Weniger Staplerunfälle: Outokumpu setzt auf Rückraumüberwachung

Der Edelstahl-Spezialist Outokumpu reduziert Staplerunfälle per Time-of-Flight-Distanzmessung. Das System verhindert Kollisionen durch aktive Geschwindigkeitsreduzierung.

Die Sensorik auf dem Stapler ist auch bei grellem Sonnenlicht oder in der Dunkelheit, wie sie in engen Lagerbereichen häufig herrscht, einsetzbar. | Bild: tbm hightech control GmbH
Die Sensorik auf dem Stapler ist auch bei grellem Sonnenlicht oder in der Dunkelheit, wie sie in engen Lagerbereichen häufig herrscht, einsetzbar. | Bild: tbm hightech control GmbH
Tobias Schweikl

Staplerfahrer haben beim Rückwärtsfahren eine stark eingeschränkte Sicht und einen großen toten Winkel. Damit die Logistikmitarbeiter in den deutschen Lagern des finnischen Werkstoffherstellers Outokumpu besonders sicher arbeiten können, hatte sich das Unternehmen über seinen Linde-Vertragshändler, die Firma Richter Fördertechnik in Herborn, auf die Suche nach einem smarten Fahrassistenzsystem begeben.

Anstatt auf Kamerasysteme zurückzugreifen oder eine Lösung zu wählen, die lediglich mit einem Transponder bei Personen funktionieren, fiel die Wahl auf die Rückraum-Überwachung „RAM 107“ der tbm hightech control GmbH. Dabei überwacht eine spezielle 3D-Kamera unterstützt durch eine smarte Bildverarbeitung den Rückfahrbereich über verschiedene Sicherheitszonen hinter dem Stapler.

Die Umgebung wird in drei Schutzfelder eingeteilt, die sich je nach Geschwindigkeit des Fahrzeugs dynamisch anpassen, d.h. in ihrer Größe auf den benötigten Bremsweg zum erfassten Objekt einstellen. Darüber hinaus erfasst die präzise Kamera neben Menschen auch Objekte und gibt über ein optisches sowie akustisches Signal auf einem Bildschirm in der Fahrerkabine an, wie weit das Objekt entfernt ist und bremst den Stapler ab, wenn eine Gefahrensituation erkannt wird.

Das System soll für eine störungsfreie Fahrt in engen Bereichen und beim Rangieren sorgen, wenn das Fahrzeug langsam gefahren wird, und somit nur kurze Überwachungsbereiche aktiv sind. Alarm werde nur ausgelöst, wenn eine Warnung auch wirklich erforderlich sei, so der Hersteller. Dies bringe eine hohe Akzeptanz bei den Fahrern.

Vom Fahrerschutzdach aus überwacht die RAM-107 den Rückraum bis ans Fahrzeugheck. Dazu nutzt der integrierte 3D-Sensor das Lichtlaufzeitverfahren (Time-of-Flight). Der zu überwachende Bereich wird mit einem modulierten, unsichtbaren Infrarotlicht beleuchtet, das reflektierte Licht trifft wiederum auf einen so genannten PMD-Sensor. Anhand der Phasenverschiebung zwischen gesendetem und empfangenem Signal bestimmt nun jedes Pixel des Sensor-Chips die Abstände zwischen dem Stapler und den Objekten. Die Signalverarbeitung wird durch eine kompakte Elektronik mit intelligentem Auswertungsalgorithmus unterstützt.

„Anders als bei vergleichbaren Systemen können wir sehr genau zwischen stehenden Menschen, Personen in gebückter Haltung, tiefliegenden Anhängern oder Regalwänden und hüfthohen Kartons unterscheiden“, so Edgar Nassal, Geschäftsführer der tbm hightech control GmbH. „Auch Abgründe wie Rampen erkennt das System zuverlässig.“

Die Auswerteinheit verarbeitet laut Hersteller pro Sekunde 1.024 Bildpunkte (Daten) und erkenne in drei Metern Entfernung einen Prüfkörper von 30 x 30 x 30 Zentimeter. Drei Meter bedeuten bei einem Anhalteweg von 2,0 bis 2,5 Meter laut Hersteller die notwendige Sicherheit für die Fußgänger. Und bei der Genauigkeit des Systems genüge bereits der Fuß einer Person, um das Fahrzeug abzubremsen. Aufgrund der hochwertigen Sensorik ist das System auch bei grellem Sonnenlicht oder in der Dunkelheit, wie sie in engen Lagerbereichen häufig herrscht, einsetzbar.

Vom Cockpit aus werden dem Fahrer über einen fünf Zoll großen Multifunktions-Farbmonitor die drei einstellbaren Überwachungszonen gezeigt. Ergänzend dazu erfolgt die Anzeige der Entfernung zum erkannten Objekt sowohl optisch (grün/gelb/rot-Farbwechsel) als auch akustisch (immer schneller werdende Tonsignale).

Bei Outokumpu sind im Werk in Dillenburg bereits 14 Linde-Stapler mit der RAM-107 ausgestattet und im Einsatz. Diese Fahrzeuge werden in einem Bereich eingesetzt, wo sehr viel Personenverkehr herrscht.

„Mit dem Assistenzsystem von tbm konnten wir unsere Schäden drastisch reduzieren“, erklärt Florian Morell, Head of Infrastructure im Outokumpu Werk in Dillenburg. „Für uns ist deshalb klar, dass wir auch weiter auf die tbm-Systeme vertrauen.“

Was in dem Werk Dillenburg begann, wurde inzwischen auf andere Standorte wie Krefeld und Sachsenheim ausgerollt.