Wasserstoffantrieb: Hersteller gründen Interessengemeinschaft

Mit dem Bündnis H2Accelerate wollen Daimler, Iveco, Volvo Group sowie OMV und Shell den Hochlauf des Wasserstoffantriebs im Transportbereich beschleunigen. 

Gas geben beim Wasserstoff: Eine Interessengemeinschaft aus Daimler, Iveco und Volvo Group will gemeinsam mit den Mineralölkonzernen Shell und OMV den Weg für den Fuel-Cell-Antrieb im Lkw bereiten. | Foto: Daimler
Gas geben beim Wasserstoff: Eine Interessengemeinschaft aus Daimler, Iveco und Volvo Group will gemeinsam mit den Mineralölkonzernen Shell und OMV den Weg für den Fuel-Cell-Antrieb im Lkw bereiten. | Foto: Daimler
Johannes Reichel

Die Nutzfahrzeughersteller IVECO, die Daimler Truck AG, OMV, Shell und die Volvo Group haben eine Kooperation bekannt gegeben, um die Voraussetzungen für die Einführung von Wasserstoff-Lkw auf dem europäischen Massenmarkt zu schaffen. Immer mehr Länder und Unternehmen würden sich zu einem emissionsfreien Transport bekennen. Man sei als Interessengemeinschaft H2Accelerate davon überzeugt, dass Wasserstoff als zentrales Element der vollständigen Dekarbonisierung des Lkw-Bereichs eine entscheidende Rolle spielt. Mit der Einführung von wasserstoffbetriebenen Lkw in hohen Stückzahlen könnten zudem neue Industriebereiche entstehen, argumentieren die Anbieter weiter. Dazu zählt man etwa CO2-freie Wasserstoffproduktionsanlagen, große Wasserstoffverteilsysteme, ein Tankstellennetz mit hoher Kapazität für flüssigen und gasförmigen Wasserstoff und die Produktion von wasserstoffangetriebene Lkw.

Die an der Interessengemeinschaft beteiligten Unternehmen gehen davon aus, dass synchronisierte Investitionen des gesamten Sektors in den 2020er-Jahren die Bedingungen für die Massenmarkteinführung von wasserstoffbetriebenen schweren Lkw schaffen. Das sei die Voraussetzung, um das europäische Ziel eines emissionsfreien Straßengüterverkehrs bis zum Jahr 2050 zu erreichen. Die flächendeckende Einführung von wasserstoffbetriebenen Lkw werde etwa ein Jahrzehnt in Anspruch nehmen, so die Prognose. Den Anfang machen dabei Kunden, die sich bereits frühzeitig zu dieser Technologie bekennen und entsprechende Lkw einsetzen wollen, glauben die Hersteller. Man rechnet damit, dass diese Lkw zunächst in regionalen Clustern sowie entlang der ausgelasteten europäischen Transportrouten mit einer guten Wasserstoff-Tankstellenversorgung zum Einsatz kommen. Im Laufe des Jahrzehnts, so die Prognose, würden diese Cluster dann miteinander verbunden, sodass ein europaweites Netzwerk entsteht.

Zwei Implementierungsphasen: Ab Mitte der 2020er kommt Zug rein

Die Anbieter rechnen mit zwei Implementierungsphasen. In der ersten Phase entstünden erste 20 Tankstellen mit hoher Kapazität und erste Hunderte Lkw. In Phase 2 geht man dann von einer europaweiten Abdeckung der wichtigsten Transportrouten aus, in der zweiten Hälfte der 2020er-Jahre und rechnet mit vierstelligen Produktionszahlen pro Jahr, sprich einer rapiden Volumenerhöhung auf über 10.000 Lkw. Die Tankstellen wiesen dann neben einer hohen Kapazität auch hohe Funktionssicherheit auf. Allerdings seien während des gesamten Ausbaus öffentliche Mittel erforderlich. Diese zu akquirieren, dazu wollen die Beteiligten in einer ersten Phase für frühe Vorserienprojekte beitragen. Parallel dazu wolle man mit politischen Entscheidungsträgern und Regulierungsbehörden zusammenarbeiten. Das gemeinsame Ziel sei dabei, ein politisches Umfeld zu schaffen, das die künftige Serienfertigung von Wasserstoff-Lkw und ein europaweites Betankungsnetz für CO2-freien Wasserstoff unterstütze, so die Intention.

„Der Klimawandel ist die Herausforderung unserer Generation und wir bekennen uns voll und ganz zum Pariser Klimaabkommen und damit zur Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs. In Zukunft wird der Verkehr auf einer Kombination aus batterieelektrischen und brennstoff­zellenbasierten Elektrofahrzeugen sowie bis zu einem gewissen Grad auch anderen erneuerbaren Kraftstoffen basieren“, glaubt Martin Lundstedt, Präsident und CEO der Volvo Group.

Auch aus Sicht von Martin Daum, Vorsitzender des Vorstands der Daimler Truck AG und Mitglied des Vorstands der Daimler AG liegt in wasserstoffangetriebenen Lkw der Schlüssel für einen CO2-neutralen Transport der Zukunft. Er sprach von einer "beispiellosen Zusammenarbeit"  und einem "wichtigen Meilenstein, um notwendige Rahmenbedingungen für einen breiten Absatzmarkt für wasserstoffbasierte Lkw zu schaffen und voranzubringen". Daum forderte zugleich die Politik zum Handeln auf und appellierte an weitere beteiligte Akteure und die Gesellschaft. Für Gerrit Marx, President Commercial & Specialty Vehicles bei CNH Industrial, ist die flächendeckende Einführung der wasserstoffbasierten Brennstoffzellentechnologie im Schwerlastverkehr abhängig von der erforderlichen Infrastruktur. Zudem seien ganz konkrete Projekte gemeinsam mit Spediteuren und anderen Beteiligten der Branche nötig, um zu demonstrieren, dass diese Lösung finanziell tragfähig ist und sich für den Praxiseinsatz eignet, plädierte der Iveco-Chef.