Neue VDI-Richtlinie ab September: SpanSet erläutert Regeln zur Ladungssicherung bei Lkw und Pkw
Am 1. September 2024 soll die überarbeitete VDI 2700 in Kraft treten. Die Richtlinie befasst sich mit der Ladungssicherung von Pkw und Lkw auf Straßenfahrzeugen und definiert den Stand der Technik. Bei Polizeikontrollen und Gerichtsverhandlungen dürfte sie daher von erheblicher Relevanz sein.
Bereits Anfang Juni lud Spanset deshalb die Fachwelt zu einer Informationsveranstaltung ein, deren Hauptthema eben jene überarbeitete und ergänzte VDI-Richtlinie 2700 (Blatt 8 ff.) war. Mit Vorträgen und Fahrdemonstrationen wollte der Ladungssicherungsspezialist den 60 anwesenden Fachleuten das Thema näher bringen.
VDI 2700 grundlegend überarbeitet und ergänzt
„VDI-Richtlinien kommen alle fünf Jahre auf den Prüfstand“, erklärte dort Simon Jäckel, Senior-Projektmanager im Verein Deutscher Ingenieure (VDI). „Dann gibt es drei Möglichkeiten: bestätigen, überarbeiten oder zurückziehen.“
Bei der Überarbeitung der VDI 2700 im Jahr 2017 sei rasch deutlich geworden, dass eine umfassende Aktualisierung erforderlich sei. Diese sollte mehrere Jahre in Anspruch nehmen.
„Bei der Ladungssicherungstechnik hat sich der Stand der Technik erheblich weiterentwickelt und die Fahrzeuge auf der Ladefläche haben sich ebenfalls verändert“, lässt sich Jäckel weiter im Nachbericht er Veranstaltung zitieren.
Man denke nur an SUVs mit ihren riesigen Reifen oder an schwere Elektroautos.
Für die Überarbeitung der VDI 2700 wurde ein Ausschuss mit Vertretern aus Industrie, Prüfgesellschaften und Aufsichtsbehörden gebildet. Zunächst musste geklärt werden, worauf sich der Ausschuss konzentrieren sollte. Das Ergebnis: Es müssen das Transportfahrzeug, die Ladungssicherungshilfsmittel und nicht zuletzt die zu transportierenden Fahrzeuge betrachtet werden.
„Diese Bestandteile haben wir exakt beschrieben, um anschließend nachvollziehbare und umsetzbare Ladungssicherungsmethoden abzuleiten“, referierte der Ausschussvorsitzende Hans-Josef Neunfinger über die frühe Phase des Projekts.
Wie stark darf das Fahrbahnblech verformt sein?
Dann begann die Feinarbeit: Wie müssen Zurrmittel beschaffen sein, welche Vorgaben müssen Fahrbahnelemente erfüllen, wie stabil muss der Aufbau des Fahrzeugtransporters sein?
„Es gab Hunderte von Versuchen mit einem herstellerneutralen Testfahrzeug“, erklärte Thorsten Ludwig, Leiter Ladungssicherung vom TÜV Süd. „Allein schon die Frage, wie viel durch Haken verursachte Verformung am Fahrbahnblech zulässig ist, hat uns mehrere Wochen beschäftigt.“
Warum so lange? Weil der Teufel bekanntlich im Detail steckt! Bei der Behandlung der Fahrbahnbleche hatte der Fachausschuss mit einer bemerkenswerten Crux zu kämpfen, wie Ludwig den Tagungsteilnehmern in seinem Vortrag erläuterte:
„Wenn man Kraft in ein Fahrbahnblech einbringt, dann verformt es sich. Ohne Verformung geht es definitiv nicht.“
Es stellte sich also die Frage: Wie viel Deformation ist erlaubt? Die Antwort liefert nach etlichen Versuchen die VDI-Richtlinie: Maximal drei Millimeter plastische Verformungen im Bereich der Krafteinleitung sind „Stand der Technik“ und somit zulässig, sofern die Verformungen die Funktion des Fahrbahnblechs nicht beeinträchtigen.
Oder die Radvorleger
Oder ein anderes Beispiel: die Radvorleger. Die neue Richtline schreibt vor, dass ihre Höhe beim Pkw-Transport mindestens ein Sechstel des Reifendurchmessers betragen muss, bei kleinen Reifen wenigstens 120 Millimeter. Und was müssen sie aushalten? Die Richtlinie legt fest: Die Blockierkraft in horizontaler Richtung muss bei mindestens 500 daN liegen. Wie akribisch die Ausschussarbeit war, belegt eine Randbemerkung von Neunfinger:
„Um die Reibungskräfte zwischen Fahrbahnblech und Reifen zu definieren, haben wir einen neuen Wert ermittelt und für ihn ein neues Wort erfunden: Gleitreibwiderstandsbeiwert.“ Dieser müsse mindestens 0,4 betragen.
Richtlinie gilt sofort ab Veröffentlichung
Dass die nun bald veröffentlichte VDI 2700 (Blatt 8 ff.) kein theoretisches und detailverliebtes Resultat der Ausschussarbeit ist, betonte Thorsten Ludwig. Er wies darauf hin, dass sie Einfluss auf den Verladealltag nehmen wird.
„Ab ihrer Veröffentlichung gilt die Richtlinie für alle Fahrzeuge, die auf deutschen Straßen unterwegs sind, unabhängig davon, wie alt sie sind.“
Ob es sich bei dem Transportgut um gewöhnliche Pkw und Lkw handelt oder um Oldtimer, Wohnwagen und Wohnmobile, sei unerheblich. Wer ein Fahrzeug privat befördert, hat sich ebenfalls an die VDI 2700 zu halten.
Warnung vor dem bösen Erwachen
Eine Warnung richtete der TÜV-Mann an die Praktiker:
„Spediteure und Frachtführer sollten sich nicht darauf verlassen, dass ihre Auftraggeber die Fahrzeuge auch dann beladen, wenn sie die Konformität ihres Equipments gemäß VDI nicht nachweisen können. So nach dem Motto: Sie brauchen uns ja, damit jemand ihre Autos und Lkw transportiert.“
Denn die Rechtsprechung sei eindeutig: Der Verlader sitzt mit im Boot. Bei einem Verstoß drohen ihm die gleichen Konsequenzen wie dem Fahrer. Deshalb wagte Ludwig eine Prognose, die bei vielen Zuhörern deutliches Kopfnicken auslöste:
„Bei den OEMs werden Sie keinen Logistikverantwortlichen finden, der freiwillig Punkte auf seinem persönlichen Flensburg-Konto akzeptiert, nur weil er einen Transporter mit unzureichender Sicherung vom Hof gelassen hat.“
Erfüllt mein Equipment die VDI-Richtlinie?
Was man nach Einschätzung von Thorsten Ludwig aber nicht machen sollte:
„Jetzt wie wild Haken oder Zurrgurte kaufen.“
Erst einmal sollte sich der Fahrzeugbesitzer vergewissern, ob sein bisher benutztes Equipment richtlinienkonform ist. In den meisten Fällen dürfte das der Fall sein, denn die Richtlinie spiegelt ja den Stand der Technik wider. Das heißt, die Technik ist vorhanden. Ob das für den konkreten Einzelfall gilt, steht auf einem anderen Blatt.
Vermutlich ab 1. September
Und wann tritt die Neufassung der VDI 2700 definitiv in Kraft? Laut Neunfinger dürfte die Richtlinie bereits zum 1. September 2024 veröffentlicht werden. Ab dann gilt sie – und zwar ohne Übergangsfrist.
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