Nissan Interstar: Großer Van unter Strom
Zurück zu den Wurzeln - das heißt es bei Nissan in der Nomenklatur. Und so hört der Zwillingsbruder des neuen Renault Master jetzt wieder auf den Namen Interstar und legt die kryptische Bezeichnung NV400 wieder ab. In der berechtigten Hoffnung, dass man sich diesen Namen leichter merken kann, und man sollte ihn sich vielleicht auch merken. Denn optisch sticht der Interstar den ohnehin schon spektakulär designten Master noch mal aus - und beide lassen im Duett den Wettbewerb im Van-Segment auf einmal ziemlich alt aussehen. Stolz soll der stattliche Van mit dem markigen Schwarzgrill seinen Besitzer machen, reklamieren die Designverantwortlichen bei Nissan. Und das in einem Segment, dem man weiteres Wachstum prognostiziert, Stichwort Online-Handel.
Den Wettbewerb alt aussehen lassen, das soll vor allem auch für die Aerodynamik gelten, wo man mit dem "Aerovan"-Konzept einen Kasten so windschnittig gestaltet haben will, wie man einen Kasten halt hinbekommt. Viel Feinarbeit im Windkanal der Luftfahrtindustrie bescherte dem Interstar eine um 20 Prozent weniger angriffsfähige Stirnfläche (SCx), was in jedem Fall zur guten Kraftstoffökonomie beitragen soll: 7,4 l/100 gibt der Hersteller für den sparsamsten der vier Diesel (105/130/150/170 PS; 330/350/360/380 Nm) an. Geschaltet wird mit einer Sechsgang-Box oder einer 9-Gang-ZF-Automatik. Dass man auf einer komplett neuen und primär elektrisch angelegten Multiantriebsplattform aufbaut statt einen Diesel umzustricken, betrachtet man bei Nissan als klaren Vorteil. Versteht sich da fast von selbst, dass man das Tempo des Stromers auf 120 km/h limitiert, weil darüber der Verbrauch exponentiell ansteigt.
Liegt gut im Wind
Die Windschnittigkeit kommt dem frontgetriebenen Stromer mit schlichtem Zusatz Interstar-e besonders zugute. Mit einem 87 kWh-Lithium-Ionen-Akku (wie beim neuen Renault Scenic) soll die stärkere 105-kW-Elektroversion bis zu 460 Kilometer weit kommen, was einem Verbrauch von für die Gattung sensationellen 21 kWh/100 km entspräche. Die etwas schwächer motorisierte 96-kW-Version (ebenfalls 300 Nm) mit 40-kWh-Speicher, die vielen Lieferanten genügen dürfte, soll bis etwa 200 Kilometer schaffen. Hier muss man aber erste Tests abwarten. Nicolas Tschann, Nissan-Direktor für leichte Nutzfahrzeuge (LCV) in Europa, sieht aber den Zyklus als valide Messlatte auch gegenüber dem Wettbewerb - und da liege Nissan mit Renault nun mal vorn. Daher schäme man sich auch keineswegs für das "Badge Engineering", sondern nutze die Vorteile, meint Tschann im Gespräch mit LOGISTRA.
Deutlich höhere Ladeleistung
Verbrieft ist schon mal die hohe formale Ladeleistung: Der Interstar-e lädt optional in Gleichstrom (DC) mit bis zu 130 kW fahrerseits im Kotflügel und soll damit in einer halben Stunde 229 Kilometer oder von 15 auf 80 Prozent nachfassen, beim kleinen Akku 180 Kilometer. Standardmäßig ist ein 50-kW-DC-Lader an Bord. In AC geht es wahlweise mit 11 kW halbwegs flott zur Sache, 7,4 kW Standard dürfte vielen Ansprüchen von Flottenkunden mit Übernacht-Lademöglichkeit genügen. Im Optimalfall lädt man mit Wechselstrom auch nur vier Stunden von 10 auf 100 Prozent.
Nicht nur Strom zieht der neue Van flott, auch Anhänger: Bis zu 2.500 Kilo-Trailer dürfen an den Haken. Im 10,8 bis 22 Kubik großen Frachtraum - es gibt keine L1H1-Version mehr, dafür einen L3H3 - darf dank eines zulässigen Gewichts von vier Tonnen bis 1,6 Tonnen beim Stromer geladen werden, bei einem zulässigen Zuggesamtgewicht von 5,5 Tonnen. Zwei Tonnen Zuladung bietet dann der neue Euro6e-Diesel mit VTG-Lader, der als 3,5-Tonner bis zu 6 Tonnen Zuggesamtgewicht realisiert. Damit soll der Interstar auch ein gewisser Ersatz für den leichten Frontlenker-Laster NT400 sein. Geplant ist hier auch noch eine Heckantriebsversion mit 4,5 Tonnen Gesamtgewicht. Die Karosserie des 5,68 bis 6,31 Meter langen und 2,5 bis 2,75 Meter hohen Interstar wurde wie beim Master mit hochfesten Stählen deutlich steifer und trotzdem kaum mehr als 50 Kilo schwerer. Zudem gibt es einen um zehn Zentimeter längeren Laderaum, eine vier Zentimeter breitere Schiebetür, die nahtlos mit der Trennwand abschließt und dank kürzerem Radstand einen um 1,5 Meter kleineren Wendekreis.
Google übernimmt die Regie
Im Interieur übernimmt man weitgehend das geräumige, bequeme und konnektive Setup der französischen Geschwister, betont etwa auch die langlebigen Sitzbezüge und Materialien. Google übernimmt damit weitgehend das Regiment, was in Sachen Navigation und Sprachassistenz ja nicht schlecht sein muss. Gleiches gilt für das Thema Sicherheit, wo die aktive Notbremse, Müdigkeitswarner und ein Reifendruckkontrollsystem zum Standard gehören. Auch eine Anhängerstabilisierung ("Trailer Sway Assist") ist verfügbar. Stolz ist man auch auf das One-Box-Bremssystem, das die Bremsleistung unabhängig vom Fahrzeuggewicht konstant hält. Zudem soll sich die Reaktionszeit bei Notbremsungen im Vergleich zu den Vorgängermodellen um die Hälfte verkürzt haben, die Rekuperationsleistung beim EV-Modell soll auf hohem Niveau liegen.
Alleinstellung: 5-Jahres-Garantie
Außer optisch will man sich aber auch faktisch vom Bruder abgrenzen - und gewährt bei wahlweise langen Leasinglaufzeiten eine Nissan-typische Garantie von fünf Jahren auf 160.000 Kilometer, wobei die E-Version extra für den Akku mit acht Jahren und 160.000 Kilometer aufwartet. Zudem soll es Ab-Werk-Lösungen wie Pritsche, Kipper und Koffer geben. Zudem differenziert man die Ausstattung je nach Markt, und will etwa eine Rückfahrkamera zum Standard machen.
"Der Interstar der nächsten Generation von Nissan ist der ultimative Verbündete. Mit einer rein elektrischen Version, erhöhter Ladekapazität und einer Vielzahl von Umrüstungsoptionen liefern wir genau das, was die KMUs dieser Welt - brauchen, damit die Gesellschaft reibungslos funktioniert", wirbt Nicolas Tschann, Direktor für leichte Nutzfahrzeuge (LCV), Nissan Europa speziell um Kleine und Mittlere Unternehmen.
Bis 2026 will der Hersteller die vollständige Elektrifizierung der LCV-Produktpalette vollziehen. Der Interstar-e ist nach den frühen Pioniertaten mit dem eNV200 und dem kleinen Kangoo-Derivat Townstar EV nicht der erste, aber der wichtigste Schritt im wohl wichtigsten Segment. Insofern hält der Interstar die Gesellschaft am Laufen - ein bisschen zumindest. Und versucht dabei, das Klima so wenig wie möglich zu belasten. Der ab sofort bestellbare und ab Herbst ausgelieferte Interstar soll helfen, ein großes Rad zu drehen: Über 93 Prozent der Vans sind aktuell noch Diesel-getrieben. Bis 2028 will man diesen Anteil auf 75 Prozent drücken. Zusammen mit einem Midsize-EV, den Nissan für 2026 avisiert, wohl auf Basis des Renault Trafic E-Tech. Das wäre keine schlechte Lieferleistung, für einen Transporter.
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