transport logistic Nachbericht: Alles aus einer Hand

Neben der viel beschworenen Digitalisierung spielte der gegenwärtige Trend zu umfassenden Lösungen im Fuhrpark eine große Rolle auf der transport logistic, die international war wie nie.
Johannes Reichel

Klar ist, die Digitalisierung kommt und mit ihr die Industrie 4.0, in der Maschinen miteinander kommunizieren und den Menschen zumindest teilweise ersetzen. Wie weit das geht, das war in diversen Gesprächsrunden der Messe transport logistic in München heiß debattiertes Thema. In den Kontext fügten sich flankierende Nachrichten gut. Etwa der allgegenwärtige Bahnstreik, der sinnfällig vor Augen führte, „wie wichtig funktionierende Warenströme für die Ökonomie sind“, wie Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt gleich zum Auftakt der Messe zu Protokoll gab, kaum der Dienstlimousine entstiegen. Die fuhr wenigstens.
Daneben funkte die aus Brüssel ergangene Mahnung von EU-Digitalisierungskommissar Günther Oettinger quer, man möge in Europa doch mal Gas geben bei der Digitalisierung. In der EU werde mit 0,21 Prozent der Wirtschaftsleistung viel weniger Geld in digitale Innovationen investiert als etwa in Japan (0,57 Prozent), den USA (0,58 Prozent) oder Südkorea (1,47 Prozent). Industrie 4.0 dürfe kein bloßes Schlagwort bleiben, so der Kommissar. „Das Internet für und von Konsumenten haben wir verloren.“ Das dürfe bei der Vernetzung der Produktion samt darauf basierenden Dienstleistungen nicht passieren“, forderte Oettinger.
Dass jenseits von Leuchtturmmeldungen wie der, dass VW Nutzfahrzeuge in Hannover den Werkern jetzt „sensible Roboter“ zur Seite stellt, den meisten Mittelständlern die Digitalisierung aber noch relativ egal ist, ergab eine Umfrage vom vergangenen Herbst: Für 70 Prozent der deutschen Betriebe mit einem Umsatz von unter 5 Millionen Euro im Jahr hat die Digitalisierung im Herstellungs- und Wertschöpfungsprozess kaum oder gar keine Relevanz. Etwas nebulös blieben denn auch die Debatten darüber, wie relevant Industrie 4.0 schon ist.
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Vom Trailer bis zum Pneu

Die Fuhrparkverantwortlichen in den Firmen interessierten sich ohnehin für viel konkretere Fragen, etwa jene, die einen weiteren Trend der Messe bildete: Wie bekomme ich alles aus einer Hand? Einstige Fahrzeugbauer wie Trailer-Marktführer Schmitz Cargobull werden zu Komplettdienstleistern, die den Kunden nicht nur die Telematik zur Verfügung stellen und die Wartung abnehmen, sondern jetzt auch noch die Rundumbereifung und das Pneu-Management organisieren, in Anlehnung an den Allianz- Slogan: „Arbeiten Sie, wir kümmern uns um die Details.“ Schon lang auf diesem Pfad unterwegs ist Daimler, die anders als Konkurrent Scania („ein Lkw am Stand muss sein“) erst gar kein Fahrzeug ausstellten, sondern lieber gleich ihr Rundum- sorglos-Paket vom Van/ Truck&Trailer-Service, Telematik, Vermietung, Pannenhilfe bis zur Tankkarte anpriesen.
Klimaneutrale Miete
MAN hat dieses Bedürfnis, bei einem Hersteller alles zu bekommen, auch erkannt und legte zur Messe bei der Telematik ebenso nach wie mit interessanten Erweiterungen des Vermietpools bei der Tochter Euro-Leasing. Im Verteilerbereich gibt's jetzt auch 15- und 18-Tonner samt Spezialaufbauten sowie zwei Klassen drunter auch VW Crafter. Bei gemieteten Verteiler-Lkw kann man nun sogar eine 101-prozentige CO2-Kompensation buchen, ökologisch vorbildlich. Daneben ging die ganz konventionelle Meldung völlig unter, dass MAN nun doch weiter auf ZF setzt. Allerdings nur im stärksten 15,2-Liter-Motor D38, wo das neue Traxon-Getriebe als Tipmatic TX ab Sommer seine Premiere feiert. Es dominierten eindeutig die Dienstleistungen.
Etwa die: Iveco steigt mit dem Partner Fraikin in die Langzeitvermietung ein und erweitert so sein Spektrum, auch um Spezialaufbauten von Kühl bis Kipp. Bei Kögel, wo man eine hauseigene Trailertelematik vorstellte, bestätigt man den Trend: „Immer wichtiger werden die Services außen herum. Als Hersteller muss man mehr bieten als ein Produkt. Das muss sowieso passen“, kommentiert ein Sprecher. Ein Trend übrigens, den nicht IFOY-Award: Beilage im Heft nur die Hersteller, sondern auch die Logistikdienstleister längst aufgegriffen haben: Die Seifert-Group etwa, ein Mittelständler aus Ulm, präsentierte seinen Bauchladen an Leistungen. Durchaus exemplarisch dafür: Aus einem Transporteur ist längst auch ein Spediteur und Lagerlogistiker geworden, aus dem Logistiker ein Teilefabrikant, der für die Autoindustrie bis hin zur Vormontage von Motoren Dienste übernimmt. Alles aus einer Hand eben.