Smart City Logistik Kongress: Clevere Lösungen für die letzte Meile

Thüringer Unternehmen und Einrichtungen erarbeiten Lösungen für den Einsatz von Elektromobilität im innerstädtischen Transport. Fuhrparkbetreiber berichten aus der Praxis.
Keine lange Leitung: Wenn man es klug anstellt, lässt sich Elektromobilität in der City-Logistik bereits heute umsetzen. | Foto: Dako
Keine lange Leitung: Wenn man es klug anstellt, lässt sich Elektromobilität in der City-Logistik bereits heute umsetzen. | Foto: Dako
Johannes Reichel

Im Rahmen des 2. Smart City Logistik Kongresses am 11. und 12. Juni auf den Dornburger Schlössern bei Jena diskutierten Entwickler und Forscher gemeinsam mit Praktikern aus der Logistik neue Konzepte und Lösungen zur Förderung der Elektromobilität im innerstädtischen Lieferverkehr. Neben der aktuellen Fahrzeugtechnik wurden dabei auch neue Ideen für eine gleichmäßige Belastung der Stromnetze, wirtschaftliche Beschaffungs- und Nutzungskonzepte sowie die bisherigen Praxis-Erfahrungen mehrerer Fuhrparkbetreiber beleuchtet. Basis bildet das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderte Forschungsprojekt "Smart City Logistik Erfurt", mit dem 2013 ein Konsortium aus acht Unternehmen und Hochschulen beauftragt wurde. Ziel ist die Entwicklung spezieller Lösungen zur Transportplanung und -optimierung sowie der Fracht- und Tourenüberwachung für die Logistik mit elektrisch betriebenen Fahrzeugen.

Als Konsortialführer hat die DAKO Unternehmensgruppe hierfür eine offene Systemplattform entwickelt, die künftig von allen Flottenbetreibern genutzt werden kann. Hauptzweck der Systemplattform ist eine optimierte Tourenplanung für Elektrofahrzeuge unter Berücksichtigung der begrenzten Reichweite und bestehender Nachlademöglichkeiten. Dabei werden sämtliche Einflussfaktoren auf die Batteriekapazität und den Energieverbrauch berücksichtigt. Anders als bei herkömmlichen Tourenplanungssystemen spielen hierbei das Wetter, das Fahrverhalten und die Topografie eine große Rolle. DAKO-Entwicklungsleiter Dr. Harald Hempel präsentierte vor rund 40 Kongress-Teilnehmern den aktuellen Projektstand.

Auf großes Interesse stieß auch ein hauptsächlich elektrisch betriebenes Müllsammelfahrzeug mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 28 Tonnen, das vom Automobilzulieferer Benteler entwickelt wurde. Als einer der wenigen Serienfahrzeuge im Segment der schweren Lkw war die Schweizer E-Force One AG vertreten. Presse-Chef Flavio Cueni veranschaulichte das Konzept des bereits bei fünf Unternehmen eingesetzten Fahrzeugs. Der Konsortialpartner eLog erläuterte seine neu entwickelte energetisch autarke Frachtbox zum Senken des Energiebedarfs bei temperaturgeführten Transporten. Im Vortrag von Dr. Uwe Koenzen, Geschäftsführer der Broedersdorf & Koenzen classic-eCars GmbH, ging es um das bidirektionale Laden von Fahrzeugen in der gewerblichen Praxis. Durch diese Technik können Fahrzeugbatterien als Pufferspeicher in das gesamte Stromnetz integriert werden, was die bestehende Infrastruktur deutlich entlasten kann. [pagebreak]

Unterstützt wird dieser Ansatz durch neue Geschäftsmodelle der Stromversorger. Marko Winkler, Mitarbeiter der enviaM AG, stellte vergünstigte Strompreise durch gesteuertes Laden in Aussicht. Durch das zentral durch den Stromversorger gesteuerte Laden können Einspeisung und Abgabe von Energie besser miteinander in Einklang gebracht werden. Im Verbund sind das bidirektionelle und gesteuerte Laden damit ein viel versprechender Ansatz, um die großen Belastungen der bestehenden Stromnetze abzufangen. Einen Lösungsansatz zum Steigern der Wirtschaftlichkeit elektrisch betriebener Fahrzeuge lieferte das Unternehmen FM future mobility. Der Dienstleister hat ein Mehrfachnutzungskonzept für Elektronutzfahrzeuge entwickelt. Pkw und Transporter werden dabei zeitversetzt an mehrere Kunden vermietet. FM-Geschäftsführer Frank Schönefeld führte als Beispiel die gemeinsame Nutzung eines Transporters durch eine Bäckerei und eine Gärtnerei an. Während der Bäcker das Auto für die frühmorgendlichen Auslieferungen benötigt, braucht die Gärtnerei den Wagen vor allem am Nachmittag. Durch die optimierte Auslastung sinken die Kilometerkosten, die dann deutlich unter den vergleichbaren Kosten eines Dieselfahrzeugs liegen.

Abgerundet wurde das Kongress-Programm durch einige Praxis-Berichte von Flottenbetreibern, die bereits Elektrofahrzeuge einsetzen. TEDi-Logistik, Meyer & Meyer, Sushi-Freunde und die Securitas Alert Services zogen eine durchweg positive Bilanz ihrer bisherigen Erfahrungen. Während TEDi-Logistik und Meyer & Meyer elektrisch betriebene 12-Tonner betreiben, sind beim Sicherheitsdienst Securitas und den Sushi-Freunden Elektro-Pkw im Einsatz. In jedem Fall sei die anfängliche Skepsis der Fahrer bereits nach wenigen Tagen in Begeisterung umgeschlagen. Bemängelt wurde das noch nicht ausreichend entwickelte Service-Netz der wenigen Hersteller, was im Notfall zu langen Standzeiten der Fahrzeuge führe. Niedrige Betriebskosten, neue Möglichkeiten der nächtlichen Belieferung in Wohngebieten und ein deutlicher Imagegewinn würden die Nachteile jedoch mehr als ausgleichen. Das Projekt "Smart City Logistik Erfurt" endet am 30. Juni 2016. Es ist Teil des Forschungsprogramms "IKT für Elektromobilität II" des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi).

Einen ausführlichen Bericht zum 2. Smart City Logistik Kongress lesen Sie in der nächsten Ausgabe von LOGISTRA.