Test Fiat E-Ducato: Improvisation im Strom
Eigentlich denkt man, hätte Fiat einen Startvorteil haben müssen, in Sachen E-Mobilität: Schließlich ist Italien die Heimat der Mikrostromer und in den uralten Innenstädten waren Geräusch- und Abgasemissionen schon länger ein Thema als bei uns. Doch Fiat ist de facto erst spät auf den Elektrozug aufgesprungen, lange hielt man noch der Alternative Erdgas die Stange, dank der steten Abnahme im Kernmarkt Italien. Das ist mit dem neuen Ducato Modelljahr 2022 passè und im nach Eingliederung in den Stellantis-Konzern, dessen Boss Carlos Tavares von CNG gar nichts hält und auch bei Vans auf Wasserstoff-Elektro-Hybride setzt, Geschichte. Schade, eigentlich, denn mit Biomethan betankt, hätte der Natural-Power-Duc eine erstklassige Brücke bilden können ins Elektrozeitalter.
Das beginnt jetzt etwas, wenn man so sagen darf, improvisiert. Binnen weniger Jahre - wir berichteten erstmals im Juli 2019 über den Prototypen des E-Ducato - entwickelte der Hersteller den E-Ducato auf Basis des nunmehr von der Modellpflege überholten Modells, auf dem der Stromer aber aufbaut. Er verzichtet also auf das modernisierte Interieur und zahlreiche der Fahrerassistenzfeatures des Neuen. Was in Anbetracht der Tatsache, dass E-Vans ohnehin meist urban eingesetzt werden, zu verschmerzen ist. Tja, und bevor es wirklich losgehen kann, sollte man auch das Lösen der vormals ja links neben dem Sitz platzierten Handbremse nicht vergessen, ebenfalls ein Anachronismus, der nicht recht zum modernen Antrieb passen will.
Doch genug gemeckert. Der E-Ducato setzt sich ansonsten sehr leise laufend und nur von dezentem Warngeräusch untermalt in Bewegung. Ein wenig nackelt und klackert es im E-Triebstrang, in Fahrt bekommt man vom Motor nicht mehr viel mit. Das „Strompedal“ ist allerdings ellenlang und gefühlsfrei ausgelegt, sodass man erst bei Kickdown wirklich flotter aus den Blöcken kommt. Doch wirklich entscheidend ist ein anderes Kapitel, der Verbrauch - oder in Elektrozeiten, die Effizienz.
Nach 144 Kilometern Stadt, Überland, Autobahn schlugen wir mit noch 44 Prozent in den 79 kWh üppig dimensionierten Akkus an der Ladesäule an. 110 Kilometer wären bei 100 km/h wohl noch drin gewesen, meint der Bordrechner. Die 247 Kilometer nach WLTP entsprächen einem nicht gerade asketischen Verbrauch von 37,1 kWh/100 km. Immerhin über die Maßen ehrlich, die Ansage: Im Test zog sich der E-Ducato inklusive Ladeverlusten dann 34,9 kWh/100 km durch die Leitung, ein üppiger Stromdurst. Damit bewegt er sich sogar über dem hohen Niveau eines eSprinter – und ist weit entfernt von der Effizienz eines VW e-Crafter oder Renault Master Z.E. Die Etappenwerte ließen sich leider nicht ermitteln, da kein Bordcomputer mit Tripmeter vorhanden. Da nützt es dann auch nichts, dass die adaptive, per Linkstipp des Schaltknaufs aktivierbare, einstufige Rekuperation, die etwa in Gefällen deutlich strammer wird als in der Ebene, mit laut Anzeige über 40 kW Energie zurückgewinnt.
Die 79-kWh-Version kostet im Übrigen 16.600 Euro mehr als die 47-kWh-Basis, die bei unserem L4H2-Klassiker mit 13 Kubikmeter Frachtraum ab 57.100 Euro nicht ganz billig startet. Vorteil des Grundmodells: Mit 1.060 Kilo bleibt noch brauchbare Nutzlast, die beim großen Akku dann auf offiziell 765 Kilo zusammenschnurrt, beim üppig ausgestatteten Testwagen eher 600 Kilogramm ...
Fazit: In Sachen Systemintegration bleibt der E-Ducato leider hinter dem mittlerweile durchaus vorhandenen Wettbewerb zurück, in dem der jüngst gelaunchte E-Transit ersten Eindrücken nach mit Abstand den neuen Maßstab setzt.
Wie sich der Fiat E-Ducato sonst im Test schlägt, lesen Sie ausführlich in der nächsten Ausgabe.
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