Unterwegs in die digitale Logistik

Weil es bei den Kunden noch nicht ohne Papier geht, lässt der auf die Stahlbranche spezialisierte Logistikdienstleister Becker & Co. Lieferpapiere künftig von den Fahrern scannen.

Über mobile Dokumenten-Scanner digitalisieren die Lkw-Fahrer die Lieferpapiere der Kunden. | Bild: Trendfire
Über mobile Dokumenten-Scanner digitalisieren die Lkw-Fahrer die Lieferpapiere der Kunden. | Bild: Trendfire
Tobias Schweikl

Sieben Standorte, 114 eigene Lkw und angesichts des Fachkräftemangels vor allem 140 fest angestellte Berufskraftfahrer sind das Kapital des hauptsächlich für die Stahlindustrie tätigen Logistikdienstleisters Becker & Co. Zumal die Fahrer mit zunehmender Digitalisierung der Logistik immer mehr qualifizierte Zusatzaufgaben übernehmen.

Dazu gehört seit wenigen Monaten das Digitalisieren der Ablieferbelege mit den dafür angeschafften mobilen Dokumenten-Scannern. „Damit haben wir das Papieraufkommen bereits drastisch reduziert“, berichtet Dirk Blechinger, der bei Becker & Co. die Disposition verantwortet.

Mobile Scanner als Brückentechnologie

Noch liege die Quote der gescannten Papiere zwar noch bei unter 80 Prozent, aber bis zum Ende des Jahres sollten die Quittungen restlos im Fahrerhaus digitalisiert werden. Bis alle Kunden auf einen Lieferschein in Papierform verzichten können, seien die mobilen Scanner „eine sehr gute Lösung“.

Hinter der Lösung steckt das herstellerunabhängige Telematiksystem „roadlox“ des Anbeiters Trendfire. Die Lösung ist bei Becker & Co. bereits seit 2014 im Einsatz. Die Fahrer arbeiten mit handelsüblichen Android-Smartphones oder Tablets, auf denen die Telematik-App „roadloxDriver“ installiert ist.

„Wir haben uns für Tablets von Samsung entschieden, die sich seit über drei Jahren im harten Alltag bewähren“, sagt Projektleiter René Höfner. Die Geräte zeigen am Display die neu eingehenden Touren und starten nach deren Empfangsbestätigung automatisch die Truck-Navigation.

Für den Fahrer unsichtbar ist die ebenfalls im Fahrzeug verbaute Telematikeinheit „trendbeeTruck“, die nicht nur die aktuellen Positionsdaten und Fahrzustände dokumentiert, sondern auch die Daten des digitalen Tachografen ausliest.

„Allein das automatische Fernauslesen und Archivieren der Daten aus mehr als 100 Tachografen bringt unseren Werkstattmitarbeitern einen erheblichen Zeitgewinn“, so Blechinger weiter.

Die von Trendfire selbst entwickelten Telematikeinheiten sind direkt am FMS/CAN-BUS des Lkw angeschlossen und senden die gesammelten Daten via Mobilfunk in ein Rechenzentrum in Karlsruhe. Die Disponenten können das System wahlweise über ein webbasiertes Telematikportal oder über ein Transport-Managementsystem bedienen.

Schnittstelle verbindet Telematik und TMS

Bei Becker & Co. wird hierfür das „OnRoad“-System des Anbieters BNS eingesetzt. „Die Schnittstelle zwischen OnRoad und roadlox wurde im Rahmen der dreimonatigen Einführungsphase durch BNS und Trendfire programmiert“, erinnert sich Höfner.

Über die Schnittstelle können die via Transport-Managementsystem erstellten Touren direkt aus der Disposition an die jeweiligen Tablets gesendet werden. Danach werden sie von den Fahrern Schritt für Schritt abgearbeitet. Den exakten Verlauf gibt die Telematik-App vor.

„Die App ließ sich sehr flexibel an unseren Workflow beziehungsweise an unsere Bearbeitungsreihenfolge anpassen", betont Blechinger. Als Sonderwunsch ließ man sich einen optionalen Vertriebshinweis für Fahrer programmieren. „Unsere Fahrer sind viel häufiger bei unseren Kunden vor Ort als unser Außendienst“, begründet Höfner diese Maßnahme. „Mit der Hinweis-Funktion können Fahrer ohne großen Aufwand ihre relevanten Beobachtungen melden, die sich ein Vertriebskollege einmal genauer ansehen sollte.“

Dank der Telematik-App können auch die Lkw von Subunternehmern in das mobile Auftragsmanagement integriert werden. „Rund 30 Fahrer von Subunternehmern verfügen bereits über die App, die sie eigenständig auf ihren eigenen Smartphone installieren können“, berichtet Blechinger. Auftragsmanagement und -dokumentation, Kommunikation und die Ortung der Fahrzeuge über das Smartphone stehen der Disposition für die Zeit des Auftrags zur Verfügung.

Informationen für den Fahrer

Teil der Telematik-der App ist auch der Tourenbereich, der den Fahrern eine gute Übersicht über alle wichtigen Informationen zu den Haltestellen gibt - angefangen bei der Adresse bis hin zu Packstücken, Lademitteln und Lieferscheinen. Während der Tour wird jeder Sendungsstatus per Knopfdruck dokumentiert und in Echtzeit ins Transport-Managementsystem zurückgemeldet. So wird jeder Auftrag lückenlos dokumentiert.

Aus der Halterung entfernt wird das Tablet nur, wenn dessen Kamera zum Fotografieren beschädigter Ware benötigt wird. Auch die Aufforderung zum Scannen der Ablieferquittung erhalten die Fahrer über das Tablet.

Ebenfalls zum Standard von roadloxDriver gehört das Kommunikationsmodul, mit dem die Disponenten per Knopfdruck Nachrichten an einzelne, gruppierte oder alle Fahrer senden können. „Damit können wir zum Beispiel schnell ermitteln, welche Fahrer am kommenden Samstag für einen Sondereinsatz zur Verfügung stehen“, so Blechinger. Gleiches gelte für das Versenden neuer Arbeitsanweisungen, die im Tablet gespeichert werden und längst das frühere Fahrer-Handbuch aus Papier abgelöst haben.

Vorteile für die Personalabteilung

Neben der Disposition profitiert aber auch die Personalabteilung von roadlox, denn die Telematiklösung errechnet für alle Fahrer aus den vorhandenen Positionsdaten und Zeitwerten eine akkurate Spesenabrechnung. Für das Finanzamt lässt sich zudem eine jährliche Daten-CD mit den monatlichen Spesendaten erstellen.

Ein weiterer großer Vorteil der Lösung besteht in der Spurverfolgung inklusiver der tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeiten und Uhrzeiten. „Anhand der exakten Aufzeichnungen haben wir sogar schon einen Bußgeldbescheid abgewendet“, sagt Höfner. Im besagten Fall ging es um eine Verkehrszone mit zeitlich befristetem Tempolimit, die der betroffene Lkw nachweislich erst nach Fristende durchfahren hatte. „Mit roadlox haben wir der Polizei nachgewiesen, dass sich unser Fahrer ordnungsgemäß verhalten hat“, so Höfner.

Zu den nächsten Zielen bei Becker & Co gehört die Nutzung der Fahrerbewertung von Trendfire, die neben dem Spritverbrauch und dem Fahrverhalten auch die Topographie und Einsatzschwere der gefahrenen Strecken einbezieht.