polisMOBILITY 2022: Fahrbericht Antric One - Dachser testet Stückgut-Bike

Mit automobiler Technik und crash-festem Rahmen will ein Bochumer Start-up den Boommarkt für schwere E-Cargobikes umkrempeln. Die wichtige Variante für Stückgut rollt nun bei Dachser in Pilotdienst.

In Lieferdiensten: VM-Redakteur Johannes Reichel nutzte die Gelegenheit, auf der polisMOBILITY eine Runde mit dem Antric One zu drehen - und war begeistert vom sicheren und straffen Handling. | Foto: HUSS-VERLAG
In Lieferdiensten: VM-Redakteur Johannes Reichel nutzte die Gelegenheit, auf der polisMOBILITY eine Runde mit dem Antric One zu drehen - und war begeistert vom sicheren und straffen Handling. | Foto: HUSS-VERLAG
Redaktion (allg.)
(erschienen bei VISION mobility von Johannes Reichel)

Das Bochumer Lastenrad-Start-up Antric hat jetzt ein für den Stückguttransport zugeschnittenes schweres E-Cargobike One beim Kemptener Logistikdienstleister Dachser in Dienst gestellt und im Rahmen der polisMOBILTY der Öffentlichkeit präsentiert. In der Dortmunder Zweigstelle versieht das Bike ab sofort in einem Pilotprojekt Lieferdienste und soll gegebenenfalls in größerer Stückzahl eingesetzt werden. Bisher gab es kaum für die bei den Kemptenern übliche Palettenware geeignete Lastenräder, man setzt für Lieferungen das schwere Lastentrike von Urban Mobility ein, das ebenfalls auf der polisMOBILTY vertreten war.

Das Universitäts-Spin-Off aus dem Ruhrgebiet passte das Konzept mit dem tiefliegenden 2,3-Kubik-Kofferaufbau dabei so an, dass der Fahrer unabhängig von Flurförderzeugen eine bis zu 300 Kilogramm schwere Palette verladen und die Fracht zudem auf dem Hubwagen verbleiben kann. Mittels zweier im Laderaum seitlich fixierter Rampen ist die Entladung problemlos möglich, wie ein Verantwortlicher am Stand des Logistikers erklärt. Zudem verfügt der Aufbau nur über eine seitliche Tür sowie die große Hecktür, die bis zum Dach öffnet und die Zuladung von höherer Volumenfracht ermöglicht.

Starten "keyless" per Chip

Ansonsten bietet das mit einer leichten, aber laut Hersteller doch robusten Textilhülle versehene vierrädrige, zwei Meter hohe und mit 1,18 Meter ordentlich breite E-Bike dem Fahrer einen sehr leichten Zustieg in die geräumige Kabine, allerdings nur von der rechten Seite. Stauraum gibt es sowohl in einer abschließbaren Box unter dem Sitz also auch unterhalb der vom Renault Twizy stammenden, mit einem automobilen Scheibenwischer versehenen Windschutzscheibe, die ebenso für Allwetterschutz sorgt wie die halbgeschlossene linke Seite mit Plexiglasschiebefenster. "Gestartet" und verriegelt wird das Fahrzeug "keyless" per Chip, was das Handling im Alltag erleichtert. Sobald sich der Fahrer nähert, ist das Bike betriebsbereit.

Go-Kart-Feeling: Satte Straßenlage dank Automobil-Fahrwerk

Wie üblich, muss für das Anfahren bei gezogener Bremse die Schubhilfe per Daumendruck aktiviert werden und der Fahrer dann per Kette übertragen pedalieren, so dass die Tretunterstützung einsetzt. Diese erfolgt sehr kräftig, aber doch gut dosierbar und soll aus den tauschbaren Lithium-Ionen-Akkus genug Reichweite für eine normale Schicht im Liefereinsatz ermöglichen.

Die E-Motoren sind zwar stets hörbar, aber dafür ist der Rest des nach automobilem Vorbild mit Dreieckslenkern und Stoßdämpfern konstruierten Fahrwerks sehr leise und auch der Kofferaufbau aus robusten Hartschaumpaneelen mit Aluprofilen sitzt verwindungssteif und knarzfrei auf dem soliden Stahlrahmen aus Vierkantprofilen. Vorne sorgt ein robuster Stoßfänger für Rempelsicherheit und einfache Wartung.

Das Bike liegt dank großer Reifen aus dem Kfz-Bereich, die mit fünf gängigen Radmuttern an Vollgussrädern gesichert sind, enorm sicher und straff auf der Straße, der Komfort liegt auf für ein schweres Lastenrad sehr hohem Niveau. Die Lenkung ist direkt und präzise, der Wendekreis für ein vierrädriges Bike nicht zu groß. Die hydraulischen Scheibenbremsen packen verlässlich und kräftig zu. Die Sitzposition ist anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, aber bessert sich, sobald man sich beim Pedalieren abstützt. Am in der Höhe justierbaren Lenker befinden sich griffnah Hupe nebst Klingel sowie Blinker, der Rückwärtsgang wird bediensicher per Knopf aktiviert. Die Handbremse ist links und ebenfalls bediensicher positioniert, könnte sich aber geschmeidiger lösen lassen. Insgesamt könnte das Antric das Spektrum an Anwendungen, die sich per Cargobike befördern lassen, deutlich erweitern.