwa Logistiker nur vom Tank bis zum Rad dächten, Tankstellenbetreiber über den Platzverlust für Ladeinfrastruktur klagten und Energieversorger nur vom Kraftwerk bis zur Steckdose und nach dem Motto "take or pay" agierten. Die Sektorkoppelung werde mit der Kooperation von Alpiq, H2 Energy und Linde Realität. Er sprach sich für enge Kooperationen der Bereiche aus. "Letztlich geht es darum, den Klimawandel und die Krise in den Griff zu bekommen. Das funktioniert nicht in den alten Mustern", skizzierte der H2-Spezialist. Er betonte zudem, dass es vielen der Partner im Projekt nicht um "TCO"-Argumente ginge, es sei eben auch viel Idealismus dabei und die Einsicht, dass wir nachhaltigere Antriebe dringend bräuchten.