Kommentar: Jetzt also ohne Briten

Was bedeutet der Brexit für Europa? Unsicherheit und Sorge, ja. Doch der Weltuntergang bleibt auch diesmal aus. Vermutlich.

Die Riß zwischen Großbritannien und Europa geht tief. | Foto: Fotolia / bluedesign
Die Riß zwischen Großbritannien und Europa geht tief. | Foto: Fotolia / bluedesign
Tobias Schweikl

von Tobias Schweikl, Chefredakteur LOGISTRA
 

Seit heute Morgen ist klar – die Briten gehen ihren Weg ohne Europa. Auf der Insel haben sich in einem teils hektischen Wahlkampf die Angstmacher gegenseitig hochgeschaukelt: Angst vor dem europäischen Bürokratiemonster und europäischer Freizügigkeit gegen die Angst vor wirtschaftlichem Niedergang und politischer Bedeutungslosigkeit. Bei diesen Alternativen ist es nicht verwunderlich, wenn der britische Souverän die trotzige, die eigenständige Lösung wählt. Wenn schon schwere Zeiten, dann bitte mit eigener Identität!
Und Europa? Wirtschaft und Politik auf unserer Seite des Kanals müssen mit der neuen Situation umgehen. Laut Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), folgt eine „Phase der Unsicherheit“, die für die Industrie „alles andere als hilfreich“ sei. Dies gelte sowohl für die Finanz- und Devisenmärkte als auch für die Auswirkungen auf den Waren- und Dienstleistungsverkehr. Das klingt nicht schön, aber auch nicht nach Weltuntergang.
Auch die Bundesvereinigung Logistik (BVL) nimmt den Ausgang des Referendums „mit Sorge“ zur Kenntnis. Zwar würden die Warenströme nach dem EU-Austritt zunächst weiterfließen wie bisher, da die Verträge zwischen Großbritannien und seinen Handelspartnern neu verhandelt werden müssen. Dafür sei ein Zeitraum von zwei Jahren vorgesehen.
Für die Zeit danach prophezeien aber auch die BVL-Experten nicht wirklich den Weltuntergang. Im Falle einer ansonsten unveränderten EU, sei sogar mit deutlichem Wachstum des Wirtschaftsbereichs Logistik in Deutschland zu rechnen, da Logistikzentren aus dem Vereinigten Königreich zurück auf das Festland wandern würden.
Kritisch wird es laut BVL erst, wenn andere Länder dem Beispiel Großbritanniens folgen und die Europäischen Union auseinanderbricht. Spätestens dann würde Deutschland die Auswirkungen massiv spüren: als Exportnation profitieren wir wie kein anderes Land vom gemeinsamen Binnenmarkt.