Roland Berger: Großes Potenzial für autonome Lkw

Studie: Autonome LKWs erhöhen die Verkehrssicherheit und senken die Gesamtkosten für den Betrieb
Johannes Reichel

Das autonome Fahren im LKW-Bereich wird künftig dazu beitragen, Straßenunfälle zu reduzieren und Gesamtbetriebskosten zu senken, das bilanziert eine Studie des Beratungsunternehmens Roland Berger. Schrittweise würden immer mehr automatisierte Funktionen in den Nutzfahrzeugmarkt einziehen, prognostizieren die Berater. Rechtlich werde autonomes Fahren auf deutschen Straßen erst ab 2025 möglich sein. "Bereits heute sollte aber geklärt werden, welche Haftung OEMs, Zulieferer und Fahrer übernehmen müssen, sollte es trotz ausgereifter Technik zu einem Unfall kommen", fordern die Autoren.

Vier Megatrends sehen die Analysten bis 2025: Effizienz, Umweltschutz, Konnektivität und Sicherheit. Heute sei menschliches Versagen die Hauptursache für Unfälle auf Europas Straßen: Über 90 Prozent der Kollisionen gingen darauf zurück. Hier will die Europäische Kommission gegensteuern. Neu zugelassene Nutzfahrzeuge müssen bis Ende 2015 mit Spurwarnsystemen ausgestattet sein; ab 2018 ist zudem ein erweitertes Notbremsassistenzsystem Pflicht.

Intelligente Fahrassistenzsysteme könnten die Zahl der LKW-Auffahrunfälle um über 70 Prozent reduzieren, so die Berger-Experten. "Konnektivität wird im LKW-Bereich eine immer wichtigere Rolle spielen. Denn hier geht es aus Gesetzgebersicht darum, die Sicherheit auf den Straßen zu erhöhen und die Anzahl der Unfälle deutlich zu reduzieren", sagt Sebastian Gundermann. Hinzu komme die Möglichkeit, durch intelligente Fahrsysteme Kosten zu sparen - zum Beispiel durch einen niedrigeren Kraftstoffverbrauch oder weniger Stillstandzeiten.

LKW- Hersteller und Zulieferer stünden nun vor der wichtigen Aufgabe, diese Systeme zu entwickeln und bereitzustellen. Dabei werde sich die Wertschöpfungskette der Nutzfahrzeugindustrie in den kommenden Jahren weiter ausdifferenzieren. Funktionsspezifische Automatisierungslösungen wie Abstands- und Notbremssysteme können die Hersteller von Zulieferern beziehen. Die Zulieferindustrie müsse dafür die notwendigen Softwarelösungen und Sensortechniken entwickeln und bereitstellen. Komplexere Systeme, die mehrere Automatisierungsfunktionen verbinden, wie Abstandsregeltempomate und Spurwechselassistenten, böten sowohl LKW-Herstellern als auch Zulieferern und spezialisierten Ingenieurserviceanbietern gute Geschäftsmöglichkeiten.

Mit serienreifen LKWs, die komplett autonom fahren können, rechnen die Experten aber erst nach 2025. Neben den rechtlichen Rahmenbedingungen werden hierfür große technologische Fortschritte notwendig sein - vor allem bei der Auswertung der Daten, die durch die Sensoren übermittelt werden. Dann werden Nutzfahrzeuge in der Lage sein müssen, die unmittelbare Umwelt zu verstehen, um entsprechend reagieren zu können.

Auf der IAA war Lkw-Hersteller Mercedes-Benz mit der aufsehenerregenden, aber auch kontrovers diskutierten Studie Future Truck 2025 in Sachen "autonomes Fahren im Lkw" vorgeprescht. Die Berger-Studie bestätigt jetzt die Thesen.