Sicherheit im Lkw: Nie wieder ins Stauende rasen

Ein neuer Ausweichassistent soll Sattelzüge künftig automatisiert und fahrstabil an Gefahrenstellen vorbeilenken, wenn der Bremsweg zu kurz ist.
Das neue Sicherheitssystem für Lkw soll Stauenden den Schrecken nehmen. | Foto: ZF
Das neue Sicherheitssystem für Lkw soll Stauenden den Schrecken nehmen. | Foto: ZF
Tobias Schweikl

Wie kann ein Sattelzug selbst Gefahren abwenden, wenn sein Fahrer ruhenden Verkehr übersieht, der Anhalteweg nicht mehr ausreicht und hektische Lenkversuche alles nur noch verschlimmern? Der Automobilzulieferer ZF Friedrichshafen AG hat als Antwort auf diese Frage in Kooperation mit dem Technologiedienstleister Wabco den „Evasive Maneuver Assist“ (EMA) entwickelt. Das System wurde nun erstmals in einem Prototypen, dem ZF Innovation Truck 2016, vorgestellt.
Der Ausweichassistent EMA übernimmt das Steuer, wenn Trucker Verkehrshindernisse wie etwa Stauenden gar nicht oder zu spät registrieren. Die Assistenzfunktion erkennt, ob eine bereits ausgelöste Notbremsung ausreicht, um rechtzeitig vor Hindernissen zu stoppen. Kann ein Auffahrunfall nicht mehr verhindert werden, dirigiert das System – aktiviert durch einen Lenkimpuls des Fahrers nach links oder rechts – den Lkw mitsamt Auflieger sogar aus Maximaltempo selbständig auf den anvisierten freien Fahr- oder Pannenstreifen. Der Hersteller verspricht, dass das System mit jedem Sattelzug bei allen Geschwindigkeiten, bei jedem Beladungszustand und mit jedem Auflieger ausweicht und das Fahrzeug gleichzeitig bremst und stabilisiert.

Der Lkw denkt mit


EMA resultiert aus der Kombination der elektrohydraulischen Servolenkung „ReAX“ von ZF mit Wabcos elektronischem Bremssystem EBS, dem Notbremsassistenten, der elektronischer Stabilitätskontrolle ESC und fahrdynamischen Regelsystemen.
Wann sich der EMA aktiviert, orientiert sich an der Regellogik von Wabcos automatischer „OnGuardACTIVE“-Notfallbremse. Das System warnt den Fahrer in Stufe eins akustisch sowie optisch per Display vor; in Stufe zwei folgen haptische Signale in Verbindung mit einer moderaten Verzögerung von bis zu 3,5 m/s². Stufe drei bedeutet schließlich eine Vollbremsung an der Stabilitätsgrenze bis zum Stillstand.
Ein plötzliches „Verreißen“ des Fahrzeugs interpretiert das Lenksystem bereits ab Stufe eins – also nach erfolgter Fahrerwarnung – als Befehl, den EMA zu starten. Während des automatischen Steuerns berechnet die Funktionssoftware die Ausweichbahnkurve laufend neu voraus und justiert den Lenkwinkel entsprechend.
Überstimmen lässt sich der EMA übrigens jederzeit: Der Fahrer muss dazu während der autonomen Ausweichphase nur kurz selbst lenken, bremsen oder auf das Fahrpedal treten.