Markt: Einbruch der Industrieproduktion setzt Kapazitäten frei

Laut der Plattform Transporeon ging auf dem Spotmarkt die Nachfrage stark zurück. Wo vor Kurzem noch Engpässe herrschten, gibt es jetzt "erhebliche Kapazitäten" und in Folge Preisabfall.

Ist im europäischen Markt für Straßentransport der Wendepunkt von Unterangebot zu Überkapazität überschritten? (Foto: Kurt Kleemann / Fotolia)
Ist im europäischen Markt für Straßentransport der Wendepunkt von Unterangebot zu Überkapazität überschritten? (Foto: Kurt Kleemann / Fotolia)
Johannes Reichel
(erschienen bei LOGISTIK HEUTE von Therese Meitinger)

Der Plattformanbieter Transporeon hat am 8. April die Ergebnisse seiner aktuellen Transportmarktstudie veröffentlicht. Die Untersuchung stützt sich dem Unternehmen zufolge auf die tatsächlichen Frachtladungen, die auf dem Spotmarkt über die Transportplattform abgewickelt wurden.

Nachdem der Markt für kurzfristige Straßentransportaufträge in Europa noch vor Kurzem durch Engpässe geprägt war, beschreibt die Studie, waren in der Kalenderwoche 14 (30. März bis 4. April) im Spotmarkt erhebliche Kapazitäten verfügbar. Zwar waren demnach die angebotenen Transportkapazitäten in absoluten Zahlen gefallen. Da die Nachfrage aber noch stärkere Rückgänge verzeichnete, führten die überschüssigen Kapazitäten zu sinkenden Preisen im Spotmarkt von durchschnittlich fünf Prozent gegenüber der Vorwoche. In einzelnen Industrien hätte der Preisrückgang sogar bei ungefähr zehn Prozent gelegen, so Transporeon. Gleichzeitig bleibe der Lufttransport aufgrund gegroundeter Passagierflugzeuge sehr angespannt; der Transport medizinischer Notfallgüter habe Priorität.

Die Entwicklungen der Transportmarktstudie im Überblick:

  • In ganz Europa sinkt laut der Studie die Nachfrage nach Straßentransporten seit der zweiten Märzhälfte kontinuierlich. Dies gehe auf den erheblichen Rückgang der industriellen Produktion (vor allem in der Automobilindustrie) zurück, so Transporeon. Frankreich, Italien und Spanien verzeichneten demnach einen Produktionsrückgang von mehr als 20 Prozent. In Deutschland, Österreich und der Schweiz lag der Rückgang der Studie zufolge bei 5,3 Prozent.
     
  • Seit der letzten Märzwoche flacht die Kurve der Stornierungen in Europa laut Transporeon jedoch ab, da Transportdienstleister versuchen, freigewordene Kapazitäten durch niedrige Preise auf dem Spotmarkt zu füllen.Je nach Sektor lag der Preisrückgang demnach zwischen 1,5 Prozent und zehn Prozent (fünf Prozent im Durchschnitt).
     
  • Im gleichen Zeitraum erhöhten sich laut der Studie die verfügbaren Kapazitäten um 14 Prozent in Deutschland, Österreich und der Schweiz, um 12,1 Prozent in den Benelux-Ländern, um zehn Prozent in Italien, um 47 Prozent in Spanien, um zwölf Prozent in Polen und um 6,2 Prozent in Frankreich.
     
  • Auf europäischen Inlandsrouten nimmt Transporeon zufolge die Pünktlichkeit der Straßentransporte zu, da die Einschränkung privater Mobilität auch das Gesamtverkehrsaufkommen senken.
     
  • Grenzüberschreitender Straßentransport bleibe aufgrund der hohen Sicherheitsanforderungen und -kontrollen hingegen schwierig, so die Studie.
     
  • Die Erholung der chinesischen Industrieproduktion nach dem dortigen Abflauen der Corona-Krise führt zu steigender Transportnachfrage, sowohl auf dem Seeweg als auch per Schiene. Schienentransporte von China nach Europa erreichen laut Transporeon derzeit Werte über Vorkrisenniveau.
     
  • Im Lufttransport sieht die Studie hingegen massive Kapazitätsrückgänge, da Passagierflugzeuge weiter am Boden bleiben. 

„Im europäischen Markt für Straßentransport haben wir den Wendepunkt von Unterangebot zu Überkapazität überschritten“, sagte Stephan Sieber, CEO von Transporeon. „Die Frage ist nun, wie lange diese Phase der Überkapazität noch bestehen bleibt und ob wir einer Zeit großer Belastungen speziell für kleinere Transportdienstleister entgegengehen.“