Lkw-Kartell: ELVIS reicht 176-Millionen-Klage gegen Daimler ein

Der Ladungsverbund fasst die Ansprüche von Ansprüche von mehr als 300 Unternehmen gegen die Lkw-Hersteller zusammen. Der Streitwert beträgt 90 Mio. Euro zuzüglich 86 Mio. Euro Zinsen, die Klageschrift umfasst über 600.000 Seiten.
Klage erhoben: Der Ladungsverbund ELVIS sieht sich und seine Mitgliedsbetriebe durch das Lkw-Kartell finanziell "massiv geschädigt" und verlangt jetzt Schadenersatz. | Foto: ELVIS
Klage erhoben: Der Ladungsverbund ELVIS sieht sich und seine Mitgliedsbetriebe durch das Lkw-Kartell finanziell "massiv geschädigt" und verlangt jetzt Schadenersatz. | Foto: ELVIS
Johannes Reichel

Die Europäischer Ladungs-Verbund Internationaler Spediteure AG (ELVIS) hat gegen den Lkw-Hersteller Daimler wegen verbotener Kartellabsprachen Klage auf Schadensersatz in Höhe von 90 Millionen Euro zuzüglich 86 Millionen Euro Zinsen erhoben. Die über 600.000 Seiten starke Klageschrift wurde heute Vormittag beim Landgericht Stuttgart eingereicht. In der eigens für das Verfahren gegründeten Themis Schaden GmbH bündelte man die Ansprüche von 310 kleinen und mittelständischen Frachtführerbetrieben. Diese hatten zwischen Januar 1997 und Januar 2011 Fahrgestelle und Sattelzugmaschinen von Daimler, MAN, Renault, Iveco, DAF, Scania oder Volvo erworben. In Summe handelt es sich dabei um 16.600 Lastkraftwagen, deren Kaufpreise nach Ansicht des Ladungsverbunds teilweise um mehr als 10.000 Euro überteuert waren. Aufgrund des hohen Streitwerts wird erwartet, dass Daimler die anderen Mitglieder des Kartells im Wege der Streitverkündung in das Verfahren hineinziehen wird.

„Durch das über viele Jahre bestehende Kartell der großen Hersteller wurden viele kleine Unternehmen massiv geschädigt. Das ist unerträglich“, erklärte Jochen Eschborn, Vorstandsvorsitzender der ELVIS AG. Vor diesem Hintergrund habe der Verbund eine Möglichkeit für seine Kooperationsmitglieder geschaffen, sich gerichtlich gegen die unlauteren Praktiken der Hersteller zur Wehr zu setzen. Als Vehikel dafür dient die zu diesem Zweck gegründete Themis Schaden GmbH, an die die geschädigten ELVIS-Partner ihre Ansprüche abgetreten haben. Dieses Vorgehen erlaubt die Durchsetzung der Ansprüche in einer einzigen Klage. Anwaltlich vertreten wird die Kooperation von der Kanzlei Arnecke Sibeth.

Prozessfinanzierer im Boot:Indiz für Aussicht auf Erfolg

Um das finanzielle Risiko für ihre Partner zu minimieren, das mit einer zivilgerichtlichen Auseinandersetzung dieser Größenordnung einhergeht, hat ELVIS einen Prozessfinanzierer ins Boot geholt. Dieser übernimmt sämtliche Kosten, die in direktem Zusammenhang mit der Klage stehen. Im Gegenzug ist der Prozessfinanzierer an den Erlösen beteiligt, die aus einer Verurteilung der Lkw-Hersteller resultieren. Die Bereitschaft, die Klage zu finanzieren, zeige auch, dass ihr gute Aussichten auf Erfolg eingeräumt würden, interpretiert der Ladungsverbund.

Die Europäischen Kommission hatte gegen die Kartell-Mitglieder bereits Geldbußen von insgesamt fast vier Milliarden Euro verhängt. Nach den Feststellungen der Kommission haben die genannten Nutzfahrzeug-Hersteller über 14 Jahre hinweg verbotene Absprachen getroffen, unter anderem über ihre Listenpreise und die verspätete Einführung von Technologien zur Senkung von Emissionen. „Weil an diesen Absprachen alle großen europäischen Lkw-Hersteller beteiligt waren, hatten die Spediteure und Transportunternehmer keine Wahl, sie mussten erhebliche Preisaufschläge hinnehmen“, befand der betreuende Anwalt Moritz Lorenz. Weitere Nachteile hätten sich zudem aus der verzögerten Verfügbarkeit von Fahrzeugen mit höheren Abgasstandards ergeben. Der durch die verbotenen Absprachen entstandene Schaden wurde durch ein Sachverständigengutachten beziffert. Mit einem Urteil des Stuttgarter Landgerichts ist nicht vor Mitte/Ende 2019 zu rechnen.