UPS geht mit BPW E-Achse in Praxistest

Ein umgerüsteter MB Vario mit der Elektro-Achse des Komponentenspezialisten geht beim KEP-Logistiker in den Praxisbetrieb in Köln. Direkter Vergleich mit EFA-S-System mit Frontmotor.

Strom-Geber: UPS-Chef Frank Sportolari (Mitte) nimmt den Schlüssel von BPW-Chef Markus Schell (li.) entgegen, was den SPD-Bundestagsabgeordneten Andreas Rimkus erfreut. | Foto: J. Reichel
Strom-Geber: UPS-Chef Frank Sportolari (Mitte) nimmt den Schlüssel von BPW-Chef Markus Schell (li.) entgegen, was den SPD-Bundestagsabgeordneten Andreas Rimkus erfreut. | Foto: J. Reichel
Redaktion (allg.)
(erschienen bei VISION mobility von Johannes Reichel)

Erstmals hat mit dem US-Logistikdienstleister UPS ein erstes Unternehmen aus dem KEP-Bereich ein umgerüstetes Fahrzeug mit BPW-Elektro-Hinterachse in Betrieb genommen. Im Depot Köln-Ossendorf sorgt neben den 30 anderen Elektro-Transportern, die mit einem EFA-S-System umgerüstet wurden, nun auch ein schwerer E-Van mit BPW-Achse für Paketzustellung. Zudem setzt man seit kurzem E-Cargobikes mit Wechselbox vom deutschen Hersteller Rytle ein. Der zweimotorige, achsintegrierte Hinterachsantrieb von BPW ersetzt den kompletten Diesel-Antriebsstrang inklusive Getriebe und Kardanwelle, anders als beim EFA-S-Konzept, das nur den Motor durch ein Elektro-Aggregat ersetzt. Die Nutzlast soll dabei mit gut drei Tonnen unverändert bleiben, ebenso das Volumen des 23-Kubik-Kofferaufbaus des umgerüsteten Fahrzeugs. 

Die Reichweite des UPS-Transporters mit BPW-Antrieb soll bei gut 100 Kilometer liegen, auch bei Sommer- oder Winterbetrieb mit Heizungs- und Klimaeinsatz. Im Leerbetrieb schafft der UPS-Verteiler maximal 135 Kilometer. Der Verbrauch liegt entsprechend bei 70 kWh/100 km. Die Energiespeicher bestehen aus zwei 42 kWh-Lithium-Ionen-Akkus, die von BMW stammen. Sie sind unter dem Fahrzeugboden mittig platziert. Die Ladezeit beträgt je nach Leistung vier bis acht Stunden.

Für einen E-Antrieb laut, im Vergleich zum Diesel leise

Für den Fahrer wirkt sich das System insofern vorteilhaft aus, als er weder den Motor anlassen, noch per Hand schalten muss. Bremsvorgänge werden stark reduziert durch die Rekuperationswirkung der E-Achse. Über den Akkustand und die Reichweite sowie den Systemzustand informiert ein eigens über dem Fahrer platziertes Display. Ansonsten wählt der Fahrer per dreier Drucktasten den Fahrmodus aus: Vorwärts, Rückwärts, Neutral. Die Drucklufthandbremse bleibt wie gehabt vorhanden.

Probefahrt: Er heult leise, knattert nicht mehr laut

Bei einer ersten Proberunde ließ sich das Fahrzeug weitgehend mit dem Fahrpedal beschleunigen und Bremsen. Der Antrieb macht sich zwar in der Kabine zwar noch durch relativ lautes Heulen bemerkbar. Allerdings ist das Geräusch im Vergleich zu den Diesel-Transportern generell stark reduziert. Vor allem nach außen liegen die Geräuschemissionen deutlich niedriger, ein diskretes Sirren erinnert an eine nahende Tram-Bahn. Der Zulieferer will zudem beim Piloteinsatz bei UPS noch weitere Optimierungen vornehmen. Der Antritt erfolgt zügig, aber mit moderatem Nachdruck, um die Reichweite und Reifen zu schonen, wurde der Antrieb laut Markus Schell, geschäftsführender Gesellschafter bei BPW, moderat ausgelegt und kann sich zudem dem Beladungszustand anpassen.

Von der Dauerbelastung sei das System trotz der ungefederten Massen auf mindestens 450.000 Kilometer ausgelegt, wie Schell weiter skizziert. Außerdem führt der BPW-Chef die deutlich niedrigeren Wartungskosten ins Feld. Nach den Pilotprojekten im Stückgut-, im Stadtreinigungs- sowie jetzt im KEP-Bereich, jeweils in umgerüsteten Altfahrzeugen, kann sich Schell den Einsatz des Systems auch in einem Neufahrzeug vorstellen. Damit ließe sich auch die volle Förderung für E-Fahrzeuge abrufen, wie der Manager argumentiert. Konkrete Pläne gebe es aber hier noch ebenso wenig wie für den Einsatz des Systems in schwereren Lkw über 26 Tonnen, eine Option, die im Konzept mitberücksichtigt wurde über zwei zusätzliche radäußere Motoren.

UPS setzt seit 2009 auf E-Umrüstungen

Insgesamt betreibt der US-Logistiker UPS in Deutschland schon heute eine Flotte von 80 reinen Elektro-Transportern der schweren 7,5-Tonnen-Klasse. Das erste Altfahrzeug war 2009 umgerüstet worden, der erste MB Vario 2014.

"Unser Ziel ist es, dass bis 2020 25 Prozent unserer neuen Fahrzeuge mit alternativen Kraftstoffen fahren oder durch andere fortschrittliche Technolgien angetrieben werden", versicherte UPS-Deutschland-Chef Frank Sportolari bei der Vorstellung des Fahrzeugs in Köln.

Auch Sicht von BPW-Chef Markus Schell ist der E-Antrieb "die überlegene Lösung für die Zukunft des Stadtverkehrs". Man könne mit dem hauseigenen System ohne Nutzlastverlust die Emissionen zum Diesel an Abgas und Lärm gravierend reduzieren. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Andreas Rimkus, Mitglied des Parlamentskreises E-Mobilität zeigte sich erfreut über den Neuzugang in der UPS-Flotte:

"Nach dem Einsatz von E-Fahrzeugen mit Frontmotor ist das eine konsequente Weiterentwicklung", meinte der Politiker, der zudem auf die lokale Wertschöpfung und das bei BPW gebündelte Know-How hinwies.

Aus seiner Sicht könnte batterieelektrische Antrieb mit seinen großen und schweren Bord-Speichern allerdings nur einen Übergang auf dem Weg ins Wasserstoffzeitalter sein. Damit könne man die Speicherproblematik etwa für überschüssigen Windstrom lösen und den Energie- mit dem Mobilitätssektor koppeln, zeigte sich der SPD-Mann überzeugt.