21.04.2010
Redaktion (allg.)
Die aus der ehemaligen DDR (Ostberlin) stammende und vor der Wende in die Bundesrepublik übergesiedelte Klägerin hat von der Beklagten, einem in Stuttgart ansässigen Unternehmen, die Zahlung einer Entschädigung, gestützt auf das AGG, begehrt.
Die Klägerin hatte sich im Juli 2009 bei der Beklagten erfolglos auf ein Stellenangebot beworben. Auf dem zurückgesendeten Lebenslauf befand sich unter anderem der Vermerk "(-)OSSI". Die Beklagte, welche nach eigener Darstellung mehrere Mitarbeiter aus Ostdeutschland beschäftigt, hatte vorgebracht, die Stellenabsage sei nicht wegen der Herkunft der Klägerin erfolgt.
Das ArbG Stuttgart hat die Klage abgewiesen.
Nach Auffassung des Gerichts kann die Bezeichnung als "Ossi" zwar diskriminierend gemeint sein und/oder so empfunden werden, sie erfülle jedoch nicht das Merkmal der ethnischen Herkunft im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). § 1 AGG lautet: "Ziel des Gesetzes ist es, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen". Bei Verstößen gegen das Benachteiligungsverbot sehe das Gesetz in § 15 Abs. 1 und 2 AGG Schadensersatz- und/oder Entschädigungsansprüche vor.
Selbst wenn davon ausgegangen wird, so das Gericht, dass mit dem Begriff "Ethnie" Populationen von Menschen beschrieben werden, die durch ihre Herkunft, ihre Geschichte, ihre Kultur, durch ihre Verbindung zu einem spezifischen Territorium und durch ein geteiltes Gefühl der Solidarität verbunden sind, so werde die Bezeichnung "Ossi" nicht dem Begriff der Ethnie als Gesamtgefüge dieser Elemente gerecht.
Die Gemeinsamkeit ethnischer Herkunft könne sich in Tradition, Sprache, Religion, Kleidung oder in gleichartiger Ernährung ausdrücken. Außer der Zuordnung zum ehemaligen DDR-Territorium fehle es bei den "Ossis" an diesen Merkmalen, zumal die DDR nur wenig mehr als eine Generation, nämlich 40 Jahre lang, eine von der Bundesrepublik unterschiedliche Entwicklung genommen hat.
Gegen das Urteil des Arbeitsgerichts kann die Klägerin binnen eines Monats nach seiner Zustellung Berufung beim LArbG Baden-Württemberg einlegen. (swe)
ArbG Stuttgart, Aktenzeichen 17 Ca 8907/09
Quelle: juris