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Schwedische Forscher entwickeln neue Lkw-Front, die Kollisionen abmildert

Aluminiumwaben in der Lkw-Front sollen die Unfallfolgen speziell für Insassen von beteiligten Pkw mildern. 

Eine wabenartige Struktur an der Lkw-Front soll die Folgen von Kollisionen verringern. (Foto: Chalmers University of Technology)
Eine wabenartige Struktur an der Lkw-Front soll die Folgen von Kollisionen verringern. (Foto: Chalmers University of Technology)
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Johannes Reichel
(erschienen bei Transport von Christine Harttmann)

Ein neues Lkw-Frontkonzept soll die Folgen von Kollisionen zwischen Lkw und Pkw mindern. Es basiert auf Aluminiumwaben, deren energieabsorbierende Struktur Unfallfolgen im Falle eines Zusammenstoßes vor allem für die Pkw-Insassen mindern soll. Forscher der Chalmers University of Technology in Schweden haben die neue Lkw-Front unter Ausnutzung der 2019 geänderten EU-Vorschriften für die maximale Länge von Lkw entwickelt.

Crashtests der schwedischen Verkehrsbehörde Trafikverket haben gezeigt, dass die verbesserte Lkw-Konstruktionen die Verformungen im Pkw-Bereich um 30 bis 60 Prozent reduzieren können, teilt die Chalmers University mit. Dadurch sinkt auch das Verletzungs- und möglicherweise Todesrisiko für die Fahrzeuginsassen.

Lkw können tödlich sein

Sowohl in der EU als auch in den USA sind schwere Nutzfahrzeuge in 14 bis 16 Prozent aller tödlichen Pkw-Unfälle involviert. Bei über 90 Prozent der Verkehrsunfälle mit Lkw-Beteiligung stirbt der Unfallgegner, meist im Pkw. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um Frontalkollisionen auf Landstraßen oder Auffahrunfälle auf Autobahnen, bei denen der Lastkraftwagen in das Heck des vorausfahrenden Autos fährt.

Während zwei moderne Pkw mit den jeweils höchsten Sicherheitsstandards eine Kollision mit 80 km/h ohne tödliche Folgen überstehen können, sieht das bei Kollisionen zwischen Lkw und Pkw anders aus. Aufgrund der Geometrie, Steifigkeit und Masseninkompatibilität kann es schon bei moderaten Geschwindigkeiten zu schweren Folgen kommen, da sich der Fahrgastraum des Pkw entsprechend verformt.

Hier setzen die Forscher der Chalmers Universität an. Sie suchten nach Wegen, wie der Fahrgastraum so weit wie möglich intakt gehalten werden kann, um sowohl die Pkw-Insassen als auch die Lkw-Fahrer in Zukunft zu schützen.

Waben sollen puffern

Pkw und Lkw sind bereits jetzt so konstruiert, dass sich im Falle eines Unfalls diskrete Strukturelemente wie Stoßfänger, energieabsorbierende Träger und Fahrgastraumrahmen entweder durch Verformung Energie absorbieren oder intakt bleiben. Beides schützt die Insassen vor schwereren Verletzungen. Allerdings zeigt es sich immer wieder, dass die lokalisierten Strukturen selten so interagieren, wie sie entworfen wurden. Das Forscherteam der Chalmers University of Technology entwarf daher die neue Lkw-Front auf Basis einer Wabenstruktur. Sie soll den Kollisionsprozess verbessern. Es wollte damit Designprinzipien aufzeigen, die dann die Hersteller interpretieren und anpassen können.

„Wir wissen, dass eine verteilte Kraft über das getroffene Auto dazu führen würde, dass seine Crashstrukturen effizienter arbeiten können. Schon beim ersten Test konnten wir feststellen, dass die beobachteten Energieniveaus hoch waren und eine bessere Energieaufnahme durch den Lkw erforderlich war. Eine weitere Herausforderung bestand darin, das Auto von der Vorwärtsbahn des Lkw wegzulenken“, sagt Professor Robert Thomson von der Abteilung für Fahrzeugsicherheit an der Chalmers University of Technology.

Neue EU-Verordnungen schaffen den Raum

Das Innendesign der neuen Lkw-Front besteht aus Aluminiumwaben. Dabei handelt es sich um eine Struktur aus sich wiederholenden sechseckigen Rohren aus Aluminiumfolie. Erfahrungen mit solchen Aluminiumwaben gibt es bereits, denn diese werden in vielen Crashtest-Barrieren verwendet, um eine verteilte Kraft bereitzustellen und Energie zu absorbieren. Dies sei ideal für eine leichte, energieabsorbierende Struktur, da rund 97 Prozent ihres Volumens aus Luft bestehe, erläutert Professor Thomson.

„Durch die Änderung der Foliendicke können wir die Kraft- und Verformungseigenschaften verändern. Es verfügt auch über die Fertigungsflexibilität, die erforderlich ist, um einen Prototypen zu erstellen und den ‚Proof-of-Concept‘ zu demonstrieren.“

Weniger Aufprall bei einem Unfall

Die neue Lkw-Front wurde von der schwedischen Verkehrsbehörde Trafikverket auf der Teststrecke von Autoliv in Vårgårda getestet. Dabei wurde deutlich, dass die neue Lkw-Front einen großen Unterschied macht. Die veränderte Lkw-Konstruktion kann die Verformungen des Pkw-Innenraums um 30 bis 60 Prozent reduzieren, was das Verletzungsrisiko für die Pkw-Insassen senkt. Auch die Verformung des Lkw in sensiblen Bereichen wurde reduziert und die Sicherheit des Lkw-Fahrers und der Ladung verbessert. Lenkungs-, Brems- und Aufhängungskomponenten laufen Gefahr, beschädigt zu werden, wenn sie nicht geschützt sind. Der Schutz dieser Komponenten reduziert das Risiko von späteren Unfällen oder sogar Überschlägen des Lkw.

„An jedem fünften tödlichen Unfall im Straßenverkehr ist ein Lkw beteiligt. Trotz der Tatsache, dass Lkw in Schweden, wo die Tests durchgeführt wurden, nur sechs Prozent des Verkehrsaufkommens ausmachen, sterben jährlich rund 45 Menschen bei Verkehrsunfällen mit schweren Lkw, und bei über 90 Prozent davon stirbt die Gegenseite, in der Regel in einem Pkw. Ziel ist es, einen Standard für Crashtests für Lkw zu entwickeln, der im Jahr 2030 in die Verbrauchertests von Euro NCAP eingeführt werden kann. Wir wollen, dass die Insassen eines Pkw einen Frontalzusammenstoß mit einem Lkw überleben können, weil der Fahrzeugraum intakt bleibt", sagt Rikard Fredriksson, Senior Advisor bei Trafikverket und Adjunct Professor bei Chalmers.

Der Test basierte auf einem modernen Pkw und einem schweren Lkw, die mit Geschwindigkeiten zusammenstießen, die zu einem tödlichen Unfall führen würden. Der Crashtest wurde mit 50 Stundenkilometern durchgeführt, simuliert aber eine ursprüngliche Fahrgeschwindigkeit von 80 km/h, die durch automatische Notbremssysteme (AEB), wie sie in neueren Pkw und Lkw erforderlich sind, um 30 Kilometer pro Stunde reduziert wird.

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