Nestlé automatisiert den innerbetrieblichen Transport in seinem Produktionswerk Biessenhofen neu. Selbstfahrende Transportroboter (Automated Guided Vehicles; AGV) sollen künftig den Warenfluss glätten. Aufgrund von engen Gängen kommen bei Nestlé vier automatisierte Hochhubwagen vom Typ „EXV iGo systems“ von Still zum Einsatz. Die AGV übernehmen die Paletten an der Übergabestation der Rollenbahn und navigieren anschließend per 360° Laserscanner durch die teilweise engen und verwinkelten Gänge.
„Der automatisierte EXV ist ein vertrautes Deichselgerät und wurde im Werk schnell akzeptiert. Des Weiteren können wir bei einem Systemausfall das Deichselgerät per Schalter sofort manuell bedienen. Dies war bei der Auftragsvergabe auch ein wichtiger Gesichtspunkt“, so Eilert Klatt, Projektleiter bei Nestlé.
Des Weiteren wurden auf dem Werksgelände sechs Lager für die Verpackungen der Nestlé-Produkte aufgelöst und in Pallet-Shuttle-Kanallagern von Still zusammengefasst. Shuttle und Flurförderzeug, welche die Regalebenen in den neuen Kanallagern bedienen, sind hierbei gleichzeitig im Einsatz. Bei den halbautomatischen Ein- und Auslagerungen werden die Kanalebenen unabhängig voneinander mit Ware bestückt. Damit seien im Vergleich zu manuell bedienten Einfahrregalen Sicherheit, Verdichtung und Flexibilität in den Pallet-Shuttle-Kanallagern deutlich höher. Auftragsspitzen würden mit dem gleichzeitigen Einsatz von allen Satellitenfahrzeugen schnell und flexibel abgearbeitet. Ein weiterer Vorteil sei der sichere und schonende Transport der empfindlichen Verpackungen mit den Satellitenfahrzeugen.
Im Nestlé Nutrition Werk Biessenhofen stellen knapp 650 Angestellte Produkte der Marken BEBA (hypoallergene Babymilchnahrung), Nestlé Health Science (Trink- und Sondennahrung für Krankenhäuser) sowie Thomy-Soßen her. Das Unternehmen hofft durch die Maßnahmen, Warenbestände an den Maschinen abbauen zu können.
Die Reorganisation der Intralogistik erfolgte während der laufenden Produktion. Die Versorgung der Produktion wurde während der schrittweisen Installation manuell mit Staplern sichergestellt. Bei der Umsetzung der Reorganisation der Intralogistik stand am Anfang die Bestandsaufnahme. Dabei wurden zunächst die betroffenen Hallen mit Neubau, sowie alle relevanten Waren und Prozesse digitalisiert und analysiert.
„Bei diesem Brownfield-Projekt mussten wir die gesamten Prozesse, im Gegensatz zum Greenfield, in den bestehenden Strukturen unseres über 100 Jahre gewachsenen Standorts planen und umsetzen“, so Nestlé Projektleiter Eilert Klatt.
Für die AGV wurden die ungleichen Bodenniveaus der Hallen aufwendig nivelliert und teilweise neue Wege geschaffen. Durch die Planung und Abstimmung mit Still sowie der pünktlichen Lieferungen aller Komponenten seien die Automatisierung des innerbetrieblichen Transports und die Pallet-Shuttle-Kanallager nahezu reibungslos und fristgerecht in Betrieb genommen worden. Eine zusätzliche Installation von drei Leerpaletten-Magazinen sowie Brandschutztore runden die neue Organisation des automatisierten innerbetrieblichen Transports ab.
“AGV und Passanten sowie Transporte mit Staplern können nun auch das Wegenetz nutzen. Eine starre Fördertechnik würde nur unnötig die engen Gänge verstellen“, so Eilert Klatt.
Mit dem Transport per AGV würden die Produktionslinien flexibler und kontinuierlicher versorgt. Die Produktion wurde damit vom Push- zum Pull-Prinzip umgestellt. Eine Produktionslinie zieht nun einzelne Paletten mit Rohware und Verpackung. Verstellte Flächen mit Warenbestand vor den Linien konnten freigesetzt und der Warenfluss an den Linien geglättet werden.
Die Aufgaben der Still AGV sind vielfältig. Einerseits transportieren sie Rohware und Verpackung zur Produktion. Andererseits übernehmen die automatisierten EXV-Hochhubwagen die Wertstoff-Entsorgung und die Leerpaletten-Belieferung.
„Meldet die Produktion einen Bedarf im SAP-Host, so wird im System der Rollenbahnen im Lager ein Transportauftrag ausgelöst. Die induktiven Sensoren der Bahnen steuern hierbei die Still AGV. Mit der Priorisierung erkennt ein AGV, welche der Rollenbahnen zuerst bedient werden muss“, so der Still Projektleiter Thomas Rothbauer.
Das automatisierte System von Still steuere sich ohne komplexe IT-Struktur selbst. Es existiert deshalb auch keine Schnittstelle zum Nestlé Host-System. Nestlé muss sich softwareseitig nicht um das Transportsystem kümmern.
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