„He kütt Kölle“ – „Hier kommt Köln“ – traut man sich fast auszurufen, wenn man mit Ingo Riedeberger und Johannes Busmann diskutiert. Zwar sprechen beiden geschliffenes und praktisch druckreifes hochdeutsch statt kölsch, aber in der Lebendigkeit und Leichtigkeit, die man so nur in der Rheinmetropole vorfindet. Dabei sind die Rollen klar verteilt: Busmann spielt das Thema „polis“ in seinem Verlag bereits seit 1990. Dort fokussiert er die Themen Stadtentwicklung und Immobilienwirtschaft. Neben den Städtemagazinen „metro polis“ startete 2022 auch die Reihe „regio polis“. Busmann, längeres graues Haar, ist die Ruhe selbst, formuliert geschliffen und gibt den Gegenpart zum quirligen Messedirektor Riedeberger, der den Messestandort Köln im Wortsinn stark mobilisiert - mit vielen neuen Ideen und Formaten. Messen müssen sich breiter aufstellen als je zuvor und kommen immer öfter vom Messegelände auch in die Innenstädte – die polisMOBILITY ist dabei nicht nur zeitlich, sondern auch räumlich getrennt. Ist das die Zukunft?
Riedeberger: Messen muss man aus Kundensicht denken. Bei der polisMOBILITY wollten wir auf keinen Fall wieder eine reine Produktshow, sondern haben uns gefragt: Was erwarten die Besucher und Besucherinnen, wenn wir das Thema „Kommunale Mobilitätswende“ fokussieren? Spinnt man das Thema weiter, landet man schnell beim ÖPNV und Mobilitätsdienstleistungen, wenn es um den Personenverkehr geht. Beim Warenverkehr kommt man schnell zum Thema Letzte-Meile-Logistik. Dazu gehören dann Fahrzeuge und Antriebstechniken sind und die urbane Sektorkoppelung. Und um all das zu steuern, brauchen wir die Digitalisierung.
Hört sich sehr komplex an …
Riedeberger: Ist es auch, weshalb es umso wichtiger ist, das Themenfeld nicht zu eng zu fassen, da sonst wichtige Aspekte fehlen würden aber auch nicht zu breit zu werden, um das Thema zu verwässern. Doch mit diesen sechs klar definierten Themenfeldern haben wir unserer Meinung nach das richtige Setting gefunden.
Busmann: Mobilität ist immer eine Raumfrage. Dabei fragen wir nicht nach den Vehikeln, mit denen man den Ort A, B oder C erreicht, sondern danach, wie wir uns künftig effizient und nachhaltig im Raum bewegen können. Das betrifft das Pendeln zum Arbeitsplatz genauso, wie den Kneipenbesuch in der Innenstadt, das Abholen der Kinder von der Schule bis hin zum Reisen. Für die räumliche Ordnung der Mobilität tragen die Länder, Bund und Kommunen Verantwortung, kurz gesagt die öffentliche Hand, aber ohne die wichtigen Impulse der Privatwirtschaft mit ihren innovativen Technologien zur Elektromobilität und Digitalisierung der Mobilität kann die Verkehrswende natürlich nicht gelingen. Dazu gilt es, einen Ort der Begegnung und des Diskurses zu etablieren, der Mobilität als gemeinsame Aufgabe begreift und den Austausch der unterschiedlichen fachlichen Positionen ermöglicht. Deshalb brauchen wir hier eine Messe mit integriertem Konferenzformat, wo sich alle Beteiligten der öffentlichen Hand und Privatwirtschaft auf Augenhöhe treffen können und aus dem sich spannende Gespräche ergeben.
Dazu kommt die intersektorale Betrachtung, denn natürlich wird der Mobilitätssektor in Zukunft nicht mehr alleine aus sich heraus in der Lage sein, erfolgreiche Mobilitätsangebote zu entwickeln. Für die Durchsetzung der eMobilität braucht es eine leistungsfähige Infrastruktur und Energieversorgung, für die Kommunikation und Steuerung der Vehikel, die Leistungsfähigkeit eines Smart Grid und das autonome Fahren erfordert es die digitale Kompetenz und KI von Softwareunternehmen. Im Dreieck von Mobilität, Energie und Digitalisierung wird sich die erfolgreiche Mobilität der Zukunft entscheiden.
Aber eine Konferenz allein kann ja nur austauschen und erklären. Aber dazu braucht man doch auch konkrete Produkte oder Lösungsansätze?
Riedeberger: Korrekt, weshalb wir als Messe weg von einer Produktshow hin zum Aufzeigen von Lösungen wollen. Wieder aus Sicht der Besucher gedacht: Auf einer großen Konferenz kann man viele Beteiligte und interessante Problemlöser treffen und interessante Gespräche führen. Das gilt allem für Planer und Stadtentwickler. Doch wie all das konkret aussieht und umgesetzt wird, zeigen wir dann in der Stadt, wo wir auch die Menschen treffen, die das ganze Thema privat interessiert und betrifft. Wichtig ist, dass sich die Produktanbieter hier im Verbund darstellen.
Das sind hohe Ziele. Denn damit müssen Sie ja nicht nur Sektoren koppeln, sondern auch Zielgruppen und denen Lösungen aufzeigen?
Riedeberger: Unser Gefäß kommuniziert B2G2C also von Business to Governance to Citizen Dafür bietet die polisMOBILITY die perfekte Plattform. Aber wir differenzieren. Im Messegelände bringen wir Städte, Kommunen und Verwaltung in den Dialog miteinander und mit den Lösungsanbietern.
Busmann: Weshalb die Konferenz in Kombination mit der Messe so wichtig ist. Wenn ich eine Konferenz mit 600 Teilnehmern und Teilnehmerinnen veranstalte und Best Practice-Beispiele geben kann, dann habe ich auch für Teilnehmer und Teilnehmerinnen von Mobildezernaten einen Mehrwert, genauso wie wir zur Hauptversammlung des deutschen Städtetages zahlreiche Oberbürgermeister erwarten, die sich dort auf breiter Ebene austauschen können.
Riedeberger: Grundsätzlich differenzieren wir zwischen Fach- und Publikumsmessen und denken beide vom Besucher und Thema aus. Die Konferenz und die Fachausstellung auf dem Messegelände ist primär für Fachbesucher interessant und relevant. Aber ein so breites Thema wie den Mobilitätswandel im urbanen Raum kann und muss ich auch bürgernah in der Innenstadt platzieren. Das kann man diskutierend, eventisierend, zentral oder dezentral tun. Wir tun dies mit dem polisMOBILITY camp indem wir Produkte, Lösungen und Best Practices innerhalb der Stadt zeigen. Dort führen wir allen den Wandel vor Augen und ermöglichen einen Austausch vor Ort. Weshalb wir die Polis nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich trennen: Während wir die Messe und den Kongress auf dem Messegelände für das B2B2GPublikum unter der Woche bespielen, haben wir die Innenstadtveranstaltungen aufs Wochenende gelegt, wenn Privatpersonen Zeit haben, zu diskutieren und thematisch in die Tiefe zu gehen.
Das Interview führte Gregor Soller
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