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Neuer Masterplan Ladeinfrastruktur: 68 Punkte für mehr Strom

Kabinett beschließt Maßnahmen für den rascheren Ausbau der Ladeinfrastruktur. Lob, aber auch Kritik äußert der VDIK und appelliert für mehr Tempo, vor allem beim HPC-Netz für Schwer-Lkw.

Das muss schneller gehen: Der Masterplan Ladeinfrastruktur stellt die Weichen, aber jetzt geht es um eine rasche Umsetzung, die auch der VDIK anmahnte. | Foto: EnBW
Das muss schneller gehen: Der Masterplan Ladeinfrastruktur stellt die Weichen, aber jetzt geht es um eine rasche Umsetzung, die auch der VDIK anmahnte. | Foto: EnBW
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Redaktion (allg.)
(erschienen bei VISION mobility von Johannes Reichel)

Das Bundeskabinett hat wie erwartet den neuen Masterplan Ladeinfrastruktur beschlossen, der 68 Einzelmaßnahmen enthält, mit denen der Ausbau der Fahrstrominfrastruktur beschleunigt werden soll. Die Vorstelung des Plans übernahm in Berlin Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP). Unter Federführung des Vekehrsministeriums haben sich rund 80 Akteure, darunter Bundesländer, Kommunen, Verbände und Unternehmen, an der Entwicklung der knapp 70 Maßnahmen eingebracht.

"Wie wir uns künftig fortbewegen, ist eine der drängendsten Fragen unserer Zeit. Und die Welt schaut hierbei auf Deutschland. Darum müssen wir voangehen und unsere Infrastruktur weiter fit für klimafreundliche Mobilität machen", erklärte Wissing.

Der Masterplan Ladeinfrastruktur II schaffe die Grundlage für eine flächendeckende, bedarfsgerechte und nutzerfreundliche Pkw- und Lkw-Ladeinfrastruktur. Ziel sei es, den Ausbau von Ladeinfrastruktur beschleunigen, den Ladeprozess vereinfachen und so den Umstieg für die Menschen erleichtern. Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz befand, die Ladeinfrastruktur müsse systemdienlich in das Stromnetz integriert werden. Mit dem Masterplan Ladeinfrastruktur stellen man hierfür die richtigen Weichen. Er kündigte an, eine interministerielle Steuerungsgruppe werde die weiteren Arbeiten koordinieren, damit die vorgestellten Maßnahmen zügig und konsequent umgesetzt werden können.

"Die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, die Integration der Ladeinfrastruktur ins Stromnetz und die Digitalisierung des Gesamtsystems sind nur einige der Herausforderungen, die es anzugehen gilt. Der Masterplan Ladeinfrastruktur II gibt hierfür den Fahrplan vor. Als Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur unterstützen wir die Umsetzung der Maßnahmen unter anderem mit unserer Bedarfsplanung und unseren digitalen Tools", ergänzte Johannes Pallasch, Sprecher der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur.

Reinhard Zirpel, Präsident des Verbandes der Internationalen Kraftfahrzeughersteller, befand, der neue Masterplan benennte richtige Instrumente und Maßnahmen. Es komme aber entscheidend auf das Tempo der Umsetzung an. Denn der bei weitem größte Teil, der für die bis 2030 angestrebten 15 Millionen E-Fahrzeuge benötigten Ladepunkte, müsse erst noch aufgebaut werden.

"Die Ladeinfrastruktur darf für den Erfolg der Elektromobilität nicht zum Flaschenhals werden", forderte Zirpel.

Beim Auf- und Ausbau der Ladeinfrastruktur müssten zahlreiche Einzelmaßnahmen miteinander verknüpft werden. Es ist daher sinnvoll, alle Vorhaben in einem neuen Masterplan zu bündeln. Der entscheidende Beitrag der Automobilindustrie sind überzeugende Elektrofahrzeuge. Man bringe sich aber auch beim Aufbau der Tank- und Ladeinfrastruktur ein. So hätten die VDIK-Mitgliedsunternehmen und ihre Partner bisher schon mehrere tausend Ladepunkte errichtet. Zirpel forderte darüber hinaus eine Neuauflage des Wallbox-Förderprogramms sowie eine Schnellladeinfrastruktur für Lkw. Die bisherigen Planungen kämen zu spät, um die Verbreitung elektrischer Schwer-Lkw entscheidend zu unterstützen, befand Zirpel. 

Deutsches Verkehrsforum moniert Zeitverzug

Auch die Geschäftsführerin vom Deutschen Verkehrsforum Dr. Heike van Hoorn begrüßt einerseits die Weiterentwicklung des Masterplans, sieht jedoch bei wichtigen Maßnahmen Zeitverzug, etwa bei der Vorbereitung auf den elektrifizierten Lkw-Fernverkehr, der Flächenbereitstellung, der Verfügbarmachung von Echtzeitdaten und bei problemfreien Bezahlverfahren.

„Die Gründe dafür liegen nicht zuletzt in der komplexen Regulierung, den fragmentierten Zuständigkeiten und dem uneinheitlichen Vollzug bei Netzanschlüssen, Zulassungsanforderungen und technischen Anschlussbedingungen. Diese Themen müssen jetzt mit Nachdruck angegangen werden“, so van Hoorn.

Wirtschaftsverbände sehen "planwirtschaftliche Ziele"

Wirtschaftsverbände sehen vor allem auch die planwirtschaftlichen Vorgaben des verabschiedeten Masterplans kritisch. Adrian Willig, Hauptgeschäftsführer beim en2x - Wirtschaftsverband Fuels und Energie, zufolge sehe der Masterplan vor, dass bis zum Ende des Jahres 2022 25 Prozent der Tankstellen mindestens einen Schnellladepunkt mit mehr als 150 kW Leistung bereithalten sollen. Ende 2024 sollten es 50 Prozent, Ende 2026 sogar 75 Prozent sein.

"Zum einen kommen diese Ziele für uns sehr überraschend. Denn die Mineralölbranche baut bereits auf eigene Initiative die Ladeinfrastruktur umfangreich aus. Dabei geht es nicht nur um das Laden an Tankstellen, sondern zum Beispiel auch auf Parkplätzen etwa von Einkaufszentren, bei Arbeitgebern und zuhause", so Willig.

Statt höhere Ziele zu formulieren, fordert er den raschen Abbau der zahlreichen Hürden beim Aufbau entsprechender Ladeinfrastruktur. Andernfalls seien die Ausbauziele nicht erreichbar. Denn trotz Investitionsbereitschaft der Mineralölwirtschaft seien die von der Regierung gewünschten Ziele so kaum zu schaffen.

"Grund dafür sind vor allem die bestehenden Hürden bei Ausschreibungen von Flächen, fehlende Netzanschlüsse, langwierige Genehmigungsprozesse sowie viel zu umständliche Förderprogramme", äußerte sich Willig. "Unsere Branche will entscheidend daran mitarbeiten, Deutschland zum globalen Leitmarkt für Elektromobilität zu machen. Doch dafür braucht es nicht höhere Ziele, sondern die Unterstützung der Politik insbesondere beim Abbau bestehender administrativer Hemmnisse auf bundes-, landes- und kommunaler Ebene", verdeutlicht Willig.

Notwendig seien beim Ausbau der Ladeinfrastruktur mehr Wettbewerb und keine Planwirtschaft.

CSU-Abgeordneter: An einem Strang ziehen

Anlässlich der Abstimmung im Europäischen Parlament zum Infrastrukturausbau für alternative Kraftstoffe unterstreicht CSU-Europaabgeordneter und verkehrspolitischer Sprecher der CSU-Europagruppe im Europäischen Parlament Markus Ferber die Verbraucherfreundlichkeit.

„Um das Henne-Ei Problem der E-Mobilität ein für alle Mal zu lösen, braucht es eine verlässliche Ladeinfrastruktur. Neben flächendeckender Verfügbarkeit in ganz Europa und Tempo beim Ausbau der Ladesäulen, ist die Akzeptanz der Verbraucher entscheidend für eine erfolgreiche Mobilitätswende“, betont Ferber.

Für die Wende hin zur E-Mobilität seien vor allem die Akzeptanz und Benutzerfreundlichkeit elementare Bestandteile, denn ohne die Akzeptanz der Verbraucher gelänge keine Mobilitätswende. „ Ohne Verbraucherfreundlichkeit droht die Verkehrswende zum Rohrkrepierer zu mutieren“, formulierte Ferber. Für den CSU-Europaabgeordneten seien auch beim Bezahlen Zuverlässigkeit, umfassende Information, Transparenz und Komfort bei der Infrastruktur das A und O. Nach Aussage von Ferber sollte sich das Laden eines E-Fahrzeugs nicht komplizierter gestalten als das Tanken konventioneller Kraftstoffen. Es sei kein Anreiz für E-Mobilität, wenn man erst im Besitz verschiedener Ladekarten und Apps sein müsse, meint er. Zugleich betont er die wichtige Bedeutung einer kohärente EU-Verkehrspolitik angesichts der hoch gesteckten Ziele für Emissionsabbau im Verkehrssektor. Anna-Barbara Brüggemann/jr

Die wichtigsten Handlungsfelder des Masterplans Ladeinfrastruktur II:

  • Ladeinfrastruktur und Stromsystem integrieren: Mit Hilfe der Bedarfsplanung der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur sollen der Ausbau von Ladeinfrastruktur und Stromnetz optimal und vorausschauend aufeinander abgestimmt werden. Mit der Bundesnetzagentur sowie den Netz- und Ladeinfrastrukturbetreibern werden die Prozesse für den Netzanschluss einfacher, transparenter und effizienter organisiert. Neben der Beschleunigung von Prozessen ist das oberste Ziel, die Netze für die wachsenden Anforderungen zu rüsten. Ladeinfrastruktur durch
  • Digitalisierung verbessern: Der Masterplan Ladeinfrastruktur II ist auch eine Digitalisierungsstrategie. So werden künftig Daten, wie der Belegungszustand von Ladepunkten, in Echtzeit zur Verfügung gestellt. Außerdem wird sichergestellt, dass die Planung des Ladeinfrastrukturaufbaus auf der Basis solider Daten und Analysen über die Verteilung und Nutzung der Ladepunkte erfolgt. Dazu sollen erstmals auch private, nichtöffentliche Ladepunkte erhoben und einbezogen.
  • Kommunen als Schlüsselakteure befähigen und stärker einbinden: Die Kommunen verfügen über das nötige Wissen über die lokalen Gegebenheiten. Der Masterplan enthält ein umfassendes Unterstützungspaket für die Kommunen zur Planung, Umsetzung und Finanzierung von Ladeinfrastruktur. Dazu gehören unter anderem lokale Masterpläne, regionale Ladeinfrastrukturmanager, digitale Beratungs- und Schulungsinstrumente sowie Leitfäden und Muster zur Optimierung von Planungs- und Genehmigungsprozessen.
  • Ladeinfrastruktur für E-Lkw initiieren: Der batterieelektrische Lkw soll sowohl regional als auch auf der Langstrecke verstärkt zum Einsatz kommen. Hierfür muss zeitnah eine passende Ladeinfrastruktur aufgebaut werden. 2023 wird das BMDV ein initiales öffentliches Lkw-Ladenetz ausschreiben. Mit einem eigenen Maßnahmenbündel adressiert der Masterplan weitere Herausforderungen bei Errichtung und Betrieb von Ladeinfrastruktur für E-Lkw, z.B. auf privaten Betriebsgeländen oder bei der Abgabe von Strom an betriebsfremde Fahrzeuge.
  • Ladeinfrastrukturaufbau vereinfachen und beschleunigen: Es soll für Unternehmen leichter werden, Ladeinfrastruktur zu errichten. So wird die Bundesregierung gemeinsam mit den Kommunen Hindernisse in Planungs- und Genehmigungsprozessen beseitigen und rechtliche Grundlagen etwa im Bau- und Immissionsrecht anpassen.
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