Post-Chef Appel zur VW-Krise: "Ereignisse sind nicht schön"

20.000 VW-Fahrzeuge im Fuhrpark. Appel: Interesse der großen Hersteller, E-Zustellfahrzeug zu bauen, war "nicht besonders groß". Nach Übernahme von Streetscooter bereits 150 der E-Transporter im Einsatz.
Selbst ist der Mann: Post-Chef Appel im Streetscooter Work, den man selbst fertigt und weiterentwickelt. / Foto: Deutsche Post DHL
Selbst ist der Mann: Post-Chef Appel im Streetscooter Work, den man selbst fertigt und weiterentwickelt. / Foto: Deutsche Post DHL
Johannes Reichel

Deutsche Post DHL Chef Frank Appel hat die Ereignisse im VW-Manipulationsskandal als "nicht schön" bezeichnet. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung forderte er jetzt Transparenz von VW darüber, welche Fahrzeuge betroffen sind. Von den 90.000 Fahrzeugen der Deutschen Post stammten 20.000 von Volkswagen, fast ausschließlich Dieselmodelle. Direkte Auswirkungen für die Deutsche Post sah der Vorstandsvorsitzende allerdings nicht. Man orientiere sich bei den Konzernangaben zum CO2-Ausstoß am tatsächlichen Verbrauch der Fahrzeuge und nicht an den Herstellerangaben oder den Ergebnissen von Abgastests.

Die bereits im vergangenen Jahr getroffene Entscheidung, selbst elektrische Zustellfahrzeuge zu entwickeln und produzieren, sah Appel nicht als Misstrauensvotum gegenüber den etablierten Herstellern wie VW. Man wolle kein Autohersteller sein. Allerdings habe man mit vielen Herstellern gesprochen, das Interesse sei "nicht besonders groß" gewesen. Man brauche Elektroautos nach den speziellen Bedürfnissen, was Ladefläche oder Reichweite und Bedienkomfort betreffe. "Das mit Abstand attraktivste Angebot, auch was die Kosten betrifft, hat uns eine kleine Firma namens Streetscooter gemacht", erklärte Appel der SZ. Die von Wissenschaftlern der Uni Aachen gegründete Firma haben man im vergangenen Dezember schließlich übernommen. Man stelle derzeit sechs der Elektro-Zustellfahrzeuge pro Tag her, 150 Autos seien bereits im Einsatz. Für die Deutsche Post lohne sich das auch finanziell, trotz des gefallenen Ölpreises.

Der Streetscooter Work ist ein 30 kW starker, elektrischer Kleintransporter. Seine Frachtkapazität liegt etwa zwischen VW Caddy und VW Transporter und beträgt vier Kubikmeter Volumen in einem Kofferaufbau sowie 705 Kilogramm Nutzlast. Die Reichweite aus den Lithium-Ionen-Akkus beläuft sich auf 80 km, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 80 km/h, die Ladezeit bei vier bis sechs Stunden. Neben günstigeren Betriebskosten gibt der Hersteller 50 Prozent niedrigere Service- und Wartungskosten sowie 80 Prozent niedrigere Reparaturkosten für das selbstentwickelte Modell an. Die Kooperation brachte mittlerweile auch ein Pedelec-Zustellrad sowie ein dreirädriges Pedelec-Trike hervor.

Appel skizzierte gegenüber der SZ, dass er sich auch beim Streetscooter Work noch viele Verbesserungen im Detail vorstellen könne. Aber auch generell sei noch "vieles möglich". Er denke etwa an selbstfahrende Autos, die dem Briefträger in Schrittgeschwindigkeit folgen könne. Das erspare viel Zeit, der Zusteller müsse nicht jedes Mal zurück zu seinem Fahrzeug gehen. Er glaube allerdings nicht, dass die simpel erscheinende, aber sehr komplexe Tätigkeit eines Zustellers so schnell von Robotern erledigt werden könnten. "Wir nutzen die Technik dort, wo es um klar definierte Tätigkeiten geht", sagte Appel der SZ. Das gelte auch für den Einsatz in Warenlagern, wo man mittels Datenbrillen die Produktivität der Mitarbeiter um 25 Prozent habe steigern können. Man müsse die Menschen im Service produktiver machen, denn Dienstleistungen könne man nicht in Billiglohnländer verlagern, begründete Appel.