LEK Consulting: China erobert EU-Automarkt

Partner bei der Strategieberatung L.E.K. und Experte für den Bereich Industrie Cristóbal Colón, geht davon aus, dass die neuen Marken aus China vor allem den Nicht-Premium-Anbietern zusetzen werden. Auch bei den Transportern drängen die China-Marken massiv auf den Markt.

Cristóbal Colón, Partner bei der Strategieberatung L.E.K. und Experte für den Bereich Industrie warnt vor einer Invasion der chinesischen Hersteller ab 2023. | Foto: LEK Consulting
Cristóbal Colón, Partner bei der Strategieberatung L.E.K. und Experte für den Bereich Industrie warnt vor einer Invasion der chinesischen Hersteller ab 2023. | Foto: LEK Consulting
Johannes Reichel
(erschienen bei VISION mobility von Gregor Soller)

L.E.K. Consulting ist ein globales Strategieberatungsunternehmen, das mit Führungskräften zusammenarbeitet, um Wettbewerbsvorteile zu nutzen und das Wachstum zu steigern. Zahlreiche wertvolle Erfahrungen der Beraterteams beschleunigen die Geschäftsentwicklung der Kunden und geben ihr eine neue Richtung, decken Chancen auf und sorgen dafür, entscheidende Situationen zu meistern. Seit 1983 berät L.E.K. Führungskräfte weltweit – in Nord-, Mittel- und Südamerika, im asiatisch-pazifischen Raum sowie in Europa – und aus allen Branchen, von globalen Konzernen über aufstrebende Unternehmen bis hin zu Private-Equity-Investoren. Jetzt äußert sich LEK auch zum Automarkt in Europa.

Nach Jahren des Zauderns und Abwartens drängen chinesische Anbieter 2023 verstärkt auf den Europäischen Markt. Die Umstellung auf Elektrofahrzeuge stellt eine Herausforderung für die Automobilindustrie dar, dazu kamen Verwerfungen wegen der Corona-Pandemie und Lieferengpässe allerorten – von denen teils auch China betroffen war. Jetzt drängt China als neuer Wettbewerber im Automobilsektor mit diversen marken nach Europa. Cristóbal Colón, Partner bei der Strategieberatung L.E.K. und Experte für den Bereich Industrie geht in seinem Marktkommentar darauf ein, was das für die Branche konkret bedeutet:

Unter den Verbrauchern herrscht nach wie vor große Unsicherheit über die tatsächlichen Kosten von E-Fahrzeugen – von der unzureichenden Ladeinfrastruktur hierzulande ganz abgesehen. Doch Emissionsbegrenzungen, die sich gegen Verbrenner richten, führen immer mehr Menschen zum Elektromotor.“

Er schätzt, dass auch die westlichen strengen Emissionsvorschriften chinesische Automobilhersteller bislang vom Markt fernhielten. Die Anbieter lieferten bisher eher regional und in kleinen Dosen Verbrenner oder Hybride respektive Plug-.in-Hybride nach Europa. Die „Hindernisse“ in Form der abgasnormen fallen mit der Abkehr vom Verbrennungsmotor jetzt weg und Colón ist sicher:

„Der europäische Markt wird mit günstigen Elektrofahrzeugen aus China überschwemmt werden, was dazu führt, dass hiesige Hersteller nicht mehr konkurrenzfähig bleiben.“

Er geht davon aus, dass chinesische E-Fahrzeughersteller das Jahr 2023 in Europa „prägen“, indem sie noch stärker als zuvor in diesen Märkten Fuß fassen. Vor allem in bezahlbaren Segmenten der Kompakt-und Mittelklasse.

„Das Premiumsegment dürfte vom anstehenden Boom chinesischer Fahrzeuge nicht allzu hart getroffen werden. Dennoch wird dieser Aufschwung viele der weniger hochwertigen Marken belasten.“

Er ergänzt:

„Im Zuge dessen erwarten wir weitere Turbulenzen, die mit Störungen in der Lieferkette einhergehen werden. Diese Umwälzungen innerhalb der Branche führen zu vermehrten Fusionen und bieten gleichzeitig Chancen für Unternehmen, die einen klaren Blick in Richtung Zukunft haben und die richtige Strategie verfolgen.“

Was bedeutet das?

China kommt und das gewaltig: 2023 drängen tatsächlich viele Marken mit großen Modellpaletten nach Europa und im Gegensatz zu vielen EU-Herstellern kann hier das gesamte Portfolio in relativ kurzer Zeit geliefert werden. Dazu kommt passende Qualität – was den Druck auf die EU-Hersteller weiter erhöht –vor allem im Massensegment. Aber auch die Premiums sind betroffen: Das „Aussteigen“ aus den margenschwächeren Segmenten respektive deren „Outsourcing“ von günstigen Modellen nach China (Smart wurde zu 50% an Geely abgegeben, der nächste Mini ist mit dem Ora Cat verwandt) sorgt auch dort für Druck bei den Stückzahlen und stärkere Abhängigkeiten.