IRU: Fahrermangel in Europa verdreifacht sich bis 2026

Alarmierende Zahlen der International Road Transport Union (IRU): Sofern die Politik nicht gegensteuert, könnten in vier Jahren mehr als zwei Millionen Fahrer in Europa fehlen.

Vor allem Frauen sind echte Mangelware im Lkw-Fahrerhaus, aber auch bei den Männern wollen viel zu wenige auf den Bock. (Symbolbild: Adobe Stock)
Vor allem Frauen sind echte Mangelware im Lkw-Fahrerhaus, aber auch bei den Männern wollen viel zu wenige auf den Bock. (Symbolbild: Adobe Stock)
Johannes Reichel
(erschienen bei Transport von Nadine Bradl)

Ein neuer Bericht der International Road Transport Union (IRU) zeigt, dass der Mangel an Lkw-, Bus- und Reisebusfahrern in Europa außer Kontrolle gerät, angeheizt durch eine gestiegene Transportnachfrage und einer alternden Fahrerpopulation. Die wachsende Kluft zwischen ausscheidenden und neuen Fahrern werde die Quote der unbesetzten Lkw-Fahrerstellen bis 2026 auf über 60 Prozent verdreifachen und sich bei Bus- und Reisebusfahrern um mehr als das Fünffache auf fast 50 Prozent bis 2026 erhöhen, so die Studie.

Düstere Zeiten

Der neue Bericht bewertete sechs Länder, die zwei Drittel des gesamten Straßengüterverkehrs in Europa ausmachen, und vier Länder für den Personenverkehr, die 28 Prozent des Gesamtverkehrs ausmachen. Ohne Maßnahmen, um den Fahrerberuf zugänglicher und attraktiver zu machen, könnten in Europa bis 2026 über zwei Millionen Fahrer fehlen, was die Hälfte aller Frachtbewegungen und Millionen von Personenfahrten beeinträchtigen würde, heißt es. Obwohl die Fahrergehälter bis zu fünfmal höher seien als die durchschnittlichen Mindestlöhne, enthält der Bericht alarmierende Daten über die Schwierigkeiten beim Zugang zum Fahrerberuf, insbesondere für junge Menschen, und seine Attraktivität, insbesondere für Frauen.

IRU-Generalsekretär Umberto de Pretto sagte: „Die Fahrermangelkrise in Europa beschleunigt sich rapide und stellt eine große Bedrohung für den Kontinent dar, wenn nichts unternommen wird. Lkw transportieren 75 Prozent des Frachtvolumens in Europa und 85 Prozent seiner verderblichen, hochwertigen und medizinischen Waren wie Impfstoffe und Lebensmittel.“

„Ohne Fahrer werden Europas Wirtschaft, soziale Mobilität und der Klimaplan zum Erliegen kommen. Aber es gibt bewährte Lösungen, insbesondere wenn Industrie und Regierung zusammenarbeiten“, fügte er hinzu.

Es fehlen Frauen und Jugendliche

Der Anteil junger Fahrer ist gering (6 Prozent im Güterverkehr und 5 Prozent im Personenverkehr), trotz guter Fahrerlöhne und anhaltend hoher Jugendarbeitslosigkeit in vielen Ländern. Frauen machen auch nur einen kleinen Prozentsatz der Lkw-Fahrer aus, obwohl die Frauenarbeitslosigkeit in einigen Ländern erheblich ist. Spanien zum Beispiel hat eine der höchsten Frauenarbeitslosenquoten in Europa (14 Prozent), aber einen der niedrigsten Anteile an weiblichen Lkw-Fahrern (2 Prozent), im Gegensatz zu den weiblichen Bus- und Reisebusfahrern (12 Prozent).

Zugangs- und Attraktivitätsschlüssel

Das Mindestqualifikationsalter liegt für Lkw-Fahrer in fünf EU-Ländern immer noch bei 21 Jahren und für die meisten Stellen als Bus- und Reisebusfahrer in der gesamten EU zwischen 21 und 24 Jahren, was eine große Hürde für Schulabgänger darstellt, so der Bericht. Auch hohe Lizenz- und Schulungskosten seien ein Hindernis. In Frankreich kostet ein Lkw-Führerschein 5.300 Euro, mehr als das Dreifache des durchschnittlichen monatlichen Mindestlohns, während in Deutschland ein Busführerschein durchschnittlich 9.000 Euro kostet, mehr als das Vierfache des monatlichen Mindestlohns.

Sicherheit, insbesondere für Fahrerinnen, ist laut IRU entscheidend, um den Beruf attraktiver zu machen, wobei 95 Prozent der Lkw-Fahrer und 94 Prozent der Transportunternehmen ihr höchste Priorität einräumen. Doch nur 3 Prozent der bestehenden Lkw-Parkplätze in der EU seien als "sicher" zertifiziert.

Lösungen auf dem Tisch

Der öffentliche und der private Sektor müssen deshalb laut IRU zusammenarbeiten, um dem Fahrermangel entgegenzuwirken. Der Bericht skizziert 20 Lösungen, die derzeit von Straßenverkehrsverbänden, Unternehmen und Verladern implementiert werden.
Auch die Behörden müssen Maßnahmen ergreifen, um eine Eskalation des Mangels zu verhindern, darunter:

  • Festlegung des Mindestalters für das Fahren auf 18 Jahre, mit Ausbildung ab 17 Jahren
  • Subventionierung von Lizenz- und Ausbildungskosten für neue Fahrer
  • Bau sichererer Parkplätze