Stellantis Hydrogen-Van: Potenziale mit Brennstoffzelle

Trotz schneller Entwicklung der Akkutechnologie sieht der Konzern Anwendungen für die Brennstoffzelle bei Transportern. Der Konzern fokussiert auf die Kompaktklasse - wenn es schwer sein und schnell gehen muss.

Frisch-Cell-Kur: Der Hydrogen-Van nutzt anders als bei Renault den Platz im Unterboden, der Akku wird auf 10,5 kWh verkleinert und wandert unter den Beifahrersitz. | Foto: J. Reichel
Frisch-Cell-Kur: Der Hydrogen-Van nutzt anders als bei Renault den Platz im Unterboden, der Akku wird auf 10,5 kWh verkleinert und wandert unter den Beifahrersitz. | Foto: J. Reichel
Redaktion (allg.)
(erschienen bei VISION mobility von Johannes Reichel)

Die Akkus werden immer besser, die Reichweiten von Batteriefahrzeugen steigen sukzessive – wozu braucht es da noch Wasserstoffautos? Geschweige denn einen Wasserstoff-Van wie den 3,0-Tonnen-Hydrogen-Transporter von Stellantis, der sogar schon Ende des Jahres zu ersten Kunden rollen soll? Die Antwort der Konzernentwickler, die bei Opel in Rüsselsheim angesiedelt sind: Weil er was kann, was reine Stromer nicht können. Schnell tanken zum Beispiel. Und auch mit voller Ausladung weit fahren. Einen 1.000-Kilo-Hänger ziehen. Und auch im Winter bei voller Heizung oder im Sommer bei voller Klimatisierung seine 400 Kilometer Reichweite absolvieren.

So zumindest argumentiert Lars Peter Thiesen, der bei Opel in Rüsselsheim fast sein gesamtes Berufsleben mit Brennstoffzellenforschung verbrachte – und der jetzt den Moment gekommen sieht, in dem man endlich den Übergang von ewigen Demonstrationsobjekten in die Massenproduktion schafft. Die meisten Hindernisse, Herstellung, Speicherung, Tanks, Brennstoffzellen, seien überwunden. Es blieben noch als Herausforderungen: Kosten, Verfügbarkeit von Wasserstoff und die grüne Produktion.

Für den Hochlauf braucht es klare Förderrichtlinien

Unabdingbar seien jetzt ein klarer Förderrahmen und die staatliche Unterstützung beim Ausbau der Ladeinfrastruktur: Beides Bedingungen, die Thiesen in Deutschland, aber auch in Frankreich erfüllt sieht, die Erstmärkte für den Hydrogen-Van. 100 H2-Tankstellen gebe es mittlerweile hierzulande, der Preis von 9,50 sei festgelegt und natürlich sei derzeit noch viel „grauer“ Wasserstoff im System, etwa 70 Prozent und erst 30 Prozent sind „grün“ produziert. Tendenz bitte schnell steigend, meint Thiesen. Dann könnte auch der Preis sinken, den er mittelfristig bei etwa vier bis sechs Euro pro Kilo sieht. Und mit einem Kilo kommt man etwa 100 Kilometer weit.

Ab 10.000 Exemplaren Preisparität zum BEV

Wobei „Massenproduktion“ aus Thiesens Sicht schon Stückzahlen von 10.000 Exemplaren jährlich wären, bei denen man auch Preisparität zum batterieelektrischen Van erwartet. Dass es alle Lösungen in einem breiten Mix braucht auf dem Weg zum klimaneutralen Verkehr und Transport, dass BEV und FCEV sich bei Nutzfahrzeugen komplementär verhalten, davon ist Thiesen fest überzeugt.

Der Entwickler jedenfalls spürt ein großes Interesse von Kunden, bei denen vor allem ein Argument zieht: die schnelle Tankzeit von drei Minuten. Die Reichweite sei es gar nicht mal so sehr, meint er. Die offiziellen 400 Kilometer des Hydrogen-Van im WLTP-Zyklus setzen sich zusammen aus 50 batterieelektrischen Kilometern sowie 350 Kilometern, die das Fahrzeug über die Midsize-Brennstoffzelle mit 45 kW Leistung unter der Motorhaube „organisiert“.

Nichts für Pkw, aber ab Transporter aufwärts

Ein Vorteil des Systems: Zum Heizen des Innenraums wird die Abwärme des Kühlkreislaufs genutzt, auch im Winterbetrieb stellt der E-Van damit volle Reichweite sicher. Während Thiesen die Brennstoffzelle für Pkw eher lässlich sieht, hält er den Einsatz in Nutzfahrzeugen ab der Transporterklasse für plausibel. Dabei hat man genau ausgelevelt, wie die Fuel Cell dimensioniert sein müsste, damit es sich rechnet und kam eben bei einem Midpower-System vom Ex-Renault-Entwicklungspartner Symbio an, bei dem der batterieelektrische Antrieb aus dem BEV mit seinem kräftigen 100-kW-E-Motor (260 Nm) immer das Anfahren und die Beschleunigung übernimmt, im Teillastbereich die Fuel Cell übernimmt und im Unterboden für die drei gewaltigen H2-Drucktanks mit 4,4 Kilo Volumen genug Platz bleibt. Auch an eine externe Auflademöglichkeit für den 10,5 kWh-Lithium-Ionen-Akku unter dem Beifahrersitz hat man gedacht.

Bis 2025 sollen 30 Prozent der Vans unter Strom stehen

Den Einstieg für Kunden in die FC-Flotte erleichtern soll auch eine fixe Leasingrate von 600 Euro monatlich, das Handling sollen B2B-Teams übernehmen, den Service spezielle H2-Hubs sowie „Flying Engineers“, mobile Wartungsspezialisten. Bis in vier Jahren sollen im Stellantis-LCV-Bereich 30 Prozent der Vans einen E-Antrieb haben, inklusive der FCEV-Modelle.

Bis 2030 sollen es dann schon 70 Prozent sein, wie Stellantis-LCV-Koordinator Luca Marengo als Ziel vorgibt. Dazu soll dann neben einem Niedervolt-Mikro wie dem Citroen Ami Cargo/Opel Rocks-e Cargo und dem für Ende des Jahres avisierten großen 3,5-Tonnen-Stromer (Boxer/Jumper/Movano) übrigens auch die Marke Fiat tüchtig beitragen: Der E-Ducato rollt derzeit an, mit originärer Fiat-Technik. Und das Comeback des Scudo auf Basis der EMP2-Plattform steht für nächstes Jahr an, auch als e-Scudo, versteht sich. Dann als Sechster im Stellantis-LCV-Bunde.